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Debatte über Fleischkonsum Bremer Stimmen zur Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch
Ob Tierwohl oder Klimaschutz – für einen bewussteren Konsum von Fleischprodukten und eine Neuausrichtung der Produktion sprechen unterschiedliche Argumente. Doch über den Weg ist man sich bislang uneins. Nun haben Politiker verschiedener Parteien eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ins Gespräch gebracht. Derzeit wird auf Fleisch nur der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent erhoben, während andere Lebensmittel zum Teil mit 19 Prozent besteuert werden.
Was die Fraktionen in der Bremischen Bürgerschaft zu dem Reizthema sagen und wie sich Verbände, Vereine und Biobauern aus der Region positionieren, erfahren Sie in unserer Fotostrecke.
Von Jakob Milzner
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Foto: CDU Bremen
Frank Imhoff (CDU) ist nicht nur Präsident der Bremischen Bürgerschaft und Fraktionssprecher für Umwelt und Landwirtschaft, sondern seit 1996 auch als selbstständiger Landwirt tätig. Bei der Diskussion müssten "Belange des Tier-, Pflanzen- und Naturschutzes ebenso berücksichtigt werden, wie die wirtschaftliche Situation der bäuerlichen Erzeugerbetriebe“, sagt Imhoff. „Eine Mehrwertsteuererhöhung halten wir nicht für den geeigneten Weg, da die Steuermehreinnahmen weder zweckgebunden für den Tier- und Naturschutz eingesetzt werden können, noch den bäuerlichen Betrieben nutzen.“
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Foto: SPD Bremen
Janina Brünjes (SPD) ist Abgeordnete in der Bremischen Bürgerschaft und designierte Sprecherin für Tierschutz. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch würde nur noch mehr Unordnung in die Besteuerung von Lebensmitteln bringen, sagt Brünjes: „Eine Lösung im ökologischen und tierwohlorientierten Sinne gelingt nicht durch eine pauschale Erhöhung der Steuer auf Fleisch, sondern dadurch, dass nur noch solche Landwirtschaftsbetriebe von Fördermaßnahmen profitieren, die Ökologie- und Tierschutzkriterien erfüllen. Dies hätte zur Folge, dass ökologisches Fleisch günstiger wird und dass auch Familien bzw. Personen mit geringeren Einkommen es sich leisten können.“
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Foto: Verbraucherzentrale Bremen
Auch Sonja Pannenbecker von der Verbraucherzentrale Bremen sieht in einer Erhöhung der Mehrwertsteuer keine ideale Lösung und fordert stattdessen ein staatliches Tierwohllabel: „Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch geht nicht unbedingt mit einem höheren Tierschutzstandard einher. Alleinig Verbraucherinnen und Verbraucher würden die Mehrkosten tragen. Verbraucherinnen und Verbraucher, die Fleisch aus tierfreundlichere Haltungsbedingungen kaufen wollen, benötigen eine einfache und verständliche Kennzeichnung der Produkte. Die Priorität sollte daher sein, nun endlich das staatliche Tierwohllabel auf den Weg zu bringen.“
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Foto: Elisa Meyer / Grüne
Philipp Bruck ist Sprecher für Klima-, Energie- und Tierpolitik in der Fraktion der Grünen in der Bremischen Bürgerschaft. Er kritisiert die Agrar-Subventionen und fordert eine CO2-Bepreisung von Tierprodukten: "Der neuste IPCC-Bericht zeigt, dass die Klimaziele ohne mehr pflanzliche Ernährung und deutlich weniger Tierprodukte nicht zu erreichen sind", sagt Bruck. "Politik kann und muss hier tätig werden. Durch Angebote, wie zum Beispiel mehr vegane Alternativen und weniger Fleisch in öffentlichen Mensen, wie wir es in Bremen im Koalitionsvertrag verankert haben. Oder durch das Streichen von Subventionen. Dazu gehört auch der reduzierte Mehrwertsteuersatz für Fleisch und andere Tierprodukte. Es ist absurd, dass zum Beispiel Hafermilch 19 Prozent Mehrwertsteuer kostet und Kuhmilch 7 Prozent."
