
Die ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat in den Auseinandersetzungen um ihre Person und die Arbeit ihrer früheren Behörde einen Teilerfolg erzielt. Demnach dürfen die Behörden nicht länger behaupten, dass es in der Außenstelle kriminelle Machenschaften gab. So hat es am Mittwoch das Bremer Verwaltungsgericht entschieden.
Die suspendierte Regierungsdirektorin hatte einen Eilantrag gestellt, der gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist und sich auf Äußerungen des Bundesinnenministeriums bezieht. Unter anderem war behauptet worden, dass, so wörtlich, „… die Vorgänge in Bremen natürlich auch deshalb möglich waren, weil hochkriminell kollusiv und bandenmäßig mehrere Mitarbeiter mit einigen Rechtsanwälten zusammengearbeitet haben“. Kollusiv übersetzt der Duden mit „unerlaubt zum Nachteil eines Dritten zusammenwirkend“. Der Satz stammt von Stephan Mayer. Er sitzt für die CSU im Bundestag und ist Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Mayer hatte sich Ende Mai in der Sendung „Anne Will“ zu den Vorwürfen gegen die Bremer Bamf-Außenstelle geäußert.
Weiter aufrechterhalten dürfen die Behörden nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine Feststellung, die in einer Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums vom 23. Mai enthalten war. Sie lautet: „Der Bericht zeigt deutlich, dass im Ankunftszentrum Bremen bewusst gesetzliche Regelungen und interne Dienstvorschriften missachtet wurden.“ Mit dem Bericht ist das Ergebnis der internen Revision des Bamf gemeint. Das Bundesamt hat Tausende Fälle überprüft, die in Bremen bearbeitet wurden. Bei ihnen besteht der Verdacht, dass es aufgrund der Beteiligung von zwei Rechtsanwaltskanzleien zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist.
Die Kanzleien in Oldenburg und Hildesheim sind von der Staatsanwaltschaft durchsucht worden, zweimal bereits auch die Wohnung der ehemaligen Bamf-Chefin. Ermittelt wird wegen des Vorwurfs der bandenmäßigen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung und wegen Bestechung und Bestechlichkeit. Die insgesamt sechs Beschuldigten werden verdächtigt, Asylbewerber gezielt veranlasst zu haben, ihre Anträge bei der Bamf-Außenstelle in Bremen zu stellen, ungeachtet der Tatsache, dass die Behörde in diesen Fällen nicht zuständig war. In diesen Asylverfahren, so die Anklagebehörde, sei es zu zahlreichen weiteren Rechtsverstößen gekommen, das Ergebnis seien falsche Anerkennungsbescheide gewesen, verbunden mit der Gewährung von Vorteilen an Amtsträger.
Die Hauptbeschuldigte hat im Zusammenhang mit ihrem Eilantrag laut Beschluss des Verwaltungsgerichts betont, dass sie weder gegen Gesetze noch gegen Dienstvorschriften verstoßen habe. Die öffentlich geäußerte Auffassung, sie habe Zuständigkeitsregelungen missachtet, verkenne, dass es im Zeitraum der sogenannten Flüchtlingskrise kein reguläres Asylverfahren gegeben habe. Zudem sei die Bremer Außenstelle verpflichtet worden, Asylanträge zu bearbeiten, die in Niedersachsen verteilt worden seien. Die Anerkennungsquoten der Außenstelle Bremen seien nicht außergewöhnlich hoch gewesen. Identitätsprüfungen von Asylsuchenden seien nur dann unterblieben, wenn die Identität bereits in anderen Verfahren geklärt worden sei. Die vom Innenministerium behaupteten Rechtsverstöße der Bremer Außenstelle entsprächen daher nicht der Wahrheit.
Trotz dieser Darstellung darf das Bundesinnenministerium weiterhin behaupten, dass in der Bamf-Außenstelle mit Absicht nicht vorschriftsgemäß gearbeitet wurde. Das Gericht begründet diese Entscheidung mit dem Interesse der Öffentlichkeit und damit, dass in der Pressemitteilung das Gebot der Sachlichkeit beachtet worden sei. Anders verhalte es sich mit den Äußerungen des Staatssekretärs in der Talkshow. Er habe schwerste strafrechtliche Vorwürfe erhoben und dabei den Eindruck erweckt, als ob die Staatsanwaltschaft, ein Strafgericht oder das Bamf die Vorfälle bereits abschließend bewertet hätten. „Zum Zeitpunkt der gerügten Aussage war, wie zum jetzigen Zeitpunkt, unklar, ob überhaupt eine Anklageerhebung und damit möglicherweise ein Strafverfahren gegen die Antragstellerin folgen“, heißt es in der Begründung des Gerichts.