
Sollte eines schönen Tages ein Preis für die treuesten Seelen ausgelobt werden, mithin für Sänger, die Bremen alle Jahre, ach was: alle Monate wieder beehren, wäre die Anzahl der Konkurrenten beachtlich. Zu ihnen zählt der in Ehren ergraute Politbarde Konstantin Wecker, der am 5. Oktober dem Bremer Konzerthaus Glocke seine Aufwartung macht, der gewitzte Liedermacher Bernd Begemann, der am 22. Dezember im Tower konzertiert, sowie der unvermeidliche Jan Plewka: Am 29. November gastiert der in Würde gealterte Grunge-Kreative, dessen nervöse Energie jeden Auftritt zum Ereignis macht, mit seiner Bezugsgruppe, der Band Selig, im Modernes, um das neue Album „Kashmir Karma“ vorzustellen. Als Solist ist der wandelbare Charismatiker, der auch regelmäßig mit Simon-und-Garfunkel-Songs tourt, am 16. Dezember im Schlachthof zu erleben, wo er – einmal mehr – sein anrührendes Rio-Reiser-Programm zu Gehör bringt.
Weil dieser sogenannte Sommer in Bremen und umzu einem grün gestrichenen Herbst gleicht (vgl. Heinrich Heine), dürfen wir getrost auch schon spätsommerliche Gigs einem Konzertherbst zuschlagen, der mit einiger Sicherheit heißer wird als die unterkühlten Temperaturen bei der Eröffnung des Musikfestes Bremen. Zu den Höhepunkten in der Region ist unbedingt der Open-Air-Auftritt der Rockband Fury in the Slaughterhouse am kommenden Wochenende in Osterholz-Scharmbeck zu rechnen (26. August, Freigelände an der Stadthalle). Kleiner Trost für an diesem Datum verhinderte Fans von „Time to Wonder“ und Konsorten: Fury bestreiten ein weiteres Konzert – am 8. November in der Glocke. Es ist dies keine schnöde inhaltliche Wiederholung des OHZ-Gigs wegen des mutmaßlich großen Erfolges; vielmehr steht ein minimalistischer Auftritt unter dem Leitwort „Live & Acoustic“ im Zuge einer „Little Big World Tour“ zu erwarten.
Beatsteaks im Tower, Bela B. im Lagerhaus
Bereits in wenigen Tagen gibt mit den Beatsteaks die hierzulande gegenwärtig meistgefeierte Punkrockband ein wesernahes Gastspiel: Die Beatsteaks gastieren an diesem Mittwoch im Tower. Ungleich empfindsamer kommt die Protagonistin eines September-Höhepunkts daher: Alin Coen und ihre auf Songs zwischen Folk und Pop abonnierte Band, spielen am 20. des Monats, mithin zwei Tage vor Herbstbeginn, im Modernes. Einen Tag vor der Bundestagswahl, also am 23. September, kommt Bela B. samt illustrer Begleitung mit Liedern seines neuen Albums „Bastard“ zu einer konzertanten Stippvisite ins Lagerhaus.
Das Oktober-Programm gibt sich zunächst saisonal besinnlich: Am 4. des Monats macht der offenbar unverwüstliche Reinhard Mey im Zuge seiner „Mr. Lee“ betitelten Tournee Halt in Halle 7. Am 10. Oktober wiederum kommt der charmante Singer/Songwriter Philipp Dittberner („Wolke 4“), der gerade im vergangenen Herbst im Modernes auftrat, zu einem weiteren Gastspiel nach Bremen; diesmal in den Schlachthof. Dorthin zieht es am 26. Oktober auch die virtuosen Bläser von LaBrassBanda. Die Gruppe, die vom bajuwarischen Chiemsee und doch aus Übersee stammt, zelebriert ihr zehnjähriges, nun ja, Betriebsjubiläum. Gleichfalls rasant dürfte es am 27. Oktober in der ÖVB-Arena zugehen, wenn die fünf Jungs von Kraftklub („Ich will nicht nach Berlin“) mit ihrem druckvollen Hochgeschwindigkeitsmusikmix aus Punkrock und HipHop auf ihrer kalauernd „Keine Nacht für Niemand“ benannten Tour Station in Bremen machen.
Ihr Debütalbum „Querfeldein“ stellt die Ravensburger Sängerin Lotte, die bereits bei der jüngsten Breminale zu hören war, am 1. November im Tower vor. Derdeutschsprachige Star der Stunde trägt den kuriosen Namen Wincent Weiß – und tritt am 2. November im Aladin auf (nachdem der Schlachthof zu eng zu werden drohte). Es soll zwar Menschen geben, die seinen jähen Charterfolg „Musik sein“ als gefühlsduselige Zumutung empfinden; aber die können an diesem Abend ja ins Lagerhaus gehen, um härterer Klänge und Reime teilhaftig zu werden, wenn dort scheppernd die Rapper Chakuza und Bizzy Montana auftreten. Ausgesprochen emotional dürfte es zwei Tage darauf in der ÖVB-Arena zugehen, wenn mit Adel Tawil („Ist da jemand“) ein vormaliges Boygroup-Mitglied auftritt (The Boyz), das durch seine Zusammenarbeit mit Annette Humpe (im Duo Ich + Ich) mächtigen Karriereauftrieb bekommen hat.
Casper vs. Johannes Oerding
Prinzipiell ins gleiche gefühlige Horn stößt Max Giesinger („Roulette“), der am 12. November den Pier 2 beschallt. Am 21. November gastiert die wunderbare Soulsängerin Joy Denalane im Bremer Musical-Theater; tags darauf werben dann der Deutsch-Rapper Casper in der ÖVB-Arena und der Liedermacher Johannes Oerding im Pier 2 um die Gunst des Publikums. Ebenfalls im Pier 2 tritt am 24. November Fritz Kalkbrenner auf, um sein neues Album „Grand Départ“ vorzustellen.
Zwei späte Glanzlichter dieses Konzertherbstes haben sich für Dezember angekündigt: Marteria, Rapper und Ex-Model aus Rostock, kommt am 1. des Monats mit seinem neuen Album „Roswell“, also auch mit der drolligen Single „El Presidente“ in die ÖVB-Arena. Am darauffolgenden Abend rekonstruiert der deutsche Reggae-Sänger Gentleman im Pier 2 seinen aparten Auftritt in der TV-Konzertreihe „MTV unplugged“. Angesagt hat sich auch der Soulsänger Xavier Naidoo: Falls ihm Drogen oder/und randständiger Polit-Populismus nicht die Sinne vernebeln, ist er am 11. Dezember in der ÖVB-Arena im Wort.