
Bremen. Von der Liebe erzählt das Kino seit seiner Geburt oft und gerne. Auch von ihrem Scheitern, den Verletzungen, Qualen, ihrem Umschlagen in Hass. Miriam Bliese nimmt sich des Themas in ihrem Film „Die Einzelteile der Liebe“, bei dem sie für Drehbuch und Regie verantwortlich ist, ebenfalls an. Aber, wie der nüchterne Titel schon andeutet, sie verweigert ihrer Erzählung jegliche Sentimentalität. Dafür gibt es viele lakonische Momentaufnahmen einer Patchworkfamilie.
Sophie (Birte Schnoeink) und Georg (Ole Lagerpusch) lernen sich kennen, als Sophie hochschwanger ist. Der Vater von Jakob ist längst verschwunden, Georg verliebt sich in Sophie und umgekehrt, die beiden ziehen zusammen und Georg ist von nun ein Vater für Jakob. Spannungen gibt es von Anfang an zwischen dem Paar, sie basieren auf den weidlich ausgelebten Egoismen der beiden, und Miriam Bliese verweigert diesen Konflikten jeweils eine Auflösung, indem sie mit fast brutalen Schnitten agiert. Sie steigt einfach abrupt aus, anstatt Szene inhaltlich aufzulösen. Denn das Leben von Sophie, Georg und Jakob ist keine lineare, womöglich ebenmäßige Geschichte. Es besteht aus unfertigen Episoden, die zusammengenommen ein Gefühl von Ratlosigkeit verbreiten: Wie kann die Leidenschaft, die immer wieder heftig aufblitzt, das langfristig aushalten?
Miriam Bliese mischt die Gegenwart mit Rückblenden, die sich immer stärker an das Jetzt heranrobben. Im Jetzt beginnt der Film: Ein Mann steigt mit einem kleinen Jungen in einen weißen Kombi und fährt davon. Die Frau, die den beiden vergeblich hinterher rennt, kann nur noch hilflos „ich hasse dich“ in die Berliner Nacht brüllen. Im Film gibt es viele dieser starken Szenen, in denen Birte Schnoeink und Ole Lagerpusch sich mit Lust an der Eskalation in ein Wechselbad tauchen: Sie küssen und sie schlagen sich, letzteres zumindest verbal. Schnoeink wechselt mühelos von einer stets kurz vor der Ruppigkeit angesiedelten Spröden zu einer Frau, die sich umfassend verletzt in ihr Schneckenhaus verkriecht. Lagerpusch ist der lockere Kumpel, in dem ganz schön viel Aggressivität schlummert.
Die dritte Hauptrolle spielt das weiße Hochhaus im Bezirk Tiergarten, in dem Bliese (fast) den kompletten Film spielen lässt, seine Türen, an denen geklingelt wird, die sich ständig öffnen und schließen. Seine Flure und Rasenflächen, auf denen gestritten und gefeiert wird. Auf einer steht ein Sofa aus Sperrholz, dass Georg seiner Sophie einst als Geburtstagsgeschenk gebaut hat. In einer dieser genau auf den Punkt gespielten Szenen wird es der Schauplatz eines todtraurigen Trennungsgesprächs. Später ist davon nur noch ein kleines Podest übrig, das aber auch noch seinen großen Auftritt bekommt.
Georg und Sophie halten es sechs Jahre miteinander aus. Beide möchten danach, dass Jakob bei ihnen wohnt. Sophies neuer Freund Fred (Andreas Döhler) versucht, in dem erbittert geführten Streit zu vermitteln und die Situation zu befrieden. Das scheint am Ende zu gelingen. Fast.
Der Film ist ab Donnerstag, 29. August, im Cinema Ostertor zu sehen.