„Schon seit mehreren Tagen sind auf Grünlandflächen in den Randbereichen von Bremen die ersten Weißstörche zu sehen“, sagt Karin Menke, Storchenbetreuerin beim BUND Bremen. Sie brüten zwar noch nicht, sondern verteilen sich vorerst auf die Nester, doch Karin Menke freut sich auch, dass in diesen Tagen bereits Uferschnepfen, Brachvögel und Kiebitze eingetroffen sind. Die Störche seien im Süden des Naturschutzgebiets Brockhuchting sowie in den Randlagen von Niedervieland, entlang der Stromer Landstraße und der Wiedbrockstraße auf vielen der bekannten Nester gesichtet worden. In der Ochtumniederung sind die Störche hoch oben auf den Strommasten zu sehen, wo sie ihre Nester angelegt haben. Doch auch in Oberneuland auf dem Hof von Landwirt Jürgen Drewes sind die Störche bereits angekommen.
„Zurzeit sieht man die Störche über die Wiesen laufen und nach Nahrung in Form von Fröschen, Mäusen, Insekten oder Regenwürmern suchen“ sagt Karin Menke vom Bund, „und in den extensiv genutzten und auch überschwemmten Grünlandflächen finden sie besonders viel Nahrung.“ „Besonders spannend wird es in diesem Jahr, weil es einige neue Nisthilfen für die Störche gibt“, sagt Karin Menke. „Zum Beispiel hat die SWB einen Mast gesponsert, den der Landwirtschaftliche Verein für das Niedervieland in Seehausen aufgebaut hat“, sagt sie. Zudem sei am Südrand des Spülfelds Hasenbüren ein weiterer Mast errichtet worden, wo ganz in der Nähe die Störche im letzten Jahr eine Jägerkanzel bezogen hatten. „Wir hoffen, dass die Vögel das neue Angebot akzeptieren und auf den neuen Mast aus Robinienholz wechseln“, sagt Karin Menke.
Standorttreu wie Weißstörche sind, besiedeln sie nach ihrer Ankunft aus dem Winterquartier in jedem Jahr wieder dasselbe Nest. Dabei kann es allerdings vorkommen, dass sich ein Männchen mit einem anderen Weibchen verpaart als im Vorjahr – eheliche Treue wie bei Gänsen gibt es bei den Weißstörchen nicht.

Die Weißstörche Adrian und Alina auf dem Feld in Oberneuland.
Als Langstreckenzieher überwintern Weißstörche eigentlich in Afrika, doch laut Karin Menke fliegen viele Vögel nicht mehr so weit, sondern überwintern in Spanien oder im Süden und Osten Frankreichs. Dafür sei der Klimawandel verantwortlich. „Wenn sie nicht bis Afrika ziehen, sparen sie viel Energie, und in den Mittelmeergebieten halten sich die Weißstörche bevorzugt auf den Müllkippen auf, wo sie genügend Nahrung finden“, weiß die Expertin.
Nach einem starken Rückgang der Störche in Bremen in den 1990er-Jahren haben sich die Bestände wieder erholt. 1991 gab es in Bremen nur noch ein einziges Brutpaar, doch im letzten Jahr wurden bereits wieder elf Storchenpaare nachgewiesen, die 16 Junge großzogen – verteilt auf Niedervieland, Blockland und Oberneuland. An der Ochtum auf niedersächsischem Gebiet wurden vier weitere Brutpaare beobachtet.
„Die Intensivierung der Landwirtschaft, Lebensraumverluste durch Grünlandumbruch und Trockenlegungen von Flussauen waren für den Rückgang der Weißstörche verantwortlich“, sagt Karin Menke, „aber durch den Einsatz von Pestiziden gingen auch Nahrungstiere wie Insekten zurück, und nicht zuletzt gab es in den Winterquartieren der Störche in Afrika in den 1980er-Jahren Dürreperioden, die sich auf die Populationen ausgewirkt haben.“ Trotz der Erholung der Bestände seien nach Angaben des BUND Bremen die Störche weiterhin bedroht: „Sie brauchen genügend Lebensraum für die Fortpflanzung und auch ausreichend große Nahrungsgebiete“, so Menke, „besonders im Niedervieland wird der Lebensraum jedoch durch den Bau der A 281 und der B 212 sowie weitere Industrieflächen zunehmend eingeengt.“ Der BUND Bremen sieht es als Aufgabe des Senats an, in diesen Bereichen eine nachhaltige, naturschonende statt einer expansiven industriellen Entwicklung voranzutreiben.
Weitere Informationen
Die Störche im Niedervieland lassen sich gut vom Ochtumdeich beobachten. Ihre Horste sind auf einem Flyer zum Schutzgebiet Niedervieland zu finden, der unter www.bund-bremen.net heruntergeladen werden kann. Der BUND empfiehlt eine Radtour entlang der „Weißstorch-Route“ um das Niedervieland herum.