
Bremen hat ein neues Ermittlerinnen-Duo. Gemeint sind allerdings nicht Liv Moormann und Linda Selb, die gemeinsam mit Mads Andersen das neue „Tatort“-Team der Hansestadt bilden. Die Rede ist von Kriminalpolizistin Sabine Ylmaz und ihrer jungen Partnerin Diandra Stähljes. Ylmaz und Stähljes machen sich in der Mini-Serie „Polizei“ auf die Suche nach dem Täter in einem Mordfall, der Ylmaz mir ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert. Die Kommissarin gerät in eine Situation, aus der sie ohne die Hilfe ihrer Kollegin nicht mehr herauskommt.
Die Köpfe hinter der Serie sind Daniel Meißner und Julian Wegner. Die beiden haben sich an der Hochschule für Künste kennengelernt. Meißner studiert Integriertes Design, Wegner Digitale Medien. „Polizei“ ist nicht ihr erstes gemeinsames Projekt. Die Idee ist laut Meißner bereits vor einiger Zeit entstanden – und dann für zwei Jahre in der Schublade verschwunden. Nun ist der Pilot Teil seiner Bachelorarbeit, im Januar soll die Produktion beginnen. „Wir drehen die erste Folge so, dass sie auch alleine als Kurzfilm funktioniert“, so der 30-Jährige. Das erste öffentliche Screening finde im April als Teil seiner Abschlusspräsentation statt. „Wir gehen damit auf jeden Fall bei Festivals an den Start und mit etwas Glück wird der Pilot dann vielleicht im Kommunalkino-Programm laufen.“
Um die Serie ganz zu produzieren, werde das Team Förderung beantragen. Geplant sind acht bis zehn Folgen, jeweils in einer Länge von etwa 18 Minuten. Meißner führt Regie, Wegner schreibt das Drehbuch. Die Mini-Serie werde so gestaltet, dass sie auch in den sozialen Medien funktioniere, sagt Meißner. „Einzelne Szenen lassen sich zum Beispiel für Instagram herausschneiden.“ Die ganzen Folgen würden auf Youtube oder IGTV (Instagram-TV) abrufbar sein.
Meißner hat einen Illustrationshintergrund, zum Film ist er erst später gekommen. Darum sind ein wiederkehrendes Element der Serie kurze, animierte Sequenzen – ähnlich wie bei „Werner“. An Krimis werde oft die Forderung gestellt, möglichst nah an der Realität zu sein, die Animationen sollten damit brechen und der Serie eine Portion Witz verpassen. „Am Anfang gab es die Idee, eine Tatort-Parodie zu machen“, sagt Meißner. Inzwischen sei der „Tatort“ aber nur noch eine Inspiration unter vielen.
Und darum geht es in der ersten Folge: Kommissarin Sabine Ylmaz begibt sich in eine Wohnung, in der die Leiche eines unbekannten Mannes gefunden wurde. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass der Mann das Opfer von Bandenkriminalität wurde. Als die Pathologie aber einen Schlüssel in der Leiche findet, tauchen neue Fragen auf: Der Schlüssel gehört zu einem Bankschließfach, in dem die Kommissarin neben einer Menge Bargeld ein paar Handschuhe findet, die sie nicht zum ersten Mal sieht – sie gehören ihrem Verflossenen Gregor Jaan.
Sowohl professionelle Schauspielerinnen als auch Laiendarstellerinnen sind Teil des Casts von „Polizei“. Sabine Peters in der Rolle der Kommissarin Sabine Ylmaz habe Meißner von Anfang an für die Rolle gecastet, Annika Ehlmer als Diandra Stähljes sei etwas später zum Team dazugestoßen. „Die beiden zusammen spielen zu sehen, ist toll“, schwärmt der Regisseur. In weiteren tragenden Rollen sind Linda Blatt-Murso als Pathologin und Marina Köglin als Sekretärin zu sehen. Köglin war bereits vor einem Millionenpublikum unterwegs: 2011 wurde sie im Bremer „Tatort: Stille Wasser“ von ihrem Ehemann ermordet. „Mit ihnen zu arbeiten, macht großen Spaß. Durch ihre langjährige Spielerfahrung sind sie sehr konzentriert“, sagt Meißner.
Der Student stammt ursprünglich aus Köln und ist 2013 in die Hansestadt gezogen. „Julian und ich sind beide keine Bremer und wollten die Stadt durch die Linse neu entdecken.“ Was eignet sich besonders für einen Krimi? Welche bekannten Orte der Stadt dürfen auf keinen Fall fehlen? Auf die Location für das Polizeipräsidium ist der Regisseur Anfang Oktober gestoßen: „Ich hatte gerade meine Tochter vom Kindergarten abgeholt, da ist mir der alte Handyshop am Dobben zum ersten Mal aufgefallen.“ Der gut 20 Quadratmeter große Raum wird seit Juni dieses Jahres vom A-Raum-Kollektiv als Veranstaltungsort genutzt. Das Künstler-Kollektiv will Bremens subkultureller Szene einen Raum geben – und bezieht dafür leer stehende Gebäude. Die Zusammenarbeit findet Meißner nicht nur aus künstlerischer Sicht wichtig, sondern auch, um die Filmszene der Stadt weiter zu vernetzen. „Wir haben ähnliche Ziele“, sagt er.
Das Polizeipräsidium im alten Handyshop ist bereits eingerichtet, denn geplant war der Drehbeginn für Mitte Dezember. Eine der Darstellerin sei aber vor Beginn der Produktion krank geworden, erklärt der Regisseur. „Wir werden das Set Anfang des Jahres noch mal aufbauen.“
Fertig geschrieben sind die einzelnen Folgen von „Polizei“ noch nicht. Ob Ylmaz' Vergangenheit sie am Ende überwältigt oder sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Stähljes den Mordfall lösen können – es bleibt abzuwarten, wie sich Meißner und Wegner entscheiden.