
Herr Linnemann, Herr Gross, welche Bilanz ziehen Sie aus dem ausklingenden Jubiläumsjahr?
Detlev Gross: Insgesamt war das Jubiläum eine gute, runde Sache. Den Bekanntheitsgrad des Parks haben wir weiter steigern können. Leider zahlt sich so eine Anstrengung nicht direkt in barer Münze aus. Wir wissen aber nicht, ob es nicht auch Folgewirkungen gibt, die sich später zeigen, zum Beispiel in Erbschaften, die uns sehr helfen.
Joachim Linnemann: Die Spendenbereitschaft war größer als in anderen Jahren, wir haben auch eine ganze Reihe neuer Mitglieder hinzugewonnen. Aber ich hatte mir, ehrlich gesagt, noch mehr erhofft.
Woran mag es liegen, dass Ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden?
Linnemann: Ich glaube, der Bürgerpark wird von vielen Bremern immer noch als eine Selbstverständlichkeit wahrgenommen. Was an Aufwand dahintersteckt, wird oft übersehen. Und weiterhin scheinen viele nicht zu wissen, dass der Bürgerpark vollständig privat finanziert wird.
Was kann man dagegen tun? Daraus wird ja wahrlich kein Geheimnis gemacht.
Linnemann: Wir haben uns in der Vergangenheit viele Gedanken darüber gemacht, wie wir mehr Spenden akquirieren und Mitglieder gewinnen können. Wir haben einiges ausprobiert, sind aber immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass es die persönliche Ansprache ist, mit der man am meisten erreichen kann.
Das gelingt, weil ein großer Teil der rund 3300 Mitglieder des Bürgerparkvereins, insbesondere der Führungsriege, dem Bremer Establishment angehört. Das war auch schon vor 150 Jahren so.
Linnemann: Das kann man nicht verhehlen und liegt natürlich an der finanziellen Konstruktion des Bürgerparks. Zu den Aufgaben des Vereins gehört die Akquise von Geld, dazu braucht man Verbindungen und eine gewisse gesellschaftliche Vernetzung.
Was motiviert Sie zu Ihrem Ehrenamt? Sie gehören nicht gerade zu den Menschen, die über ein Zuviel an Zeit zu klagen haben.
Linnemann: Ich bin schon im Kinderwagen durch den Bürgerpark geschoben worden. Er hat für mich immer eine große Rolle gespielt. Ich glaube, Bremer haben ein spezielles Gen, das sie dazu bringt, sich für die Allgemeinheit zu engagieren. Mir liegt der Bürgerpark besonders am Herzen, deshalb setze ich mich für ihn ein.
Gross: Für mein Engagement ist vor allem ausschlaggebend, dass der Bürgerpark etwas ganz Besonderes und typisch Bremisches ist, weil die Bürger ihn von Anfang an selbst gemanagt haben. Wenn man eine Sache gut findet, sollte man sie nach eigenen Kräften unterstützen. Ich profitiere auch von diesem Ehrenamt: Sie ahnen gar nicht, wie viel ich in den vergangenen Jahren zum Beispiel über Flach- und Pfahlwurzler gelernt habe. Aber es gibt auch viele andere Themen, mit denen man in Berührung kommt, und nicht zuletzt lernt man sehr viele nette Menschen kennen.
Gelegentlich wird es auch Ärgernisse geben.
Gross: Sicher, das gibt es überall. Wir ärgern uns beispielsweise sehr über Vandalismus und über eine gewisse Rücksichtslosigkeit, die immer mal wieder zutage tritt, beispielsweise wenn Besucher ihren Müll einfach irgendwo liegen lassen.
Gibt es im Park mehr Flegel als früher?
Linnemann: Es gab sicher schon immer Flegel, auch im Park, und ich denke, wir haben das ganz gut im Griff. Das Alkoholverbot, zu dem wir uns veranlasst sahen, wurde von einigen Bremern kritisiert. Ich glaube aber, dass wir den Park, so wie er jetzt ist, nur erhalten können, wenn wir auch mal energisch durchgreifen.
Es sieht danach aus, als ob Sie permanent neue Regelungen verabschieden müssen, durch neue gesellschaftliche Entwicklungen oder Modeerscheinungen wie Drohnen.
