Am frühen Montagmorgen sind die ersten 49 Menschen aus Afghanistan in Bremen angekommen, darunter viele Familien mit Kindern. Den Transport vom Frankfurter Flughafen nach Bremen hatte die Bundeswehr organisiert. Die Schutzsuchenden werden zunächst für einige Tage in der Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht. Dort werden sie gesundheitlich untersucht und bleiben in Quarantäne, bis ein negativer PCR-Test vorliegt. Die Ortskräfte und ihre Familien haben bei ihrer Ankunft ein Visum erhalten. Das ermöglicht ihnen, direkt privaten Wohnraum zu beziehen oder in ein Übergangswohnheim zu wechseln. Andere, die kein Visum erhalten haben, müssen einen Asylantrag stellen und das übliche Verfahren durchlaufen.
Insgesamt kann Bremen kurzfristig bis zu 150 Schutzsuchende aufnehmen, das hatte das Ressort von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) bereits vor einer Woche der Bundesregierung mitgeteilt. "Jetzt geht es erst einmal darum, möglichst schnell möglichst viele Menschen auszufliegen", sagte Stahmann. "Dafür muss der Kreis der Berechtigten ausgeweitet werden. Es kann nicht sein, dass immer noch Maschinen fast leer zurückfliegen und Ortskräfte zurücklassen, die keinen direkten Vertrag mit den deutschen Arbeitgebern hatten."
Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan versucht die Bundeswehr, Ortskräfte, die für die deutsche Botschaft, für Nichtregierungsorganisationen und für die Bundeswehr gearbeitet haben, auszufliegen. Auch weitere gefährdete Personen wie Journalisten und Frauenrechtlerinnen sollen laut Sozialbehörde in Sicherheit gebracht werden.
Die Taliban habe mittlerweile ein Ultimatum gestellt, dass bis zum 31. August alle ausländischen Truppen Afghanistan verlassen müssen. Das sagte laut tagesschau.de der Sprecher der Islamisten, Suhail Schahin, in Doha. "Es geht hier nur noch um ganz wenige Tage, in denen überhaupt Leute aus Afghanistan herauszuholen sind", gibt Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat Bremen zu bedenken. "Wenn das Militär abgezogen ist, bleiben die Grenzen für eine lange Zeit zu." Gemeinsam mit der Linkspartei und zahlreichen weiteren Initiativen in Bremen fordert sie ein sofortiges, unbürokratisches Landesaufnahmeprogramm in Bremen.
Die Landesregierung in Schleswig-Holstein hatte bereits Anfang vergangener Woche ein eigenes Aufnahmeprogramm beschlossen. Es richtet sich vornehmlich an Frauen, Kinder und weibliche Angehörige von Afghanen. Laut der Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) soll das Landesaufnahmeprogramm in enger Abstimmung mit dem Innen- und Verteidigungsministerium des Bundes sowie dem Auswärtigem Amt umgesetzt werden.
"Im Aufenthaltsgesetz ist dafür alles geregelt", sagt Oerter. "Jedes Bundesland kann im Einvernehmen mit dem Bundesinnenminister alle Menschen unabhängig von ihrem Status aufnehmen." Die Linksfraktion fordert einen Erlass zum Familiennachzug, wie er auch bereits im April für Familienangehörige syrischer Geflüchteter beschlossen worden war. Die Landesregierung könnte bereits bei der Senatssitzung an diesem Dienstag einen entsprechenden Erlass beschließen, heißt es in einer Pressemitteilung. Afghanen, die in Bremen und Bremerhaven wohnen, könnten auf diese Weise schnell ihre Familien nach hier holen.