
Bremen. Es ist eines der bekanntesten und markantesten Bauwerke der Welt - und es wird bald mit Licht-Kunst aus Bremen illuminiert. Die Videokünstler von Urbanscreen haben im Mai eine gigantische Projektionsfläche für ihre Arbeiten: das Opernhaus in Sydney.
Einfach wird es nicht, auf das Opernhaus Bilder und Filmsequenzen zu projizieren - das ist den Videokünstlern bewusst. Denn anders als die meisten Bauten, die Urbanscreen bislang bespielt hat, verfügt das 180 Meter lange und 67 Meter hohe Gebäude nicht über eine flache Fassade. Das Opernhaus, das direkt am Meer liegt, hat charakteristische Wölbungen, die wie Segel eines Schiffs aussehen. „Es ist ein enorm komplex geformter Körper“, sagt Peter Pflug, der sich bei Urbanscreen um die 3D-Effekte kümmert. Doch genau wie seine sieben Mitstreiter ist er begeistert von der Vorstellung, die eigenen Arbeiten an einem derart faszinierenden Ort am anderen Ende der Welt zeigen zu können.
Der Auftrag für das Licht- und Musikfestival „Vivid“ in Sydney ist der bisherige Höhepunkt einer Erfolgsgeschichte, die die Macher von Urbanscreen manchmal selbst staunen lässt. Angefangen hat alles vor etwa sieben Jahren mit der sogenannten „Medienwand im Steintor“ an einem Gebäude im Bremer Szene-Viertel Steintor. Dort konnten Videokünstler Arbeiten im urbanen Raum zeigen - kuratiert und mit eigenen Werken ergänzt wurde das Projekt von den heutigen Machern von Urbanscreen. 2008 gründeten sie dann eine eigene Firma. „Wir haben uns gedacht, dass das Konzept, Architektur und passgenaue Videoprojektion miteinander zu verbinden, auch für andere Städte interessant sein könnte“, erinnert sich Manuel Engels. Er ist neben Thorsten Bauer und Till Botterweck einer der drei Gründer und Geschäftsführer von Urbanscreen.
Im Herbst 2009 zeigten die Projektionsprofis ihr Können an der Fassade der Hamburger Kunsthalle - ein Engagement, das ihnen zum Durchbruch verhalf. Steine schienen plötzlich aus der Wand der Kunsthalle hervorzutreten, gigantische Hände strichen über die Fassade, auf der ständig neue Muster, Schatten und geometrische Strukturen auftauchten, begleitet von passenden Klängen und Geräuschen. Ein Schauspiel, das den Machern von Urbanscreen internationale Aufmerksamkeit und zahlreiche Anfragen einbrachte. „Mittlerweile sind es um die 800 bis 1000 pro Jahr“, sagt Engels. „Allerdings haben wir nur eine Kapazität für sechs bis acht Projekte im Jahr.“ Umso wichtiger sei es, genau auszuwählen - sowohl unter wirtschaftlichen als auch unter künstlerischen Gesichtspunkten.
Zwar arbeitet Urbanscreen auch für Unternehmen, Werbung binden die Künstler in ihre Werke jedoch nicht ein. „Und politische Propagandaveranstaltungen, wie sie von manchen Interessenten aus totalitären Staaten gewünscht werden, sind für uns natürlich tabu“, sagt Engels. Die große Bandbreite der Anfragen verblüfft ihn immer wieder aufs Neue: „Wir wurden beispielsweise anlässlich eines Papstbesuchs kontaktiert und auch der Manager von Paul McCartney hat schon bei uns angerufen. Allerdings sind viele der Anfragen zu kurzfristig terminiert, da manchen Interessenten der Umfang unserer Produktionen nicht bewusst ist.“
Wenn die Rahmenbedingungen jedoch stimmen, steht aufsehenerregenden Projekten nichts mehr im Wege. So waren Videoprojektionen unter anderem am Bauhaus in Dessau oder am Wiener Leopold-Museum zu sehen. In einer Inszenierung der Mozart-Oper Idomeneo am Theater Bremen gestalteten die Künstler von Urbanscreen ein virtuelles Bühnenbild.
