
Es sollte der schönste Tag ihres Lebens werden. Na gut, einer der schönsten – denn es ist bereits das zweite Mal, dass Dagmar (Arlette Stanschus) vor den Altar treten will. Doch am Morgen der Hochzeit findet sie anstelle ihres Freundes Johnny nur einen Zettel auf dem Nachttisch vor. „Ich kann nicht“, steht da drauf und für Dagmar bricht eine Welt zusammen. Sie muss hier raus.
Und während die nichts ahnende Hochzeitsgesellschaft am Standesamt wartet, versteckt Dagmar sich in ihrem alten Baumhaus, schwelgt in Erinnerungen, lässt sich über die Männer in ihrem Leben aus und plaudert mit dem Publikum. Hier hilft ihr eine Zuschauerin aus dem Kleid, an anderer Stelle leiht sie sich ein Taschentuch oder kurz einen Mann, um an ihm exemplarisch vorzuführen, wie gute Kommunikation funktioniert.
Doch wer nun flache Männer-Frau-Klischees à la Mario Barth vor Augen hat, sei eines Besseren belehrt. „Verliebt, verlobt, verschwunden“, das am Donnerstag seine Premiere auf dem Theaterschiff feierte, ruht sich nicht auf einer platten Männer-sind-blöd-Botschaft aus. Im Laufe des Ein-Frau-Stückes wird mit viel Selbstironie und ohne ausgelutschte Vorurteile augenzwinkernd auf die Schwächen beider Geschlechter und des Menschen im Allgemeinen hingewiesen. Es wäre ja auch langweilig, wenn alle perfekt wären.
Und während Dagmar dem Publikum ihre Lebensgeschichte in ihrem alten Prinzessinnenkleid und mithilfe von Kuscheltieren näherbringt oder erklärt, warum Männer mit Mittelinitial und Liegefahrrad nicht als Partner taugen, macht die verwirrte Hochzeitsgesellschaft sich auf die Suche nach ihr.
Hier stimmt einfach alles. Das Bühnenbild (Knut Schakinnis) vermittelt tatsächlich das Gefühl eines heimeligen Baumhauses. Ein altes Rex-Gildo-Poster und an die Wände geschmierte Herzchen und Sprüche lassen an eigene Jugendtage zurückdenken. Die Musik wird sparsam, aber gezielt eingesetzt (es ist dennoch erstaunlich, wie viele Lieder es gibt, die sich um den Namen Johnny drehen) und die Texte sind durchgehend unterhaltsam.
Regie bei dem von Stefan Vögel geschriebenen Stück führte William Danne, der auch das Buch zu „Käthe holt die Kuh vom Eis“ schrieb, das gerade am Packhaustheater zu sehen ist. Als Regisseur gab er mit „Verliebt, verlobt, verschwunden“ nun sein Debüt am Theaterschiff – und es bleibt zu hoffen, dass es nicht sein letzter Einsatz war.
Und zu guter Letzt: Arlette Stanschus. Es gehört schon einiges dazu, sich für fast zwei Stunden ganz allein als Schauspielerin auf die Bühne zu stellen, von den langen Texten, die gelernt werden müssen, mal ganz abgesehen. Stanschus meistert nicht nur all das mit Leichtigkeit, sie präsentiert sich zudem so unglaublich sympathisch, ausdrucksstark und authentisch, dass man ihr noch zwei weitere Stunden hätte zusehen können – mindestens. Belohnt wird Stanschus' Darbietung mit langem Applaus und Standing Ovations, was die Schauspielerin am Ende fast zu Tränen rührt.
Weitere Termine des Stücks unter www.theaterschiff-bremen.de