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Probleme für Menschen mit Behinderungen An diesen Stellen hapert es in Bremen mit der Barrierefreiheit
Menschen mit körperlichen und geistigen Handicaps stoßen im Alltag auf Barrieren, die andere gar nicht wahrnehmen. Neben Bürokratie oder dem Mangel an behindertengerechten Wohnungen ist auch die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ein großes Thema. Seit 2003 gibt es in Bremen ein Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Es soll ihnen ermöglichen, gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilzunehmen.
Viel hat sich schon getan in Bremen. So sind Behörden und auch viele Restaurants oder Läden heute weitgehend barrierefrei. 2015 wurde ein Aktionsplan beschlossen, nach dem bei Neu- und Umbauten von öffentlichen Verkehrs- und Grünanlagen, Spiel- und Sportstätten auf Barrierefreiheit zu achten ist. Ältere Gebäude fallen jedoch unter den sogenannten Bestandsschutz; sie müssen nicht umgebaut werden. "Der Bestandsschutz ist die Zauberformel gegen Barrierefreiheit", erklärt der Bremer Landesbehindertenbeauftragte Joachim Steinbrück. Somit sind private Institutionen, wie zum Beispiel Kinos, nicht gesetzlich verpflichtet, ihre Räumlichkeiten für Rollstuhlfahrer und Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung umzugestalten.
Und auch im öffentlichen Bereich hapert es immer noch an vielen Stellen mit der Barrierefreiheit. Wir haben die wichtigsten Beispiele zusammengetragen.
Von Alice Echtermann
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Foto: Roland Scheitz
Das Forum am Wall: Schon mehrfach hat der WESER-KURIERüber diesen Fall berichtet. Die große Halle in dem historischen Gebäude am Wall, die Restaurants, Cafés und die Stadtbibliothek verbindet, wurde vor einigen Jahren umgestaltet. Doch anstatt mehr Barrierefreiheit zu schaffen, wurden Barrieren errichtet, bemängeln die Behindertenverbände in Bremen. Sie haben 2017 Klage gegen die Baubehörde eingereicht und berufen sich dabei auf das Bremische Behindertengleichstellungsgesetz.
Die Gründe: Zuvor war die Stadtbibliothek über zwei Rollstuhlrampen erreichbar, nun gibt es nur noch eine. Die Stelzen des Baumhauses sind weiß gestrichen und heben sich daher nicht genug von der Umgebung ab. Zudem können sich Menschen mit Sehbehinderung den Kopf an der Treppe stoßen (auf dem Foto demonstriert der Landesbehindertenbeauftrage Joachim Steinbrück diese Situation).
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Foto: Christina Kuhaupt
Das Ostertor- / Steintorviertel: Das gesamte "Viertel" sei für Menschen mit Behinderungen voller Barrieren, klagt Andrea Sabellek vom Bremer Verein Selbstbestimmt Leben. "Trotz langjähriger Bemühungen von behinderten Menschen" und "dem einen oder anderen Beschluss des Beirats" sei dort bisher nicht viel passiert. Wege seien für Rollstuhfahrer nur eingeschränkt nutzbar, da sie durch Aufsteller, Tische und Stühle der Gastro-Betriebe oder "wild geparkte Fahrräder" versperrt seien.
Auch bei einer kleinen Umfrage des WESER-KURIER auf Facebook beklagen sich einige Menschen über den Mangel an Barrierefreiheit in diesem Stadtteil, der für viele Bremer ein beliebtes Ausgehziel ist.
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Foto: Roland Scheitz
Besonders die Nebenstraßen im Viertel seien für viele Rollstuhlfahrer nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzbar, erklärt Andrea Sabellek. Der Grund: Viele von ihnen sind mit grobem Kopfsteinpflaster ausgelegt, die Gehwege schmal, uneben und ebenfalls oft zugebaut oder zugestellt.
Ein Problem, das es nicht nur im Viertel gibt, betont auch der Landesbehindertenbeauftragte Joachim Steinbrück. Die alten Stadtteile hätten alle zu enge Gehwege, und die Autofahrer würden ihre Fahrzeuge oft auf dem Bürgersteig aufgesetzt parken.
