
Es sind nur zwei Striche, aber es ist eines der ältesten und wohl auch mit den unterschiedlichsten Bedeutungen beladene Symbol der Menschheitsgeschichte. Schon lange, bevor es in der christlichen Bildsprache verwendet wurde, gab es das Kreuz. Ja, es ist sogar älter als das Quadrat.
Man fand das Kreuz schon in der Höhlenmalerei, seinen zentralen Platz im Christentum bekam es aber erst im dritten Jahrhundert, als die bis dahin verbreitete Kreuzigungsstrafe per Gesetz abgeschafft wurde. Heute symbolisiert das Kreuz im Christentum den Opfertod Jesu und die damit einhergehende Erlösung der Menschheit von Leid und Tod. Karfreitag starb Jesus am Kreuz, Ostern ist er von den Toten auferstanden – das Kreuz wird zum Sinnbild der Überwindung des Todes, zum Zeichen des ewigen Lebens. Außerdem stehen die beiden Achsen für die Beziehung des Menschen zu Gott (senkrechte Achse) und zu seinen Mitmenschen (waagerechten Achse). Die zwei Balken verbinden Erde und Himmel, sie stehen auch für Geist und Materie oder Seele und Leib.
Kreuz ist aber nicht gleich Kreuz. Es gibt unzählige Varianten, die in verschiedenen Kulturen auch ganz andere Bedeutungen haben, welche sich im Laufe der Zeit auch immer wieder ändern können. Ganze Bücher geben Aufschluss über die Symbolik und Entwicklung des weltweit verbreiteten Zeichens. Aber welche Rolle spielt das Symbol des Kreuzes eigentlich überhaupt noch im Alltag der Menschen?
In der christlichen Kirche nimmt das Kreuz selbstverständlich bis heute einen zentralen Platz ein. Pastor Stephan Kreutz von der Liebfrauenkirche wird schon allein wegen seines Namens oft mit dem Thema konfrontiert: „Schmunzeln ist garantiert, wenn ich mich als Pastor mit dem Namen Kreutz vorstelle“, sagt er. „Ein schöner Einstieg in das Gespräch, bei dem ich gerne davon erzähle, dass der Glaube an Jesus Christus für mich von Liebe und Befreiung, von Vergebung und dem Mut zum Neubeginn erzählt.“
All das erkenne er im Kreuz mit zwei gleichlangen Schenkeln wieder, einem Kreuz, das gezeichnet ist wie ein Plus. „Wunderbar, wenn ich das in einer Kirche antreffe und über das Geschenk der Liebe Gottes als Plus in meinem Leben nachdenken kann“, sagt Kreutz. Das Kreuz des leidenden Christus sei eine sehr frühe Interpretation des Glaubens, die die Gegenwart Gottes im Leiden betont. „Ein sehr wichtiger und tröstlicher Gedanke, weshalb ich dieses Symbol ehre, aber nicht als einladendes Zeichen des Glaubens erkenne“, so der Pastor. „Ich wünsche mir viele lebensfreundliche Zeichen und Gesten in der Kirche, die Gott als den Liebhaber des Lebens vorstellen.“
Nicht nur in der Kirche, auch als Modeaccessoire kommt das Kreuz bis heute zum Einsatz. Nicht immer muss für den Träger eine religiöse Botschaft dahinterstecken, Madonna oder Billy Idol machten es vor, viele Popmusik-Fans machten es nach, zuletzt sorgte vor einigen Jahren der deutsche Rapper Cro für Diskussionen, weil er ein umgedrehtes Kreuz auf seine Pandamaske malte. Dass das Kreuz nach wie vor ein beliebtes Accessoire ist, bestätigt auch Denise Gross, Geschäftsführerin bei Juwelier Wempe in der Sögestraße. „Das Kreuz ist immer ein Thema, vor allem zur Kommunion oder Konfirmation“, sagt sie. Meist werde es verschenkt, selten für sich selbst gekauft. Dabei sei es den Kunden besonders wichtig, dass das Schmuckstück mit Kreuzsymbol hochwertig ist. Gelb- und Weißgold liegen hier im Trend. „Silber kommt meistens nicht infrage, weil der Grundgedanke ist, dass das Schmuckstück sehr lange erhalten bleibt“, sagt Gross.
Ein bisschen dem Kreuz den Rang abgelaufen haben in den vergangenen Jahren Anhänger in Herzform. Dennoch ist und bleibt das Kreuz ein beliebtes Symbol, wenn es um Schmuck geht. „Das Kreuz verschenkt man oft, weil es ein klassisches Symbol ist, das in der Vergangenheit auch oft in der Familie verschenkt worden ist und eine Tradition hat“, so Gross.
Auch als dauerhafter Begleiter unter der Haut ist das Kreuz beliebt. „Bei manchen Kunden stecken religiöse Gründe dahinter, andere wollen nur ein Kreuztattoo, weil sie es schön finden“, sagt Sebastiano Rubino vom Tattoostudio Darkest Ink. Der Wunsch nach einem Kreuztattoo käme immer mal wieder – bei Frauen eher klein, dezent und schwarz, bei Männern oft eher aufwendiger und größer. Grundsätzlich gebe es in der Welt der Tattoos aber gefühlt jedes Jahr einen neuen Trend, dem dann alle folgen wollen, wie Rubino etwas verständnislos sagt. Momentan sei der Vegvísir sehr beliebt, eine Art nordischer Kompass, der seinem Träger helfen soll, seinen Weg durch stürmisches Wetter zu finden. In Bremen ja auch nicht unbedingt unwichtig.