
Mike Liebknecht hat ein Ziel, aber keinen durchdachten Plan. Das Ziel heißt Luzern. Liebknecht dringt in die Villa des Industriellen Anton Seematter ein, nimmt dessen Frau und dessen Tochter als Geiseln. Der Plan heißt: Soviel Geld erpressen, wie er bis zur Rente verdient hätte. Denn Anton Seematter hat den Bremerhavener (!) Betrieb, in dem Liebknecht arbeitete, in die Pleite gejagt. Doch der Plan geht nach und nach schrecklich schief, vor allem, als die Kommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) eintreffen. Sie wollen Seematter in einer anderen Sache sprechen: Eine Uni-Dozentin ist tot aufgefunden worden; das Auto des Industriellen wurde am Tatort gesehen. Am Ende gibt es mehrere Tote, und der Mord an der Dozentin wird wohl nicht gesühnt werden.
Die „Tatorte“ des Schweizer Rundfunks sind meistens von eher bescheidener Qualität, das ist bei der Folge „Friss oder stirb“ (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) anders. Zwar lässt sich die Geschichte um den Arbeitslosen, der die Sache mit einer gerechteren Verteilung des Kapitals selbst in die Hand nimmt, zunächst genauso plump an wie es „Tatort“-Standard ist. Doch Jan Cronauer und Matthias Tuchmann, die für das Buch verantwortlich zeichnen, machen aus dieser Idee gemeinsam mit Regisseur Andreas Senn ein packendes Kammerspiel, das mit einigen Volten überrascht und zwei inhaltliche Fäden geschickt zusammenführt. Und das auf eine konzentriert agierende Darstellerriege bauen kann. Allen voran Misel Maticevic, der Mike Liebknecht mit einer Mischung aus Verzweiflung und Hilflosigkeit spielt, stets kurz davor, durchzudrehen. Sein eigentlicher Widerpart ist Seematters Teenie-Tochter Leonie. Cecilia Steiner gibt sie mit eisiger Verachtung für alle, die keinen Maserati fahren.