
Bremen. Das Warten war lang, doch es hat sich gelohnt: Mehr als ein Jahr, nachdem das französische Entwicklerstudio Dontnod Entertainment die erste Episode zu „Life is Strange 2“ veröffentlicht hatte, ist das narrative Abenteuer nun mit Teil fünf zu einem würdigen Ende gekommen.
Wobei: Ob das Ende gefällt, dürfte auch von der erlebten Handlung abhängen. Denn erfahrbar sind vier verschiedene Varianten, die von den getroffenen Entscheidungen in den vorherigen Episoden abhängen.
Mit diesem Konzept hat Dontnod mit dem Vorgänger um die Schülerin Max Caulfield einen Überraschungserfolg gefeiert und kurzerhand zwei Fortsetzungen hinterhergeschoben. Im zweiten Teil betreten nun die Brüder Sean und Daniel aus Seattle, Söhne eines mexikanischen Einwanderers, in einem ganz neuen Szenario die Bildfläche.
Der Spieler übernimmt die Rolle des älteren Bruders Dean, 16 Jahre, dessen Leben mit einem Mal komplett aus den Fugen gerät: In einem Nachbarschaftsstreit wird sein Vater von einem Polizisten erschossen. In der Folge entfaltet der neunjährige Daniel übernatürliche Kräfte, durch die der Polizist getötet wird und durch die die Brüder ins Visier der Ermittler gelangen. Aus Angst, dass ihnen niemand die Wahrheit glauben könnte, flüchten die beiden. Das Ziel: der Heimatort des Vaters in Mexiko.
Ohne eine Unterkunft zu haben, schlagen sich die Brüder wochenlang durch die Wildnis und werden dabei immer wieder vor moralische Dilemmata gestellt, etwa ob sie angesichts fehlender nun Nahrung klauen sollen oder lieber hungern. Entscheidungen, die der Spieler zu treffen hat und von denen die weitere Handlung abhängt.
Ist das Konzept von „Life is Strange 2“ dem des Vorgängers ähnlich, gibt es doch einen gravierenden Unterschied. Denn konnte der Spieler als Max noch selbst die zurückliegende Entscheidung durch eine kurze Zeitreise revidieren, hat er nun keinen direkten Einfluss mehr auf die Superkraft. Sean bleibt nur die Möglichkeit, seinen Bruder zu bitten, diese einzusetzen – oder ihn unter Kontrolle zu bringen, wenn er sie im falschen Moment einsetzen will.
Umso wichtiger ist es, dass die beiden ein gutes Verhältnis pflegen; bei heranwachsenden Brüdern ist das bekanntlich nicht immer einfach. Entsprechend intensiv und emotional gestalten sich dafür die Dialoge, die der Spieler mit verschiedenen Antwortoptionen selbst gestaltet. Zumal die Handlung immer wieder unerwartete Wendungen nimmt und ein hohes Erzähltempo an den Tag legt. Abhängig vom eigenen Spielfluss kommen so zehn bis 15 Spielzeiten zusammen.
Gleichzeitig haben die Entwickler in „Life is Strange 2“ die grafischen Details verfeinert und eine deutlich weitläufigere Spielwelt geschaffen. Auch die Spielmechanik funktioniert deutlich flüssiger als noch im Vorgänger. Allerdings wirkt der Soundtrack dieses Mal deutlich schwächer, in den Vorgängern war er das tragende Element für die Atmosphäre. Bei der erzählerischen Stärke des Spiels ist das jedoch verkraftbar.
Story: 6/7
Grafik: 4/7
Ton: 4/7
Steuerung: 5/7