
Vor vielen Jahren standen Hajo und Angelika Antpöhler vor einer schweren Entscheidung: Zwei Mappen mit Werken des abstrakten Malers Rupprecht Geiger lagen vor ihnen. Leisten konnten sie sich nur eine. „Aber sie waren beide so schön“, erinnert sich Angelika Antpöhler. Was also tun, wenn man sich nicht entscheiden kann? Man nimmt das Geld, das Mutti einem für eine neue Waschmaschine gegeben hat und kauft beide Mappen. Wer braucht schon saubere Wäsche, wenn er stattdessen großartige Kunst haben kann?
„Unser Lehm ist der Kunz geweint“ lautet der sehr treffende Titel einer Ausstellung mit Werken aus der Sammlung der Bremer Eheleute Hajo und Angelika Antpöhler, die ab sofort in der Kunsthalle zu sehen ist. Denn es ist wohl wirklich die Kunst, die den größten Raum im Leben des Ehepaars eingenommen hat. Bereits 1957, in dem Jahr, in dem sie sich kennenlernten, begannen die Antpöhlers zu sammeln. Nicht einmal ein Jahr nach ihrem ersten Treffen heirateten Hajo Anpöhler und Angelika, die damals noch Dobusch hieß. Ihr erster Ankauf war ein Siebdruck von Karl Hartung. Im Laufe der Jahre hat das Ehepaar – auch ohne große Reichtümer zu besitzen – eine Sammlung von rund 1300 Grafiken und 200 Gemälden, Objekten und Plastiken zusammengekommen, die es 2010 der Kunsthalle Bremen schenkte. Laut Museumsdirektor Christoph Grunenberg zählt die Sammlung Antpöhler zu den größten Schenkungen, die die Kunsthalle erhalten hat.
Kurator Frank Laukötter hat nun eine stilistisch sehr vielseitige Auswahl der Werke in einer Ausstellung zusammengebracht. Warum die Werke so unterschiedlich sind und trotzdem Teil ein und derselben Sammlung wurden, kann Angelika Antpöhler ganz einfach erklären. Sie selbst sei ein sehr unordentlicher Mensch und möge deswegen gerne ordentliche, geometrische Kunst. Ihr Mann, der bereits 2011 verstoben ist, sei das genaue Gegenteil gewesen: Im echten Leben ordentlich, aber seine Kunst durfte gerne etwas chaotischer sein. Und so ist im Laufe der Jahre einiges zusammengekommen, was sich auf den ersten Blick vielleicht widerspricht. Hajo Antpöhler schrieb dazu selbst einmal: „Vom sogenannten Profil halte ich nicht sehr viel (...). Das Leben ist so vielfältig und die Kunst ist so vielfältig, und ich möchte nach Möglichkeit von allem etwas haben (...).“ Antpöhler wollte mehr über die Werke wissen, die er kaufte, sprach oft mit den Künstlern, besuchte sie in in ihren Ateliers. „(...) Für mich ist es sehr wichtig beim Sammeln, dass ich an allem sehr gern Zeitgenosse sein möchte, und nicht im Alter irgendein Buch lese, in dem geschrieben steht, was sich einst alles ereignet hat in der Kunst, als ich noch jung war (...)“. Und so umfasst die Sammlung Werke des Informel, der Künstlergruppen ZERO und CoBrA, Arbeiten des Minimalismus, der Pop-Art sowie Bildhauerzeichnungen und Arbeiten der sogenannten Spurensicherung. Auch Namen wie Gerhard Richter oder Joseph Beuys sind in dieser vielschichtigen Ausstellung zu finden. Genauso wie zahlreiche Werke von Hajo Antpöhler selbst.
Zu jedem Werk falle ihr eine Geschichte ein, sagt Angelika Antpöhler, als sie selbst gedankenversunken durch die Ausstellung schlendert. Irgendwie, sagt sie, wolle man am liebsten einfach hierbleiben. Und so wird es sicher nicht nur der Sammlerin selbst, sondern auch dem einen oder anderen Besucher gehen. Genug zu entdecken gibt es für ein längeres Verweilen allemal.
„Unser Lehm ist der Kunz geweint“. Sammlung Hajo und Angelika Antpöhler. 23. Februar bis 2. Juni in der Kunsthalle, Am Wall 207. Mittwoch bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Dienstag bis 21 Uhr.