
Ein gutes Omen, so scheint es: Dreimal ist Bremer Recht, und Stefanie Heinzmann absolviert im Modernes bereits ihr drittes Konzert in der Neustadt. Weil die 30-jährige Schweizerin, die gegen 20.45 Uhr gemeinsam mit ihren, wie sie mehrfach schwärmt, „unfassbar guten Musikern“ die Bühne betritt, nicht nur über eine beachtliche Soulsingstimme verfügt, sondern ihren Fans in dem bestens besuchten Musikclub auch viel, sogar sehr viel zu sagen hat, bleibt so gut wie nichts unkommentiert an diesem sehr speziellen Abend.
Nicht das spezielle Gefälle der geschätzten Location, das es ihr sozusagen ermögliche, jeden Besucher im Raum persönlich zu begrüßen. Nicht jene drallen und farbsatten Ballons, die schon nach wenigen Songs über den Köpfen und in den Händen des mitmachwilligen Auditoriums für gelöste Stimmung und zugewandte Formen der Kontaktaufnahme sorgen. Nicht die kleinen und großen Krisen dieser Welt. Und schon gar nicht das Licht und die Hoffnung und die Zuversicht und jene allumfassende Liebe, dessen handelsüblichem Symbol, dem Herz, die Walliserin mit einschlägigen Gesten ihrer Hände wiederholt zu, nun ja herzerwärmenden Auftritten verhilft. Im Gegenzug spart auch das geneigte Bremer Publikum nicht mit Zuwendungsbekundungen.
„All We Need Is Love“ heißt folgerichtig Heinzmanns jüngstes Studioalbum – das fünfte –, und zwingender als es die auf überbordende Eloquenz und emotionalen Überschwang abonnierte Stefanie Heinzmann praktiziert, lässt sich diese Frohbotschaft kaum vermitteln. „Ich laber' mal wieder bis zum Ende des Universums“, sagt sie einmal, ohne dass sich im Modernes nennenswerter Widerspruch regen würde.
Man ahnt: Die mitteilsame junge Frau, die im Januar 2008 Stefan Raabs telegene Castingshow „SSDSDSSWEMUGABRTLAD“ („Stefan sucht den Superstar, der singen soll, was er möchte, und gerne auch bei RTL auftreten darf!“) gewann, muss in ihrer Karriere schwierige Zeiten des Zauderns und Haderns gemeistert haben (tatsächlich hat sie dem Vernehmen nach zeitweilig erwogen auf Hebamme oder Schreinerin umzusatteln). Anderenfalls würde sie nicht weite Passagen des Konzerts mit vertraulichen Ansprachen („Meine Lieben“) sowie mit Aufmunterungs-, Befindlichkeits- und Weltverbesserungsrhetorik garnieren.
Dankenswerterweise nimmt die Künstlerin ihre bisweilen übergriffig anmutende Offenheitsoffensive im Laufe des Abends manches Mal zurück, indem sie beispielsweise zu scherzen beliebt. Etwa über Radiomoderatoren, die ihren Song „Build a house“ so aussprechen, als laute sein Titel Bilderhaus.
Gesungen wird glücklicherweise auch. Und das kann die neuerdings blondierte Stefanie Fabienne Heinzmann nun wirklich ausgesprochen gut. Vor allem treibende Rocksongs mit balladesken Zwischentönen wie „Mother's Heart“, „Shadows“ und „Brave“, eine weitere Hymne an die Selbstermächtigung, feiert die Menge ausgelassen.
Ihre siebenköpfige Begleitband macht schon in den ersten Tagen der November-Tournee durch Deutschland und die Schweiz einen prima Job. Aktuelle Nummern interpretieren die schwarz gewandeten Männer ebenso leichthändig wie umjubelte Repertoire-Klassiker à la „In The End“ und „Diggin' In The Dirt“.
Die Zeremonienmeisterin, die zur gleichfalls schwarzen Hose in Bremen ein weißes Oberteil trägt, erweist sich trotz der vergleichsweise vollen Bühne als sehr agil und überdies als effiziente Animateurin, was die Unterstützung durch das Auditorium anbelangt. Was will man mehr? Der Rest ist Schwelgen und Konfetti, Trubel und ganz viel Liebe.