Da sitzen sie nun und gucken im Himmelssaal im Haus Atlantis umher. 50 Bremer, nein, in diesem Fall 40 Bremerinnen und zehn Bremer zwischen Mitte 30 und Ende 70, die in die Böttcherstraße gekommen sind, um von Alexandra Sorgenicht zu lernen, wie sie ihre Intuition trainieren. Was sie ziemlich als erstes von der Gründerin des Instituts für Intuitionstraining hören, ist: Das wird nichts, Intuition lässt sich nicht lernen und auch nicht trainieren.
"Was man aber trainieren kann, ist die Wahrnehmung der Intuition. Ich kann verstehen lernen, warum ich nicht häufiger auf meine innere Stimme höre. Und ich kann lernen, wie ich die Kanäle wieder frei lege zu dem Wissen, das jeder jenseits der Ratio besitzt", erklärt sie. Der 50-Jährigen, die übrigens auch als mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilmerin arbeitet, half vor rund 25 Jahren die Arbeit mit einer Aura-Readerin (deutsch: Aura-Leserin) aus einer Krise. Seitdem beschäftigt sie sich mit dieser Form der spirituellen Arbeit, die der Amerikaner Lewis Bostwick in den sechziger Jahren entwickelte. Seit 2007 gibt die Wahl-Kölnerin, die mit einem Bremer verheiratet ist, Seminare.
Wer bin ich, und was will ich?
Spirituell, das muss man auch erwähnen, hat in diesem Fall nichts mit Esoterik zu tun. "Wir machen hier nichts mit Pendeln oder Kristallen und so", sagt Sorgenicht, "und Räucherstäbchen mochte ich noch nie." Was sie den Menschen beibringen möchte, ist, den Weg zur eigenen Persönlichkeit zu finden – zur Seele, zum von allen Konventionen, Zwängen, vielleicht Erlerntem oder auch Traumata befreiten Ich. Oder, ganz unspirituell formuliert: Wer bin ich, was will ich, und wie kriege ich das, was ich will?
Zurück in den Himmelssaal. Die erste Aufgabe für die Bremerinnen und Bremer auf der Suche nach dem Kontakt zu ihrer Intuition: Sich den eigenen Körper bewusst machen, vielleicht dabei Farben, Gefühle oder Bilder wahrzunehmen – und dann die Verbindung mit der Erde aufzunehmen. Bei einigen, so sieht es aus, scheint das problemlos zu funktionieren. Ingetraut Bintz dagegen empfindet: gar nichts. "Bin ich vielleicht nicht aufgeschlossen genug?", erkundigt sie sich. Nein, alles kein Problem, versichert die Trainerin. "Es gibt hier kein ,Falsch' und kein ,Richtig'." Auch nicht bei den folgenden Übungen, wie etwa der Vorstellung von Farbe ausströmenden Ballons.
Farben wahrnemen
"Wofür ist denn das eigentlich gut?", möchte eine Teilnehmerin wissen. Sorgenicht spricht von der Individualität bei der Wahrnehmung von Farben. Jeder empfindet sie anders. Das wird auch deutlich, wenn der eine oder die andere ihre soeben gemachten Erfahrungen schildert. Und in der Praxis? "Zum Beispiel wenn ich mich morgens wackelig fühle, kann ich mir eine Farbe oder auch ein Bild nehmen, das mich unterstützt, das mich einhüllt wie ein Mantel", erklärt die Trainerin. Die nächste Stufe: Auren-Lesen. Auch hier gilt: Alles kann, nichts muss beim ersten Mal wahrnehmbar werden – und das zeigt sich auch bei den Teilnehmern. "Abgefahren! Ich bin ganz gerührt", sagt eine Frau. Andere nutzen die Zeit der Übung lieber fürs Erledigen dringender körperlicher Bedürfnisse.
Und das Fazit? Für die skeptische Ingetraut Bintz hat sich der Nachmittag übrigens dann doch noch gelohnt. "Ich fand es insgesamt interessant", sagt die 79-Jährige. "Wenn ich noch jünger wäre, würde ich das bestimmt mal ausprobieren." Frank Konieczny war aus Delmenhorst gekommen, weil er sich Hilfe vor einer beruflichen Entscheidung erhofft hatte. "Ich wusste vorher nicht, was mich erwartet. Aber ich fand es schon ein bisschen hilfreich. Interessant, dass es so etwas überhaupt gibt."
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