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Foto: Karsten Maatz
Auch auf der Bürgerweide bereitet das Kopfsteinpflaster Rollstuhlfahrern Probleme, wenn sie Veranstaltungen wie den Freimarkt, den Flohmarkt oder die Osterwiese besuchen möchten. Vor Ort ist die Pflasterung sehr unterschiedlich: Während an einigen Stellen schon flache Steine verlegt wurden, liegt an anderen Ecken der Bürgerweide noch rundes Kopfsteinpflaster. "Für Rollstuhlfahrer mit manuellem Rollstuhl eine reine Katastrophe", findet die 32-jährige Rollstuhlfahrerin Camilla B. aus Bremen. Denn trotz ihrer Körperbehinderung würde sie natürlich gerne mit Freunden den Freimarkt besuchen.
2017 begleiteten wir bei einer Reportage zwei Rollstuhlfahrer über den Freimarkt, ihre Erfahrungen können Siehier nachlesen.
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Foto: Frank Thomas Koch
Die Schlachte: Der Zugang zur Promenade am Weserufer bereitet Rollstuhlfahrern Probleme, berichtet eine andere Bremerin auf Facebook. Denn nur wenige barrierefreie Zugänge führen hinunter ans Wasser – und diese liegen sehr weit auseinander. Zwischen den Rampen an der Kirche St. Martini und bei Radio Bremen muss man zum Beispiel über einen Kilometer zurücklegen und dabei mehrere Kreuzungen überqueren. Schon normal zu Fuß braucht man dafür ungefähr 15 Minuten.
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Foto: Christina Kuhaupt
Auch beim weihnachtlichen Schlachtezauber fühlen sich Menschen mit Behinderungen benachteiligt. Viele der Buden sind nur über eine oder mehrere Stufen erreichbar, und zudem sei der Untergrund aus Kies oder Sand für Rollstuhlfahrer schwer befahrbar, sagt Andrea Sabellek vom Verein Selbstbestimmt Leben.
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Foto: Alice Echtermann
Bordsteinkanten: An unzähligen Orten in Bremen seien die Bordsteinkanten zu hoch und nicht an genügend Stellen abgesenkt, kritisieren die Betroffenen. Ein Beispiel, das sie nennen, ist der Bordstein an der Domsheide vor der Glocke. An den Seiten läuft er zwar ebenerdig aus, doch die Strecke dazwischen sei zu lang, schreibt eine Facebook-Nutzerin.
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Foto: Christina Kuhaupt
Die Domsheide: Der Verkehrsknotenpunkt ist nach Ansicht von Joachim Steinbrück (Foto) eine Gefahrenquelle. Die Überquerung der Schienen sei zu eng und werde von Fußgängern und Radfahrern gleichermaßen genutzt. Und auch mit dem Blindenleitsystem gibt es Probleme. Insgesamt sei das Konzept der Barrierefreiheit an der Domsheide "Flickwerk", so Steinbrück. Mehr dazu lesen Sie hier in unserem Artikel.
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Foto: Frank Thomas Koch
Kinos: Viele Kinos in Bremen sind nicht barrierefrei. Das Cinemaxx am Hauptbahnhof ist zwar für Rollstuhlfahrer nutzbar; es verfügt über einen Fahrstuhl. Dennoch sei es ärgerlich, dass sie als Rollstuhlfahrerin nur ganz vorne, also noch vor der ersten Reihe sitzen könne, findet zum Beispiel Camilla B..
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Foto: Lennart Helal
In den Programmkinos werde es noch schwieriger, berichtet Andrea Sabellek vom Verein Selbstbestimmt Leben. So seien die Kinos "Schauburg" und "Atlantis" überhaupt nicht barrierefrei zugänglich. Bei der Schauburg zum Beispiel muss man zum Kinosaal ins Obergeschoss gehen, wohin nur Treppen führen. Ins "Cinema" komme man nur umständlich über einen Hintereingang in der Bernhardstraße, nach vorheriger Anmeldung.
An dieser Lage wird sich jedoch so bald nichts ändern: Die Kinos müssen nicht umgebaut werden. Denn die Gebäude fallen unter den Bestandsschutz, da sie vor 2003 erbaut wurden. "Andere Länder sind da schon viel weiter", sagt Joachim Steinbrück. In Deutschland gebe es keine Übergangsfristen, keine Subventionen des Staates für Umbauten alter Gebäude. Das stehe im Widerspruch zu dem Anspruch, allen Menschen die Teilnahme am öffentlichen Leben zu ermöglichen.
Die Bremerin Camilla B. sieht ähnliche Probleme auch bei Restaurants oder Bars in Bremen, zum Beispiel der "Heldenbar" im Viertel, die ebenfalls im ersten Stock liegt, oder dem Bremer Ratskeller. Sie weiß, dass die Betreiber nicht verpflichtet sind, die Gebäude umzugestalten und dass dies auch nicht immer umsetzbar ist. Dennoch finde sie diese Barrieren "sehr schade", sagt die junge Frau.