Ihre Arbeiten brachten ihnen neben Aufmerksamkeit auch Auszeichnungen ein - unter anderem den Deutschen Lichtdesign-Preis und den Silbernen Löwen beim Cannes Lions International Advertising Festival. Ihr erster Auftrag in Übersee führte die Bremer Ende Januar dieses Jahres nach Sao Paolo, wo die Künstler die Fassade des Rathauses anlässlich eines Kunstfestivals im öffentlichen Raum bespielten.
„Mittlerweile haben wir uns an den Wahnsinn gewöhnt“, sagt Manuel Engels. „Aber wir wollen uns zwischen diesen vielen Offerten selbst treu bleiben und die eigene künstlerische Identität ausdefinieren.“ Noch immer hat die Firma ihren Sitz in einem unscheinbaren Eckhaus im Bremer Steintorviertel. Mit Ausnahme der großen Computermonitore und des abgenutzten Schlafsofas für kleine Pausen in kreativen Nachtschichten deutet wenig auf die spannenden Projekte hin, die in diesen Räumen entstehen.
Trotz des Erfolgs will Urbanscreen moderat wachsen. „Wenn wir irgendwann mal 15 Leute sind, dann wäre das eine passende Größe.“ Schließlich gehe jedem Projekt ein kreativer Prozess voraus - und der sei mitunter schon jetzt manchmal ziemlich kompliziert. „Bei uns arbeiten Architekten, Künstler, Designer, Musikwissenschaftler - und ich als Betriebswirt“, erzählt der 38-Jährige. „Das führt oft zu intensiven Diskussionen, weil jeder seine ganz eigene Sichtweise einbringt. Aber letztlich kommt es natürlich auch unseren Projekten zugute, weil sie am Ende von ganz unterschiedlichen Einflüssen geprägt sind.“
Mal lassen die Videoprofis übergroße Ameisen an einer Wand entlanglaufen, mal scheinen gigantische Wassermassen eine Saline zu fluten und mal springen virtuelle Gestalten wie Trampolinartisten an einem Gebäude empor. Doch so spektakulär manche Effekte auch sein mögen: Eine Grundidee ist den Künstlern wichtig. Sie verwenden dafür den Begriff „Lumentektur“, eine Verbindung aus Lumen, also Licht, und Architektur. „Wir nutzen Bauwerke nicht einfach als Bildschirm für unsere Werke, sondern verstehen die Fassade eher als Bühnenbild oder auch als Protagonisten. Auf diesem Weg kreieren wir eine Art virtuelles Theater, das sich der Architektur anpasst“, sagt Manuel Engels. So wollen die Bremer auch in Sydney auf die spektakuläre Bauweise des Gebäudes Bezug nehmen, auf seine Entstehungsgeschichte, die architektonische Konzeption und die Musik, die darin aufgeführt wird.
Damit das gelingt, ist genaue Planung notwendig. Das Opernhaus wird aus mehr als 200 Metern Entfernung von zwölf Projektoren bestrahlt. „Bei unseren Arbeiten ist eine zentimeter-genaue Arbeitsweise erforderlich“, sagt Engels. Ob eine Projektion das Publikum fasziniert, hängt ohnehin nicht nur von der Kreativität der Künstler ab - sondern auch von zahlreichen anderen Faktoren. Wenn es im Umfeld des Gebäudes andere starke Lichtquellen gibt, schwächt das den Kontrast von Licht und Dunkel, die Projektion wirkt dann blasser. Und wenn Bewohner eines Hauses während der Aufführung ihre Fenster nicht schließen, bekommt die Projektionsfläche gewissermaßen Löcher, weil sich das Licht nicht mehr an den Scheiben brechen kann. Schwierig wird es auch auf engen Plätzen, denn die Projektoren brauchen je nach Größe des Gebäudes einen entsprechenden Mindestabstand, damit ihr Licht die gesamte Fassade des Hauses erreicht. Es gibt also eine Menge zu tun und zu bedenken, bis Bilder entstehen können, die das Publikum faszinieren. In Bremen, in Hamburg, in Wien, in Sao Paulo - und bald auch in Sydney.
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