Linnemann: Grundsätzlich gilt auch für uns: Je weniger Regeln, Ge- und Verbote, desto besser. Aber wenn es ohne nicht klappt, müssen welche her. Es gibt beispielsweise eine Reihe von Wegen, auf denen man nicht mit dem Rad fahren darf, aber viele halten sich nicht daran. Es kommt immer wieder zu gefährlichen Situationen, zu Beschwerden, auch zu Unfällen. Deshalb haben wir beschlossen, testhalber an neuralgischen Punkten den Radverkehr einzuschränken. Im Bereich Tiergehege wollen wir bauliche Vorkehrungen treffen, um Radfahrer zum Absteigen zu bringen, an den Spielplätzen wollen wir noch deutlicher an ihre Vernunft appellieren. Wir werden uns angucken, was wie funktioniert, und dann entscheiden, wie es weitergehen soll.
Viele Besucher werden das begrüßen, manche nicht. Es scheint schwierig zu sein, den Park weiterzuentwickeln, einerlei in welche Richtung.
Gross: Wir verstehen den Park nicht als Museum. Er muss sich entwickeln, schon alleine botanisch, beispielsweise weil viele Bäume nach 150 Jahren ihre Altersgrenze erreicht haben. Für jegliche Veränderung gibt es allerdings einen festen Rahmen – eine Vereinssatzung und den Denkmalschutz. In diesem Rahmen bewegen wir uns bei jeder neuen Idee, von der Suche nach Pokémons bis zur Nutzung von Drohnen und E-Bikes oder der Überlegung, im Park einen Friedwald einzurichten und Bestattungen zuzulassen. Wir müssen in jedem Fall überlegen, wie wir neue Entwicklungen mit den grundsätzlichen Anforderungen überein bringen. Das ist nicht immer möglich.
Linnemann: Ich glaube, es wird auch unterschätzt, wie viel sich im Bürgerpark in den vergangenen Jahren bereits verändert hat, um neuen Bedürfnissen Rechnung zu tragen: Die Finn- und die Boulebahn sind entstanden, die Zahl der Spielplätze hat sich vergrößert, es gibt viele neue Veranstaltungen, die „Marie“ ist dazugekommen. Wir wollen zukunftsfähig bleiben und verschließen uns Neuem nicht. Bei manchen Überlegungen muss man auch klar sagen, dass uns Zeit, Personal und Geld fehlen, um sie voranzutreiben.
Das betrifft auch das Einbinden von Ehrenamtlichen ...
Linnemann: Wir hätten nichts dagegen, wenn Bremer dem Bürgerpark Zeit spenden, im Gegenteil. Aber sie müssen betreut werden, und da stoßen wir momentan personell an Grenzen. Wir befassen uns jedoch mit diesem Thema und überlegen, wie wir ehrenamtliche Helfer einbeziehen können.
Gibt es den Hauch einer Chance, dafür irgendwann eine zusätzliche Stelle zu finanzieren?
Linnemann: Wir müssen jedes Jahr kämpfen, um die rund 2,5 Millionen Euro zusammenzubekommen, die wir brauchen. Wir haushalten konservativ, deshalb gelingt es uns, auch mal ein kleines Minus auszugleichen. Wenn wir über einige Jahre ein Polster aufbauen könnten, wären wir in der Lage, über neue, größere Projekte oder eine neue Stelle nachzudenken. Ein einmaliges Plus reicht da nicht.
Gross: Es gelingt dem Bürgerpark zwar seit 150 Jahren, laufende Kosten aus Spenden zu bestreiten. Doch das ist eine denkbar unsichere Finanzierungsgrundlage. Wir müssen neue Ertragsquellen erschließen. Dazu gibt es eine Reihe von Überlegungen, beispielsweise die, einen Parkshop einzurichten. Dafür benötigt man aber nicht nur einen passenden Platz, sondern auch Mitarbeiter, seien es auch ehrenamtliche. Das lässt sich nicht übers Knie brechen.
Was wünschen Sie sich für die nächsten 150 Jahre?
Gross: Wir wünschen uns mehr Mitglieder. So schnell wie der Kunstverein werden wir wohl nicht wachsen, aber der Bürgerpark ist für die Bremer so bedeutend, dass es da noch Potenzial gibt.
Linnemann: Ein Riesenwunsch wäre finanzielle Sicherheit. Es wäre ein großer Schritt nach vorne, wenn sich der Park aus den Erträgen der Gräfin-Emma-Stiftung, aus Pachten und dergleichen selbst tragen könnte. Dazu fehlen uns noch ein paar Millionen, aber wir lassen in unseren Bemühungen nicht nach.
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