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Foto: Frank Thomas Koch
Ampeln: Viele Straßenübergänge in Bremen seien nicht barrierefrei, kritisieren Nutzer auf Facebook. Es gebe zum Beispiel oft keine abgesenkten Bordsteinkanten.
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Foto: Frank Thomas Koch
Am Bremer Hauptbahnhof ist immer viel los. Für Menschen mit Behinderungen wird ein Besuch daher zur großen Herausforderung. Zwar gibt es hier abgesenkte Bordsteine und Blindenleitlinien, aber die Bahnsteige der Straßenbahnen seien viel zu eng, bemängelt der Landesbehindertenbeauftragte Joachim Steinbrück. Und auch die Kapazität der Aufzüge im Inneren des Bahnhofs reiche oft nicht aus. Viele Menschen mit Gepäck nutzten sie ebenfalls, sodass zum Beispiel Rollstuhlfahrer aufgehalten würden. Wer schnell seinen Zug erwischen muss, hat oft das Nachsehen.
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Foto: Petra Stubbe
Die Regionalbahnhöfe: An den Bahnhöfen in Sebaldsbrück (Foto) und Hemelingen sind die Bahnsteige nicht über Fahrstühle erreichbar. Lediglich Treppen führen hinauf, was Rollstuhlfahrern den Zugang sehr erschwert. Auch der Bahnhof in Oberneuland ist in dieser Übersicht des VBNals nicht-barrierefrei für Rollstuhlfahrer angegeben.
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Foto: FR
Straßenbahn-Haltestellen: Kritik gibt es auch an Haltestellen von Bus und Straßenbahn in Bremen. Hier hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Ein Beispiel für eine der letzten nicht-barrierefreien Haltestellen in Bremen ist die Bardenflethstraße (Foto), deren Bahnsteig schlecht beleuchtet und nur über steile Treppen und Rampen erreichbar ist. Diese Haltestelle soll nun saniert werden, das Geld dafür steht im Haushalt für 2018/2019 bereit (wir berichteten).
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Foto: Alice Echtermann
Schwingtüren ohne elektronischen Öffner: Die Türen der großen Kaufhäuser Karstadt und Galeria Kaufhof in der Bremer Innenstadt öffnen sich nicht elektrisch, sondern müssen von Hand aufgedrückt werden – für Rollstuhlfahrer eine unmögliche Aufgabe. Sie sind auf Hilfe angewiesen, insbesondere im Winter, wenn die Türen wegen der Kälte meist nicht permanent offen stehen können. Solche Schwingtüren finden sich in den meisten Geschäften in der Innenstadt.
Die Kaufhäuser wurden vor 2003 errichtet, fallen also wie die Kinos unter den Bestandsschutz. Es sei dem guten Willen der Betreiber überlassen, Automatiktüren einzubauen, erklärt Joachim Steinbrück. "Es wäre schön, wenn eine Änderung in das Gesetz aufgenommen würde", sagt er. Natürlich müsse man in jedem Einzelfall abwägen. Es gehe ihm nicht darum, das historische Erscheinungsbild der Stadt zu zerstören, so Steinbrück. Sein Ziel ist es, es mit der Barrierefreiheit in Einklang zu bringen. Im Zweifel müsse aber der Denkmalschutz hinter dem Grundrecht auf Mobilität zurücktreten. Sich dafür einzusetzen, sei sein "tägliches Brot und täglicher Kampf".
Wenn Sie auch noch Hinweise zu nicht-barrierefreien, öffentlichen Orten in Bremen haben, schreiben Sie uns gerne und schicken ein Foto an onlineredaktion(at)weser-kurier.de.
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adagiobarber am 13.02.2018, 19:31
so ist das nunmal in bremen ...
du bist rolli-fahrer.
kein problem dein besuch beim finanzamt zur pünktlichen abgabe der steuererklärung.
es gibt einen schicken lift für dich und deinen rolli.
doch, oh' schreck !
du hast eine steuerrückerstattung und willst mit den freunden im bremer ratskeller 'auf einen schoppen' anstoßen.
da kommst du nimmer rein !
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du bist rolli-fahrer.
kein problem dein besuch beim finanzamt zur pünktlichen abgabe der steuererklärung.
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doch, oh' schreck !
du hast eine steuerrückerstattung und willst mit den freunden im bremer ratskeller 'auf einen schoppen' anstoßen.
da kommst du nimmer rein !
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