Entdeckerstimmung herrschte am Montag in der Klasse 3b der Schule Am Weidedamm in Findorff. Lehrerin und Schulleiterin Wiebke Meyer hielt ein mysteriöses, in ein Tuch gewickeltes Paket in den Händen. Was das wohl sein könnte? Doch nachdem die Größe und das charakteristische Rascheln als Indizien hinzugezogen wurden, war den Grundschülern schnell klar: Die Zeitungsexemplare des WESER-KURIER sind da. Die 3b hat sich gemeinsam mit 94 anderen Klassen für das Projekt Zeitung in der Schule, kurz Zisch, angemeldet. Dies ging am Montag in die 22. Runde und läuft bis zum 29. April. Für die nächsten drei Monate bekommen 2020 Schüler jeden Tag ihr eigenes Exemplar des WESER-KURIER in die Schule gebracht. Haben die Eltern kein Abo, gibt es auch ein Exemplar nach Hause.
Und dann heißt es Lesen, Lesen, Lesen. Neben Mathe, Englisch und Musik stehen das Auseinandersetzen mit der Tageszeitung und deren Inhalten sowie Diskussionen und Recherche auf dem Stundenplan. Einer der Höhepunkte ist, dass die Kinder und Jugendlichen ihre journalistischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Jede Klasse überlegt sich ein Thema, recherchiert, interviewt Experten und schreibt eigene Artikel. Diese werden nach Projektende wöchentlich auf einer Zeitungsseite veröffentlicht.
Für die Kinder der Klasse 3b ging es an ihrem ersten Tag aber um praktische Dinge: Wie groß ist eine Zeitung eigentlich? Warum steht auf jeder Seite das Datum? Die jungen Reporter entdeckten sofort das Titelbild des Unterwasservulkans, der nahe Tonga ausgebrochen ist, und das Kreuzworträtsel. Erstaunen herrschte jedoch mit einem Mal, als Wiebke Meyer verkündete, sie sollten die spannendsten fünf Wörter ausschneiden. Eine Zeitung einfach so zerschneiden? Doch, das sei in Ordnung, versicherte die Schulleiterin. Das Kennenlernen der Zeitung steht auch in der restlichen Woche auf dem Unterrichtsplan, verrät Wiebke Meyer: „Wir erarbeiten uns die Zeitung Stück für Stück. Jeden Tag beschäftigen wir uns eine ganze Schulstunde nur damit.“ Die Lehrerin orientiert sich dabei daran, was die Schüler interessiert und greift das dann auf.
"Komplexe Zusammenhänge verstehen"
In dem Projekt lernen die Kinder und Jugendlichen, selektiv zu lesen, Fake News zu erkennen und diese von seriöser Berichterstattung zu unterscheiden. So erweitern sie ihre Medienkompetenz. „Lehrer und Wissenschaftler beobachten seit Jahren, dass die Lesekompetenz abnimmt. Diese ist jedoch nachweisbar wichtig, um etwa komplexe Zusammenhänge zu verstehen“, sagt Stefan Dammann, Abteilungsleiter Sonderthemen beim WESER-KURIER. „Das Lesen von Tageszeitungen fördert die Lesekompetenz nachweislich und erhöht damit die Qualifikation und Bildung von Schülerinnen und Schülern. Sie können besser durch das Leben finden und durch das Dickicht der Nachrichten erkennen, was wichtig ist.“

2020 Schüler aus Bremen und umzu nehmen teil und wollen ihre Medien- und Lesekompetenz stärken.
Beim WESER-KURIER hat Zisch eine lange Tradition. Seit 2003 haben mehr als 70.000 Kinder und Jugendliche teilgenommen, aus Bremen und der Region, von der dritten Klasse bis zur Berufsschule. Begleitet wird das Projekt vom Aachener IZOP-Institut. Dieses unterstützt auch aus didaktischer Sicht und bietet neben Materialien etwa auch projektvorbereitende (Online-)Seminare und Präsentationen an. Die AOK Bremen/Bremerhaven, die Bremer Stadtreinigung sowie die Bremer-Lese-Lust unterstützen Zisch in diesem Jahr.
In der Klasse 3b steht in den nächsten drei Monaten aber auch die Größe der Zeitung im Fokus. Sie will herausfinden, ob die Zeitungsausgaben aneinandergereiht ihre sogenannte Schulstraße entlang bis ganz zur Turnhalle reichen.