
Hamburg/Bremen. Jetzt ma‘ Butter bei die Fische: Wer in Hamburg unterwegs ist, der kommt an gewissen Ausdrücken nicht vorbei. „Moin Moin“ dürften die meisten noch verstehen – aber was verbirgt sich hinter der Redewendung „Scheun greun but’n Dammtor“? In seinem Buch „So snackt Hamburg“ erklärt Daniel Tilgner rund 600 Wörter, Begriffe und Redewendungen aus der Hansestadt.
Entstanden ist der Hamburger Dialekt, als Plattdeutsch als Verkehrssprache immer mehr durch Hochdeutsch ersetzt wurde. Dass ausgerechnet Tilgner sich damit so gut auskennt, ist auf den ersten Blick höchst verwunderlich, denn geboren wurde er 1965 in Bremen. Ende der Achtziger zog er für eine Lehre zum Werkzeugmechaniker an die Elbe und war schnell begeistert von der Stadt. „Natürlich wurde ich bei der Arbeit für mein Bremer Hochdeutsch am Anfang ordentlich aufgezogen, aber man hat mich unheimlich herzlich aufgenommen. Seitdem liebe ich Hamburg und seinen ‚Snack‘. Was da in der Werkstatt geredet wurde – unglaublich. Ich habe mir damals schon Notizen gemacht.“
Während seines Geschichtsstudiums war Tilgner dann als Hilfskraft in der „Arbeitsstelle für Hamburgische Geschichte“ der Universität Hamburg beschäftigt und Mitherausgeber des „Hamburg Lexikon“, für das rund 49 Wissenschaftler Hamburger Begriffe zusammentrugen. „Damals begegneten mir so viele lustige Ausdrücke, die wir dort aber nicht reinnehmen konnten, dass ich zusätzlich das „Kleine Lexikon Hamburger Begriffe“ veröffentlichte“, erzählt Tilgner, der inzwischen wieder in Bremen lebt und als Referatsleiter und Landesfilmarchivar im Zentrum für Medien arbeitet. Das Buch wurde zu einem kleinen Dauerbrenner mit elf Auflagen. So entstand die Idee, 20 Jahre später mit „So snackt Hamburg“ eine neue und überarbeitete Version auf den Markt zu bringen.
Inspiration holte Tilgner sich natürlich vor Ort in Hamburg: Er ging spazieren, auf Märkte, fuhr U-Bahn – und stellte schnell fest, dass sich seit damals eine Menge verändert hat. „Hamburg hat sich in diesen 20 Jahren total neu entwickelt“, sagt er. „Alte Begriffe verschwinden, aber dafür sind neue hinzugekommen.“ Der Ausdruck „Ahnma“, den die Beginner 2016 in die ganze Republik trugen, darf in seinem Buch natürlich ebenso wenig fehlen wie die „Elphi“ – auch bekannt als Elbphilharmonie. Die Leser erfahren aber auch, warum Norddeutschlands größtes Volksfest auf dem Heiligengeistfeld „Dom“ heißt, dass es sich bei Hamburger Speck um „Schnoopkram“ handelt und „Hummel, Hummel! Mord, Mors!“ ein alter Schlachtruf ist.
Verpackt hat Tilgner die Begriffe oft in humorvollen Geschichten, 74 Abbildungen ergänzen die Texte. Ihm gehe es darum, mit dem Buch die Seele der Stadt einzufangen, sagt er. „Dieses Buch ist für mich eine Herzensangelegenheit, es ist meine Liebeserklärung an Hamburg. Aber ich habe auch schon mal den Affen im Schwitzkasten und stopfe ihm sprichwörtlich Zucker rein.“
Zum Beispiel mit dem Stichwort „Piep piep piep“. Das akustische Warnsignal, das das Schließen der Türen in S- und U-Bahnen ankündigt, baute Tilgner deshalb ein, damit er nicht auf den von ihm so geliebten „Haubano“ verzichten musste. Früher erfolgten die ‚Nächste Station‘-Ansagen in Hamburgs Zügen noch mündlich über die knackenden Wagenlautsprecher und die bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Wortleiche hat es Tilgner besonders angetan. „Diese Maulfaulheit ist herrlich“, schwärmt er. „Überhaupt ist der breite Hamburger Straßenjargon einfach wahnsinnig gemütlich – und gleichzeitig sehr selbstbewusst. Man spürt die Kraft, wenn die Stadt jedes Ranking gewinnt.“
Und was heißt nun „Scheun greun but'n Dammdoor“? „Das ist eine meiner absoluten Lieblingsphrasen“, so Tilgner. „Hamburg war damals da zu Ende, wo die Befestigung aufhörte und die Leute sind vors Dammtor gegangen, weil es da so schön grün war. Scheun greun but'n Dammtor war eine Spaziergangsaufforderung.“
„So snackt Hamburg“ ist im Ellert & Richter Verlag erschienen.