Unter großem Medien- und Besucherandrang hat am Montagmorgen vor dem Landgericht die Berufungsverhandlung gegen Olaf Latzel, Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde, begonnen. Latzel war im November 2020 vor dem Amtsgericht wegen mehrerer Aussagen zur Homosexualität wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Sein Anwalt hatte dagegen Berufung eingelegt. Damit beginnt der Prozess vor dem Landgericht noch einmal komplett von vorn. Die Staatsanwaltschaft wird erneut ihre Anklage verlesen, Pastor Latzel kann zu den Vorwürfen äußern, Zeugen und Sachverständige werden gehört. Für den Prozess sind vier Verhandlungstage geplant, das Urteil soll am 20. Mai verkündet werden.
In den ersten Stunden des Verfahrens wurden sowohl das komplette Urteil der ersten Instanz verlesen als auch die umfangreiche Berufungsbegründung der Verteidigung.
"Homosexualität als Sünde"
Latzel selbst stellte in einer kurzen Einlassung die für ihn wichtigsten Punkte für das Verfahren klar: Nichts läge ihm ferner als die Ausgrenzung von Menschen. Er habe nichts gegen Homosexuelle, setze sich für deren Integration der Gemeinde ein und habe dies aus seiner christlichen Überzeugung auch schon immer getan. Er spreche sich lediglich gegen Homosexualität aus, die in der Bibel eindeutig als Sünde bezeichnet werde.
Zudem betonte Latzel, dass das Seminar, indem die umstrittenen Äußerungen zur Homosexualität fielen, nie habe öffentlich gemacht werden sollen. Dies sei erst ein halbes Jahr nach dem Seminar geschehen, aber eher aus Versehen aus Unachtsamkeit. Als er diesen Fehler bemerkt habe, habe er den Tonmitschnitt sofort aus dem Netz genommen und sich mehrfach ausdrücklich dafür entschuldigt. Auch diese Entschuldigung hätten auf YouTube über 73.000 Zuschauer aufgerufen.
Die Verhandlung wird mit der Vernehmung von Zeugen fortgesetzt, gehört werden unter anderem Teilnehmer des Eheseminars.
An insgesamt vier Verhandlungstagen will das Landgericht jetzt erneut die Frage klären, ob der evangelische Theologe bei einem Onlineseminar zum Hass gegen Homosexuelle aufgerufen hat. Das sah das Amtsgericht damals als erwiesen an.
Aufgrund der Corona-Hygienevorschriften war die Zahl der Zuschauer im Saal 218 des Landgerichts stark beschränkt. Zugelassen wurde im Gerichtssaal neben den Prozessbeteiligten, den vorab akkreditierten Medien nur noch eine Handvoll Zuschauer.
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