Fahrlässige Tötung BGH bestätigt Urteil gegen Bremer Raser "Alpi"

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen den Bremer Biker "Alpi", der wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde, bestätigt. Das Urteil gegen zwei Raser aus Berlin wegen Mordes wurde jedoch aufgehoben.
01.03.2018, 07:29 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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BGH bestätigt Urteil gegen Bremer Raser
Von Ralf Michel

Es bleibt bei zwei Jahren und neun Monaten Haft für den in der Bremer Bikerszene als "Alpi" bekannten Motorradfahrer. Dieser hatte am 17. Juni 2016 in Walle einen Fußgänger überfahren und dabei tödlich verletzt. Am Donnerstag bestätigte der Bundesgerichtshof nun das Urteil des Bremer Landgerichts gegenAlperen T. Das Landgericht hatte den zur Tatzeit 23-Jährigen Ende Januar 2017 wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Dagegen hatte sein Anwalt Revision beim BGH eingelegt, fand bei den Karlsruher Richtern aber kein Gehör. Ebenso wenig wie die Staatsanwaltschaft, denn auch die hatte Revision eingelegt, um ein härteres Urteil zu erreichen.

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Ursprünglich war der damals 23-Jährige wegen Mordes angeklagt worden, was sich im Laufe des Prozesses aber nicht halten ließ. Letztlich forderte die Staatsanwaltschaft sieben Jahre und zwei Monate Haft wegen Totschlags. Für die Anklagebehörde stand fest, dass Alperen T. mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt und mit seiner ­riskanten Fahrweise den Tod anderer billigend in Kauf genommen hatte. Das Landgericht bezeichnete das Verhalten des Motorradfahrers zwar als "unverantwortlich und hochgefährlich", sah aber keinen bedingten Tötungsvorsatz in seinem Handeln und verurteilte ihn wegen fahrlässiger Tötung.

Für besonderes Aufsehen hatte beim Bremer Gerichtsprozess aber nicht nur die Mordanklage gesorgt, sondern vor allem, dass der Angeklagte in den Monaten vor dem Unfall unter dem Titel "Alpi fährt" auf einem eigenen Youtube-Kanal Videos ins Netz gestellt hatte, auf denen reihenweise riskante Fahrmanöver und Beinaheunfälle zu sehen waren. In einem der Videos war er nachts mit über 160 Stundenkilometern über die Hochstraße in Bremen gefahren, in anderen beschimpfte er Passanten, an denen er vorbeiraste. Das Ganze nahm er mit einer Helmkamera auf und kommentierte die Videos während der Fahrt.

"Da sind wirklich hässliche Sachen dabei"

Sein Youtube-Kanal hatte mehr als 80.000 Abonnenten und bescherte dem jungen Mann zuletzt sogar ein Einkommen. Zu den Videos sagte sein Anwalt jetzt vor dem BGH, dass "da wirklich hässliche Sachen dabei sind". Zugleich betonte er aber, dass das tödliche Geschehen damit nichts zu tun habe. "Die Kamera war da nicht an. Er war auf dem Heimweg."

Zudem räumte der Verteidiger ein, dass sein Mandant viel zu schnell unterwegs gewesen sei. Er gab aber auch zu bedenken, dass der Fußgänger alkoholisiert trotz Rotlichts über die Ampel gegangen war. Sein Mandant bereue die Tat tief. Er sei bei dem Unfall aber auch selbst so schwer verletzt worden, dass er seinen Traumberuf Sportlehrer nicht verwirklichen konnte.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes muss "Alpi" mehr als ein Jahr nach seiner Verurteilung ins Gefängnis. Wie jeder andere Verurteilte kann er beantragen, nach der Hälfte oder nach zwei Dritteln seiner Strafe den Rest auf Bewährung verbüßen zu dürfen. Da er vor und während des Prozesses in Untersuchungshaft saß, die auf seine Strafe angerechnet wird, bedeutet dies, dass er diesen Antrag nach zehn beziehungsweise 15 Monaten abgesessener Haftstrafe stellen könnte.

Weiterhin auf Youtube aktiv

Auf Youtube bleibt "Alpi" seiner Fangemeinde indes erhalten. Dort fährt er allerdings nicht mehr Motorrad, sondern allenfalls Fahrrad – dies aber wieder mit Helmkamera ausgerüstet und munter während der Fahrt kommentierend. Außerdem unterhält er seine immer noch 61.000 Abonnenten mit alten Motorradfilmen und Videos zu den unterschiedlichsten Themen ("Alpi malt", "Zehn tolle Gadgets für dein Fahrrad"). Gleich mehrere der Filme sind mit "Statement" überschrieben, unter anderem zu seinem Gerichtsprozess oder auch zu seinem verletzten rechten Arm und dessen Genesungsprozess.

Mit "Alpi" und anderen jugendlichen Rasern beschäftigte sich am Donnerstag auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die zeigte sich wenig zufrieden mit den Entscheidungen der Karlsruher Richter. Sie forderte ein klares Signal der Justiz gegen rücksichtslose Raser, hatte dabei aber weniger "Alpi" als vielmehr einen weiteren Fall im Blick, über den der BGH ebenfalls am Donnerstag entschied. Dabei hoben die Richter die lebenslange Verurteilung von zwei 24 und 26 Jahren alten Männern auf, die 2016 bei einem illegalen Rennen in Berlin einen Mann totgefahren hatten.

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Auch hier spielte wie bei Alperen T. die Frage, ob die Raser vorsätzlich gehandelt hatten, eine entscheidende Rolle. Das Landgericht Berlin hatte die beiden wegen Mordes verurteilt, doch der BGH sah den dazu notwendigen Vorsatz nicht. Arnold Plickert, stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende, kritisierte dies: "Das gedankenlose Imponiergehabe zumeist junger Raser muss die Justiz jetzt mit hohen Haftstrafen konsequent ausbremsen."

Urteil aus Berlin

In einem weiteren Prozess gegen zwei Raser aus Berlin wurde das Mordurteil aufgehoben. Der Bundesgerichtshof gab der Revision zweier Männer statt, die nach einem illegalen Autorennen vom Landgericht Berlin zu lebenslangen Haftstrafen wegen Mordes verurteilt worden waren (4 StR 399/17). Im Berliner Fall waren die beiden damals 24 und 26 Jahre alten Männer in der Nacht zum 1. Februar 2016 auf dem Kurfürstendamm im Stadtzentrum mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde unterwegs, rasten über elf Kreuzungen mit mehreren roten Ampeln und fuhren dabei einen Mann tot.

++ Dieser Artikel wurde zuletzt am 01.03.2018 um 19:28 Uhr aktualisiert ++

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