Neue Technologien sollen helfen Bei Airbus Bremen droht Stellenabbau

Wenig Flugverkehr und wenig Nachfrage nach neuen Flugzeugen: Bei Airbus droht weltweit ein Stellenabbau von 15000 Beschäftigen. Wie die IG Metall die Stammbelegschaft trotzdem halten will.
30.06.2020, 05:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Bei Airbus Bremen droht Stellenabbau
Von Peter Hanuschke

Bei Airbus wird die Produktion im Bereich ziviler Flugzeugbau stärker zurückgefahren als bislang vom Unternehmen kommuniziert: Statt bei 70 Prozent könnte die Auslastung in den nächsten zwei Jahren bei einigen Baureihen bei 60 Prozent liegen. Spekuliert wird, dass von weltweit 90 000 Beschäftigten bis zu 15 000 Stellen in der Zivilflugzeugsparte abgebaut werden sollen. Das könnte Folgen für den Bremer Standort haben, wo sämtliche Flügel unter anderem mit Landeklappen ausgestattet werden.

Die Corona-Pandemie und ihre Reisebeschränkungen haben die Luftfahrtindustrie in ihre bislang schwerste Krise gestürzt. Der Bedarf an neuen Flugzeugen ist dramatisch eingebrochen. „Wir können uns von der Entwicklung bei den Airlines nicht abkoppeln“, sagte Airbus-Chef Guillaume Faury der „Welt“. An den Produktionszahlen der Baureihe A 320 – Airbus’ meistverkauftes Modell – wird das deutlich: Vor der Corona-Krise lag die Produktion bei 60 Flugzeugen monatlich, demnächst liegt sie bei 40.

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„Dass Airbus auf die aktuelle Krise reagieren muss, ist nachvollziehbar“, sagt die Bremer IG-Metall-Geschäftsführerin Ute Buggeln. Aber zuerst gelte es festzustellen, wo und wie lange die Produktion unter den gegebenen Umständen angepasst werden müsse. „Auch ist zu hinterfragen, ob zur Überwindung der Krise der von Airbus anvisierte Stellenabbau alternativlos ist.“ Insofern gehe es jetzt in erster Linie darum, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden – auch vor dem Hintergrund, dass in zwei Jahren die Produktion wieder hochgefahren werden soll.

Auch wenn die Produktion gedrosselt wer­de, werde keine Endmontagelinie geschlossen, betonte Faury. Alle Modelle würden weiter produziert, „aber in langsamerem Tempo“. Jeder Standort werde nach Möglichkeiten zur Kostensenkung untersucht. „Wir drehen jeden Stein um.“ Der Konzern hatte bisher von einer Produktionskürzung um rund 30 Prozent gesprochen. Jetzt ist von 40 Prozent die Rede, weil sich die Differenz zum zuvor geplanten Produktionsausbau im Zeitraum 2020 und 2021 vergrößert.

Die Veränderungen würden zumindest kurzfristig nicht ohne Folgen für Beschäftigte bleiben, vermutet Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke). „Wir werden daher den Dialog auf allen Ebenen fortsetzen und die Zulieferer intensiv in die thematische Neuausrichtung einbinden, damit diese auch mittel- bis langfristig Bestandteil der globalen Wertschöpfungsketten der Luftfahrtindustrie bleiben.“

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Was die Neuausrichtung im Flugzeugbau angeht, gibt es im Wirtschaftsressort bereits Vorstellungen: „Wir haben durch die klare Zukunftsorientierung auf ecoeffizientes Fliegen bereits die Weichen gestellt“, so Vogt. „Kristallisationspunkt für das grüne Fliegen in Bremen ist das Ecomat, hier bündeln wir alle Kompetenzen rund um ecoeffiziente Technologien.“

Um die Luftfahrt klimafreundlicher zu gestalten, werde sich Wasserstoff zu einem prägenden Energieträger für Flugzeuge entwickeln. „Für den Umgang mit Wasserstoff bestehen in Bremen viele Kompetenzen wie zum Beispiel die Qualifizierung von Materialien oder der Betrieb von Demonstratoren, die für die Luftfahrt genutzt werden können.“ Die Stärkung des Raumfahrtbereichs sorge für die Kompetenzen, die „wir für die Entwicklungsschritte zum wasserstoffbasierten Fliegen benötigen“, so die Senatorin weiter.

Für die IG Metall ist ein Stellenabbau noch nicht in Stein gemeißelt. Fürs Hochfahren der Produktion müsse auch das notwendige Personal vorgehalten werden, so Buggeln. „Dazu haben wir als IG Metall bereits Vorschläge unterbreitet, beispielsweise für eine gewisse Zeit die Arbeitszeit der Beschäftigten kollektiv abzusenken. Doch unabhängig von der momentanen Krise erwarten wir, dass Airbus endlich sein industrielles Konzept präsentiert.“

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Der Konzern müsse darstellen, an welchen Standorten er in neue Technologien mit welchen Umfängen investieren will. „Ein solches Konzept ist wichtig, damit wir konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Zukunftsfähigkeit der Standorte abstimmen können.“ Das sei auch für die Politik relevant. Kristina Vogt ist nach eigenen Angaben seit Wochen im Austausch mit der Standortleitung, den Betriebsräten und der Geschäftsführung in Hamburg, um die aktuelle Situation zu beraten.

Darüber hinaus werde in Abstimmung mit Niedersachsen und Hamburg daran gearbeitet, wie Forschung und Entwicklung an den norddeutschen Standorten sinnvoll miteinander verknüpft werden könnten. Wie die Personalanpassungen genau aussehen werden, das will Airbus vor Ende Juli bekannt geben. Ziel sei, so viele Stellen wie möglich zu erhalten – „aber die uns zur Verfügung stehenden Lösungen zur Abmilderung der Auswirkungen werden nicht ausreichen“, sagte Airbus-Chef Guillaume Faury.

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