
Martialisches Pauken- und Trompetengetöse zu Beginn, dann ein paar zaghafte Streichereinwürfe, die sich zu unbeschwerter, folkloristisch-tänzerischer Melodik ausweiten, bis Blech und Pauken ein finales Basta schmettern. Bedrich Smetanas Festouvertüre in D ist bombastisch, turbulent, eingängig, musikalisch nicht allzu anspruchsvoll. Zum Großen Orchesterkonzert am Sonnabend beim „Sommer in Lesmona“-Festival war es dennoch ein toller Auftakt, zumal blitzsauber intoniert und veredelt durch ein Spitzenorchester wie die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, die erneut unter dem bewährten Dirigat von Jonathan Bloxham mit Enthusiasmus aufspielte.
Auch die Szenerie glich derjenigen des Vorabends: Erneut saßen etwa dreitausend Zuhörer entspannt auf der großen Wiese in Knoops Park, ließen sich von der kurzweilig moderierenden Friederike Westerhaus durch ein vielseitiges Programm geleiten und harrten der Dinge und der Musiker, die noch kommen sollten. Und die kamen. Zum zweiten Mal nach 16 Jahren gastierten die fünf Vollblutmusiker der Band Kolsimcha aus der Schweiz beim Lesmonasommer.
Wen der Smetana noch nicht genug beeindruckt hatte, dem wurde mit Kolsimchas gelungener Klezmer-Jazz-Klassik-Mixtur gehörig eingeheizt. Pianist Oliver Truan hatte einige seiner besten Arrangements dabei. Etwa „Noah“, eine mitreißende Nummer aus stampfenden, vehement drängenden, immer wieder abrupt wechselnden diffizilen Rhythmen. Dazu kamen Flöte und Klarinette, die sich in atemberaubenden, geradezu artistisch anmutenden Koloraturen übten, sich gemeinsam mit der Klavierstimme zurücknahmen bis zum gehauchten Pianissimo, um erneut mit musikantischer Energie bei akzelerierendem Tempo zu eruptieren.
Die eher klassik-erprobten Philharmoniker hielten, wenngleich mehr auf Begleitfunktion reduziert, bestens mit. Sie präsentierten ihre Musikbeispiele in Sachen Lebensfreude mit dem heiteren Finalsatz aus Robert Schumanns Sinfonie Nr. 3, der „Rheinischen“. Und legten gleich noch eins nach mit „Neapolitanisches Volksleben“, einer unterhaltsam lebhaften Komposition (aus der Tondichtung „Aus Italien“), in der Richard Strauss das bekannte „Funiculi, funicula“ in diversen Variationen vorstellt.
Je später der Abend, desto faszinierender die Musik? Zweifellos! Truans „Intermezzo No. 2“ mit ruhigen, weit ausgreifenden Streicherharmonien, danach die traumhaft schönen Klänge seiner Tonmalerei „Jerusalem“, die so unnachahmlich anrührend – zart pulsierend, mit nostalgischem Flair und einem zu Herzen gehenden Klarinettensolo – die spezifische Stimmung dieser Stadt eingefangen hat. Und dazu das Glitzern Hunderter Wunderkerzen im Dunkel der Nacht.
Solch bezaubernd romantische Momente hätte man ewig festhalten mögen. Sie sind es, die den besonderen Charme des Lesmona-Festivals ausmachen. Noch etwas weiter in Richtung Morgenland führten die Philharmoniker mit „Scheherazade“ (4. Satz Allegro molto) von Nikolai Rimski-Korsakow. In ihrer höchst spannungsreichen, klang-üppigen Interpretation aus scharf konturierter Dramatik, aber im Kontrast gleichermaßen jede sensible Nuance sorgsam akzentuierend, erzählten sie auf eindrucksvolle Weise die alte orientalische Mär. Schließlich noch einmal Kolsimcha: mit „Balkan Hora“, einem fetzig-rasanten Rausschmeißer, garantiert mit Ohrwurmpotenzial, mit dem man sich beschwingt auf den Heimweg machen konnte.