
Waschtinkndiso." So lautet der erste Satz von „Zazie in der Metro“, 2019er-Edition, im Original vor 60 Jahren erschienen. Zum Jubiläum ist das berühmteste Buch Raymond Queneaus in einer neuen Übersetzung von Frank Heibert veröffentlicht worden. Und die ist zum Niederknien – sie hätte Queneau, als Surrealist jedem Unsinn maximal zugeneigt, gefallen. Heibert hat die Abenteuer des Teenagers Zazie in der Großstadt Paris nicht einfach in moderne Sprache übertragen. Er hat die linguistischen Spielereien und historischen wie literarischen Horizontal-, Vertikal-und Querverweise des Originals für das Deutsche neu erfunden.
„Waschtinkndiso“ also nuschelt Zazies Onkel Gabriel – „was stinkt denn die so“ hieße das, notierte man es korrekt. Die Lautschrift wörtlicher Rede ist eines der Kunststücke, an denen man sich im Roman ergötzen kann und die seine groteske Atmosphäre und sein hohes Tempo ausmachen. Bei Raymond Queneau war schon im Original kein Halten, was das sprachliche Sprühen anging, Frank Heibert sind bei seiner Übertragung Sätze und Begrifflichkeiten wie Wunderkerzen gelungen. Gipsnich gipsnich, um im Jargon zu bleiben. Was auch bedeutet, dass er die derben Zoten nicht unterschlägt, die heute eher peinlich-verschwiemelt wirken; da merkt man dem Roman sein Alter und dem Autor seinen Machismo an.
Um was geht es? Zazie wird von ihrer Mutter Jeanne Grossestittes (Achtung, Vulgär-Wortspiel) für ein Wochenende in Paris ihrem Onkel übergeben. Jeanne möchte sich mit ihrem Liebhaber vergnügen. Zazie ist alles andere als ein stilles Wasser aus der Provinz. Sie hat die Nachstellungen ihres Vaters abwehren müssen und sich eine Rotzfrechheit und Neunmalklugheit angewöhnt, mit der sie die Erwachsenen gehörig durcheinander bringt.
Das will was heißen, denn das Ganze spielt in einem schrägen Milieu. Gabriel tanzt im Tütü in einer Transvestitenbar, wohnt über einer anderen Spelunke mit seiner Frau Marceline – ob die wirklich eine Frau ist, weiß man schlussendlich nicht so genau. Zazies einziger Wunsch ist es, mit der Metro zu fahren, dafür büxt sie sogar aus. Doch umsonst: Die Metro wird bestreikt, stattdessen macht Zazie die Bekanntschaft zwielichtiger Gestalten. In der Neuübersetzung, die auch eine ergänzte Fassung ist, kommt Zazie übrigens tatsächlich zum Zug.
Raymond Queneau: Zazie in der Metro. Aus dem Französischen übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen von Frank Heibert. Suhrkamp Insel, Berlin. 240 Seiten, 22 €.
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