Bremen. Die Tendenz stimmt – aber offenbar müssen noch viele Gespräche geführt werden – dieser Eindruck drängte sich bei der Sitzung des Fachausschusses „Überseestadt“ des Waller Beirats auf, wo es dieses Mal um die überarbeiteten Planungen für die fast 13 000 Quadratmeter große Fläche zwischen Überseetor und Bogenstraße ging.
Seit rund drei Jahren tüfteln Stadt und Gewoba, wie das Areal bebaut werden könnte. Seit Längerem war es dabei nun ruhig um die „Grüne Lunge“ des benachbarten Heimatviertels geworden; doch dann ging Mitte August ein Aufschrei der Empörung durch das Quartier, nachdem dort die neuesten Ideen vorgestellt worden waren. 100 Wohnungen und ein acht Stockwerke hohes Gebäude unmittelbar an der Ecke Nordstraße/Bogenstraße waren im Gespräch – viel zu hoch und massig fand man all das im Waller Wied.
Nun stellte Architekt Matthias Haber vom Münchener Architekturbüro „Hild und K“ eine überarbeitete Version vor, in die Ängste und Kritik aus der Nachbarschaft eingeflossen sind. Eine wesentliche Änderung betrifft dabei die Bogenstraße: Die Höhe der dort geplanten Gebäude wurde an den auf der anderen Straßenseite vorhandenen Bestand angepasst und außerdem die Baulinie um zehn Meter nach hinten versetzt – der Abstand zu den vorhandenen Häusern würde somit 25 Meter betragen.
An anderen Stellen wurde die Anzahl der Geschosse von acht auf sechs beziehungsweise von fünf auf drei reduziert. Höher hinaus wollen die Planer aber an der Ecke Nordstraße/Überseetor. Dort, vis-à-vis der Grundschule an der Nordstraße, könnten sie sich einen achtgeschossigen Schulerweiterungsbau mit Mensa und Unterrichtsräumen vorstellen, an den sich in Richtung Weser am Überseetor eine Kita und ein Café anschließen sollen.
Die Skepsis überwiegt
Die Bewohner bleiben dennoch skeptisch bis ablehnend – auch, weil das Bauressort ein beschleunigtes Bebauungsplanverfahren anstrebt, wodurch sich ihrer Ansicht nach am Ende ihre Handlungsspielräume verringern könnten.
Die bisherige Planung, so der Hauptkritikpunkt aus dem Heimatviertel, erfolge nur aus Perspektive der Überseestadt. Der Bestand – das 127 Jahre alte Waller Wied mit seiner gewachsenen Sozialstruktur – werde dabei nicht berücksichtigt, und der angestrebte Übergang von der Überseestadt zum „alten Walle“ müsse hier anders aussehen. „Auf der Gefühlsebene“, so Erik Wankerl von der Bürgerinitiative Waller Wied, „prallen hier Baumassen auf alte Architektur und ein funktionierendes soziales Gefüge. Warum ausgerechnet auf dieser Fläche in dieser Art gebaut werden muss: Das ist die entscheidende Frage!“
Ein Argument, das Georgia Wedler, Leiterin der Abteilung Planung und Bauordnung West in der Baubehörde, nicht nachvollziehen kann. „Ich halte dies für einen außerordentlich tragfähigen Entwurf, der sowohl die Kleinteiligkeit im Waller Wied als auch die Struktur der Überseestadt aufnimmt und sehr gut mit der städtebaulichen Situation an dieser Stelle umgeht“, sagt sie. An der Bogenstraße seien zweigeschossige Gebäude vorgesehen und über die Dachformen könne durchaus noch diskutiert werden – die Anwohner hatten sich hier Satteldächer wie im Waller Wied gewünscht. Am Überseetor wiederum brauche man einfach eine höhere Architektur, die den Eingang in die Überseestadt städtebaulich sichtbar mache.
Bei den Waller Ortspolitikern jedoch stießen die Argumente der Anwohner auf offene Ohren. Womöglich wären kleine Einfamilienhäuser auf der noch freien Seite der Bogenstraße die passendere Bebauung, gab etwa Cecilie Eckler-von Gleich (Grüne) zu bedenken. Beiratssprecher Wolfgang Golinski (SPD) sagte: „Die Diskussion hat mir gezeigt, dass wir noch lange darüber sprechen müssen. Es geht aber nicht um das Ob, sondern um das Wie. Und wenn der Schulerweiterungsbau kommt, dann kriegen wir auch einen Übergang an der Nordstraße, um den wir schon lange kämpfen.“ Er höre noch immer viel Skepsis heraus, sagt auch Jörg Tapking (Linke), der auf eine Beteiligung der Bürger drängt: „Ich denke, es ist notwendig, die Anwohner mitzunehmen, damit der soziale Zusammenhalt vor Ort erhalten bleibt.“ Deutlich barschere Worte richtete Rolf Surhoff (CDU) an die Planer: „Sie müssen auf vier bis fünf Stockwerke runter – mit diesen Höhen brauchen Sie nicht wieder hierher zu kommen.“ Der Fachausschuss Überseestadt tagt im Januar wieder.