
Mit der Zerstörung der Pietà durch die Nationalsozialisten im Oktober 1933 existiert für die gefallenen Räterepublikaner keine Erinnerungsstätte mehr. Zumal auch deren Gebeine umgebettet werden. An der Stelle, an der das Denkmal gestanden hat, bringen die neuen Machthaber eine Tafel an, die die getöteten Kämpfer verunglimpft. Deren Angehörige lassen sich aber nicht davon abhalten, den Ort weiterhin zum Gedenken aufzusuchen. Jährlich am 4. Februar – dem Tag der Niederschlagung – finden sich dort „Blumensträuße, die in aller Stille auf den Schandgedenkstein niedergelegt worden waren, als stummer Gruß der noch lebenden Antifaschisten“. So jedenfalls erinnern sich Zeitzeugen im WESER-KURIER vom 6. Februar 1946.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzt sich der Ausschuss der Hinterbliebenen der Februarkämpfer für die Rückführung der Toten auf den Friedhof ein – mit Erfolg. Ein neues Ehrenmal soll nach ihren Vorstellungen bald folgen. Doch die Pläne zerschlagen sich. Der Ausschuss hat sich zwischenzeitlich sogar beinahe aufgelöst, bis er Mitte der 1960er-Jahre wieder aktiv wird. Unter anderem mithilfe des Senats und Spenden gelingt es ihm schließlich doch noch, das für das Mahnmal benötigte Geld zusammenzutragen.
Eingeweiht wird das moderne, abstrakte und – ebenso wie sein Vorgänger – etwa 4,50 Meter hohe Denkmal im Februar 1972 vor etwa 300 Gästen. Geschaffen hat es der Bildhauer Georg Arfmann, der es aus drei übereinander lagernden Blöcken konzipierte.
Der unterste Teil erinnert mit den 29 nebeneinander aufgereihten, individuell gestalteten Säulen an die 29 Räterepublikaner, die beim Kampf um Bremen ihr Leben gelassen haben – während die meisten Quellen auf 28 Gefallene verweisen. Zusammen bilden sie einen Block, der ihren solidarischen Einsatz verdeutlicht. Auf ihnen liegt horizontal das Fundament. Es bildet die demokratische Grundlage, die Fortschritt ermöglicht. Diesen symbolisiert der oberste Block, der mit den in alle Richtungen weisenden und aus verschiedenen Formen bestehenden Steinen die Vielfältigkeit der aus dem Fortschritt entstehenden Gesellschaft symbolisieren soll.
Kurz nach der Einweihung wird das Denkmal zum Politikum. Denn der zur damals amtierende Bremer Bürgermeister Hans Koschnick (SPD) befürwortet seine Errichtung, unter anderem weil es lehre, dass soziale Gerechtigkeit stets eine Aufgabe für die Gesellschaft sei. Für ihn stelle es eine Respektbezeugung dar. Das aber ruft starke Kritik vonseiten der CDU-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft hervor. Koschnick wehrt sich gegen die Vorwürfe, dass er sich mit den Zielen der Räterepublik solidarisiere. Ihm gehe es vielmehr um den Respekt für die Toten, die für ihre Vorstellung einer besseren und sozialeren Welt gestorben wären.
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