
Von Johann Strauss' „An der schönen blauen Donau“ bis Milows „Ayo Technology“; von Leonard Bernsteins „Mambo“ aus „West Side Story“ bis hin zu Tim Bendzkos „Keine Maschine“: Eine Reise durch die Musikgeschichte verspricht die „Night of the Proms“ (NOTP) seit nunmehr 25 Jahren. Und auch in diesem Dezember tourt die erfolgreiche Veranstaltung wieder durchs Land, um Klassikfans für Pop zu begeistern und Pop-Anhängern Klassik näherzubringen. Aktuell erfolgreiche Musiker treffen auf Stars, die bereits vor einigen Jahrzehnten an der Spitze ihres Ruhmes standen. Begleitet werden sie alle vom 72-köpfigen Antwerp Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Dirigentin Alexandra Arrieche.
Am Sonntag stand Bremen auf dem Tourplan der laut Veranstalter erfolgreichsten Festivaltournee Europas. Nach einem Auftakt durch das Orchester, das durch eine beeindruckende viergeteilte LED-Konstruktion auf der Bühne mal hinter animierten Wellen, mal inmitten einer digitalen Autobahn spielt, startet Flötenmann Gabor Vosteen in den Abend. Der Komiker sorgt während der insgesamt rund dreistündigen Show immer mal wieder für ein paar Lacher, indem er mit Lämmermann-Gedächtnis-Sturmfrisur zum Beispiel fünf Flöten gleichzeitig spielt, oder mit Freiwilligen aus dem Publikum den Flohwalzer zum Besten gibt.
In der ersten Hälfte des Abends stehen zwei aktuelle Künstler auf dem Programm. Den Anfang macht Tim Bendzko, der dem Publikum mit „Keine Maschine“, „Wenn Worte meine Sprache wären“ und „Nur noch kurz die Welt retten“ seine wohl bekanntesten Songs darbietet.
Immer wieder nimmt die NOTP auch Bezug auf musikalische Ereignisse, die das (fast) vergangene Jahr geprägt haben. So feierte man 2017 die Musik aus „La La Land“, in diesem Jahr gibt es eine beeindruckende Darbietung von „Zu Asche, Zu Staub“ aus „Babylon Berlin“, begleitet von Ausschnitten aus der deutschen Erfolgsserie. Nachdem das Orchester „An der schönen blauen Donau“ von Strauss spielte, zu dem auch einige Paare im Saal spontan einen Walzer in den Gängen tanzten, taucht der belgische Singer-Songwriter Milow inmitten des Publikums auf und gibt mit Gitarre in der Hand seinen Song „You don't know“ zum Besten, bevor er für den Rest seines Auftritts (der beim Publikum zu Recht besonders gut ankam) auf die Bühne wechselt. Der Zuschauerraum wird dank bereitgelegter Lämpchen im Laufe des Abends immer wieder in ein buntes Lichtermeer verwandelt, das neben der modernen Technik und den hochprofessionellen Musikern für die richtige Atmosphäre sorgt.
Nach der Pause ist im Zuschauerraum an Sitzen nicht mehr zu denken, denn die Pointer Sisters sind an der Reihe. In bunten Paillettenkleidern singt das Trio, von dessen Gründungsmitgliedern nur noch Anita Pointer dabei ist, neben einem Medley auch die Hits „Fire“ und „I'm So Excited“. Ein Auftritt, der viel zu schnell vergeht. Mit Bryan Ferry geht es zum Ende des Abends dann wieder etwas ruhiger zu, seine Songs, darunter „Slave To Love“ oder „Jealous Guy“, werden dennoch ekstatisch gefeiert.
Und natürlich darf auch in diesem Jahr der Mann nicht fehlen, der als Vater der NOTP gilt: John Miles. "Are you ready? (Seid ihr bereit?), fragt er das Publikum, während er sich an ein weißes Klavier setzt. Die Antwort aus dem Publikum ist ein lautes "Ja", denn alle wissen, was nun kommt. Und schon erfüllen die ersten Klänge von "Music" die Arena, jenem Song, der sich mittlerweile zu einer Art Hymne der Veranstaltung entwickelt hat. Miles lässt sich ausgiebig feiern und sorgt anschließend für einen der größten Gänsehautmomente des Abends: Mit einem Cover des Songs "Wake Me Up" des in diesem Jahr mit gerade einmal 28 Jahren verstorbenen schwedischen DJs Avicii. Der Text der Nummer ist jetzt, nach Aviciis Tod, sowieso schon mit viel mehr Bedeutung aufgeladen ("Weck mich auf, wenn alles vorbei ist, wenn ich weiser und älter bin" oder "ich habe versucht, das Gewicht der Welt zu tragen, aber ich habe nur zwei Hände"). Miles macht aus der elektronischen Up-Tempo-Nummer eine gefühlvolle Ballade, wodurch der Inhalt des Liedes erst recht berührt.
Und – regelmäßige Proms-Besucher kennen das – zum großen Finale versammeln sich alle Stars des Abends für einen Song auf der Bühne. Diesen, erzählt Moderator Stefan Frech, habe in diesem Jahr John Miles aussuchen dürfen, obwohl viele Künstler Vorschläge gehabt hätten. Doch Miles bekam den Zuschlag, da er sich beim „Schnick, Schnack, Schnuck“ durchsetzen konnte. Seine Wahl: „Hey Jude“ von den Beatles. Ein gelungener Abschluss für einen sowieso rundum gelungenen Showabend auf höchstem Niveau.
Der Kartenvorverkauf für „Night of the Proms 2019“ hat bereits begonnen. Wer im kommenden Jahr zu Gast sein wird, ist allerdings noch nicht bekannt.