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Foto: Frank Scheffka / Linke
Tim Ruland ist Pressesprecher der Linke-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft: „Die Erhöhung der Mehrwertsteuer von Fleisch ist keine geeignete Maßnahme, um die Tierhaltung in den landwirtschaftlichen Betrieben zu verbessern oder den klimaschädlichen Verzehr von Fleisch zu reduzieren. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer würde sozial benachteiligte Menschen mit geringem Einkommen stärker belasten. Zusätzlich würde das Fleisch aus biologischer Haltung proportional teurer werden als Fleisch aus konventioneller Haltung. Der Tierschutz muss vom Staat durch klare Richtlinien und gezielte Förderpolitik durchgesetzt werden. Dafür können die bereits jetzt schon gezahlten Subventionen an die landwirtschaftlichen Betriebe genutzt werden, damit diese zu einer tiergerechteren Haltung wechseln."
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Foto: Fr
Ullrich Vey vom Biolandhof Blumenthal-Vey spricht sich für besseren Tier- und Klimaschutz aus, erkennt in einer Erhöhung der Mehrwertsteuer aber keine geeignete Maßnahme: "Eine generelle Erhöhung bestraft die Bauern und deren Kunden, die jetzt schon klima- und tiergerecht wirtschaften – unter anderem die 21 Prozent Biolandwirtschaftsbetriebe in der Biostadt Bremen. Die Kuh ist kein Klimakiller, wenn sie artgerecht als Raufutterfresser gehalten und gefüttert wird. Bremen braucht dringend eine Weideprämie", sagt Vey. Dazu müsste der Humusaufbau durch Tierhaltung auf der Weide gefördert werden. Zudem sollten die Pflanzen-Wurzel-Netzwerke im Erdreich erhalten werden, da diese als Kohlenstoffspeicher dienten und zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit beitrügen, sagt Vey.
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Foto: Frank Thomas Koch
Thomas Jürgewitz, Fraktionsvorsitzender der AfD, schreibt: "Manches Politikerhirn leidet scheinbar an den Spätfolgen der BSE-Krise! Steuererhöhungshype zum Schutz vor einer angeblichen Klimakatastrophe, jetzt eine Fleischsteuer! Die rot-grüne Verbotsgesellschaft nimmt wieder volle Fahrt auf! Dabei sind die Politker verantwortlich für das Wohl der Tiere, sie machen die Gesetze dazu! Und verantwortlich sind auch die steuersubventionierten Landwirte. Ersteren geht es um Klima-Populismus, Letzteren um Gewinnmaximierung. Tatsächlich ist eine bessere Qualität gerade für deutsche landwirtschaftliche Produkte notwendig! Dann würde der Verbraucher auch angemessene Preise zahlen – und bei Qualität nicht vor allem auf ausländische Produkte zugreifen!"
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Foto: FDP Bremen
Thore Schäck ist finanzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft. Er fordert, die aktuelle Gestaltung der Mehrwertsteuer grundsätzlich zu überdenken: "Eine höhere Steuer auf Fleisch trägt weder zum Tierwohl noch zum Klimaschutz bei. Sie macht das Fleisch einfach nur teurer und belastet die Menschen. Es ist naiv zu glauben, dass die Mehreinnahmen durch eine höhere Steuer für das Wohl der Tiere eingesetzt werden. Im Gegenteil – wie so oft, wird das Geld wahrscheinlich einfach im Bundeshaushalt untergehen. Anstatt noch eine Sonderlösung zu schaffen, sollten wir das Modell der Mehrwertsteuer mit seinen zahlreichen, oft nicht nachvollziehbaren Ermäßigungen grundsätzlich überprüfen und neu aufstellen. Für mehr Tierwohl fordern wir, dass europäische Standards zur Tierhaltung endlich konsequent umgesetzt werden und setzen uns darüber hinaus für eine Aufklärungsinitiative für bewussten Konsum ein.“
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Foto: Bremer Tierschutzverein
Brigitte Wohner-Mäurer vom Tierschutzverein Bremen sieht in einer Erhöhung der Mehrwertsteuer eine mögliche Maßnahme zur Verbesserung des Tierwohls, fordert aber auch weitere Schritte: "Aus unserer Sicht sollte nicht nur die Mehrwertsteuer für Fleisch erhöht werden, das Fleisch selbst sollte viel teurer sein. Es kann nicht sein, dass Millionen Tiere täglich in der Massentierhaltung und auf Tiertransporten unsäglich leiden müssen, nur um die Produkte billig im Handel zu verkaufen. Zudem ist klar erwiesen, dass die Klimakatastrophe nur aufgehalten werden kann, wenn endlich weniger Tiere gezüchtet werden. Die Mehrwertsteuererhöhung wäre zwar ein erster Schritt, reicht aber bei weitem nicht aus. Hier ist dringend ein Umdenken in der Politik, der Landwirtschaft und im Handel gefragt!"
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