In Obervieland wird auch nach dem offiziellen „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ am 27. Januar die Erinnerung und Mahnung bei verschiedenen Veranstaltungen im Mittelpunkt stehen. Neben der Beteiligung einer Schulgruppe aus dem Gymnasium Links der Weser an der zentralen Feier im Rathaus am Donnerstag bietet das Bürgerhaus Gemeinschaftszentrum Obervieland (BGO) mehrere Workshops und ein Konzert an.
Bereits im vergangenen Jahr gatte das Bürgerhaus zum 27. Januar eine Veranstaltung organisiert. Nun gibt es am Donnerstag, 1. Februar, um 19 Uhr einen „Impulsvortrag“ von Christoph Pülm. Der Sozialpädagoge und Mitarbeiter im Bürgerhaus wird über „extrem rechte Jugendkulturen in Deutschland und Europa“ referieren und dabei speziell auf die sogenannte Identitäre Bewegung eingehen. Zusätzlich zum Vortrag gibt es am Dienstag, 30. Januar, ab 10.10 Uhr einen Workshop geben, an dem Klassen und Gruppen des Gymnasiums Links der Weser sowie andere Jugendliche ab 14 Jahren teilnehmen können. Pülm will dabei die Schülerinnen und Schüler für die Anzeichen sensibilisieren, anhand derer eine rechtsextreme Gesinnung zu erkennen ist. Außerdem wird ein Film über eine Aussteigerin aus der rechten Szene gezeigt.
Am Dienstag, 6. Februar, ab 10.10 Uhr referiert Erhard Mische von „Amnesty International“ im BGO über „Menschenrechte vor dem Hintergrund der Verbrechen des Nationalsozialismus“. Der Vortrag wird am 8. Februar ab 19 Uhr erneut angeboten. Der Eintritt ist kostenlos.
Dass sich der Nationalsozialismus nicht wiederholen darf, ist die Losung eines Konzerts unter dem Titel „Never again – Rock gegen Rechts“ , das am 2. Februar um 20 Uhr stattfindet, als Eintritt wird eine freiwillige Spende erbeten. In Kooperation mit dem Gymnasium Links der Weser und dem Lidice-Haus sowie unterstützt von der Kooperationsstelle Kriminalprävention treten die Punkrocker „Tafkat“ aus Osnabrück sowie die Bremer Band „Afrock Basement“ mit Reggae, Afrobeat und Funk und die Rockgruppe „Lassen“ auf. Zwischen den Darbietungen wird Oliver Guth vom Lidice-Haus über aktuelle Entwicklungen und Gefahren in der rechten Szene informieren.
Die Veranstaltungen werden von der Landeszentrale für politische Bildung und dem Verein „Erinnern für die Zukunft“ organisiert. „Mit unserer Beteiligung möchte das Bürgerhaus seine Anteilnahme am Opfergedenken unterstreichen und sich für eine demokratische und offene Gesellschaft frei von extrem rechten, antisemitischen und rassistischen Erscheinungsformen in Politik und Gesellschaft einsetzen“, erklärt Jannik Daum vom BGO.
80 Namen verlesen
Während im BGO in der Alfred-Faust-Straße 4 alle genannten Veranstaltungen stattfinden, waren am Donnerstag 18 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Links der Weser an der zentralen Gedenkveranstaltung im Bremer Rathaus beteiligt und haben die Namen von 80 durch Nazis ermordete Opfer verlesen. In der „Schule ohne Rassismus“ haben der Gedenktag sowie das Thema Nationalsozialismus einen besonderen Stellenwert im Unterricht. 2017 hat ein Leistungskurs mit 20 Schülern das einstige Vernichtungslager Auschwitz besucht. Eine andere Gruppe nimmt an einem Israel-Austausch teil. „Wir sind keine Insel der Glückseligkeit“, sagt Lehrer Jens Winter. Verbalen Rassismus und Antisemitismus von verschiedenen Seiten könne man auch in „seiner“ Schule feststellen – auch wenn er seinen Jugendlichen insgesamt einen toleranten und respektvollen Umgang miteinander bescheinigt.
Doch wie vermittelt man jungen Menschen die Lehren aus der Geschichte? „Das geht nicht als Schulbuchtextsammlung, aber wenn man das Thema mit aktuellen Sachverhalten verbindet, gibt es ein großes Interesse. Ich glaube schon, dass die Jugendlichen das verstehen“, sagt Winter über seine im Durchschnitt 16 Jahre alten Schülerinnen und Schüler der Oberstufe. Allgemein würde er sich aber mehr politische Bildung im Unterricht wünschen. Eine Stunde Politik pro Woche sei für die Mittelstufe zu wenig. „An den Gesellschaftswissenschaften sollte man nicht sparen, sonst wird sich das irgendwann rächen“, sagt der Politik- und Soziologielehrer.