Bremen. Modeketten wie Benetton, Kik und Primark locken mit günstigen Preisen. Produziert wird die Kleidung in Ländern, in denen Arbeitsbedingungen herrschen, die mit denen in Mitteleuropa nicht vergleichbar sind. In Bangladesch starben beim Einsturz einer Fabrik mehr als 1000 Beschäftigte. In einer Umfrage wollten wir wissen, ob Primark-Kunden ihr Einkaufsverhalten deshalb ändern.

Die Nachfrage nach billiger Kleidung der irischen Modemarke Primark hält auch nach dem Einsturz eines achtstöckigen Fabrikgebäudes mit über 1000 Toten in Bangladesch offenbar an. Auch Primark hatte dort für geringen Lohn und unter gefährlichen Arbeitsbedingungen produzieren lassen. In Bremen hat das Unternehmen eine Filiale im Einkaufscenter Waterfront in Gröpelingen, und die Kunden nehmen teils weite Weg in Kauf. Sie reisen aus Hamburg, Cloppenburg oder Walsrode an, um für wenig Geld Kleidung zu bekommen, die im Trend liegt.
Mit dem Motto "Look good and pay less", zu Deutsch: "Sieh’ gut aus und bezahle weniger", ist das Unternehmen seit 1969 erfolgreich. Zunächst in Großbritannien, später auch in Spanien, Holland und Portugal. Die erste Filiale in Deutschland eröffnete 2009 – in Bremen. Fast vier Jahre später sind es bundesweit zehn Filialen. Für dieses Jahr sind drei weitere Einweihungen geplant: Köln und Düsseldorf sind erstmals dabei – in Berlin wird ein weiteres Geschäft eröffnet.
Gerade jüngere Kundschaft kauft gerne bei Primark ein. Denn hier bekommen beispielsweise Schüler und Studenten für wenig Geld viele Pullover, Shirts und Hosen. Die Kleidung kann nur deshalb so billig verkauft werden, weil sie günstig produziert worden ist. In Ländern wie Bangladesch, wo die Löhne niedrig sind und die Arbeitsbedingungen meist katastrophal.
Am 24. April gegen 8.45 Uhr stürzte dort das achtstöckige Gebäude einer Textilfirma ein, in der auch für Primark gearbeitet wurde. Mehr als 3000 Menschen waren zu dem Zeitpunkt in dem Gebäude. Über 1000 Beschäftigte starben bei dem Unglück, die meisten von ihnen waren junge Frauen unter 30 Jahren.
Das Unglück ist eine der schlimmsten Katastrophen in der Textilindustrie in Bangladesch. Grund für den Einsturz der Fabrik waren offenbar bauliche Mängel: Das Gebäude war demnach gesetzeswidrig um Stockwerke ergänzt worden. Bereits einen Tag vor dem Einsturz seien große Risse in den Mauern aufgefallen. Dennoch seien die Angestellten zur Arbeit geschickt worden. Seit dem Einsturz demonstrierten Arbeiter in Bangladesch. Sieben Verdächtige wurden bislang festgenommen.
Neben Primark lassen auch andere Modemarken in Bangladesch produzieren. Die Kampagne für Saubere Kleidung nennt unter anderem H&M, Mango, GAP, Kik, C&A sowie Benetton und ruft die Unternehmen auf, sich für nachhaltige Sicherheitsmaßnahmen einzusetzen. Ein Vertreter von Primark war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Das Unternehmen kündigt auf seiner Internetseite an, die Opfer entschädigen zu wollen.
„Die Sachen sind schön und nicht so teuer“: Zweimal im Jahr kommt Milena Niemeyer aus Hamburg nach Bremen, um bei Primark einzukaufen. "Bei uns haben wir so etwas leider nicht", sagt sie. Milena Niemeyer und ihr Freund kommen in die Waterfront zum Frühjahrseinkauf. "Ich wusste nichts von dem Unglück in Bangladesch, aber ich werde mein Einkaufsverhalten deshalb nicht ändern", sagt die Schülerin. In der Hand halten sie und ihr Begleiter vier gut gefüllte Tüten. Wenn schon, dann sollte sich die Fahrt von Hamburg auch lohnen. Milena Niemeyer: "Die Sachen bei Primark sind schön und nicht so teuer. Deshalb kaufe ich da gerne ein."
„Den Kindern zuliebe kaufe ich hier ein“: Annette Dwertmann aus Garrel war zum ersten Mal bei Primark – und womöglich auch zum letzten Mal. Denn eigentlich, so sagt sie, könne sie solche Geschäfte nicht vertreten und habe ein schlechtes Gewissen, hingegangen zu sein. Ihre Kinder, zwölf und 14 Jahre alt, hätten den Einkaufsbummel unbedingt gewollt: "Nur den Kindern zuliebe kaufe ich hier ein", sagt die Mutter. Dass sie noch mal bei Primark einkauft, glaubt sie nicht. Sie habe immer ein schlechtes Gefühl, wenn sie in Kleidung den Hinweis "Made in Bangladesh" lese und sei sich bei keiner Marke mehr richtig sicher.
„Geht etwas kaputt, kaufe ich es neu“: Torben Krell kommt mit seinem Freund aus Hamburg, um bei Primark einzukaufen. "Ich mache mir keine Gedanken darum, wo die Sachen jetzt genau herkommen", sagt der Auszubildende. Er habe zwar etwas von dem Unglück in Bangladesch mitbekommen, aber eine engere Verbindung zu dem Geschehen in der Fabrik habe er zu Primark nicht herstellen können. Er kaufe nicht alles bei Primark. Aber beispielsweise Schuhe und Unterwäsche entsprächen hier meistens seinen Vorstellungen. Torben Krell: "Die Sachen sind so günstig bei Primark. Wenn etwas kaputt geht, kaufe ich es mir einfach neu."
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Wer es edel und mit hoher Qualität und nicht keine durchgegrabbelte Ware haben will, sollte zum Schneider gehen und sich etwas herstellen lassen.
Die Produktions- und Arbeitsbedingungen wären noch nicht einmal in Südost-Europa geduldet.
Ganz zu schweigen von den eintretenden Umweltbelastungen und dem gewaltigen Verbrauch der geringen Ressourcen an Wasser und Energie.
Der Durst nach billig, billig und vermeindlich chic macht den hiesigen Kunden gefügig und gierig. Ganz im Sinne der shareholder.
Und die europäischen Vertriebsketten fliegen immer wieder mit 'ner Tüte voll Barem in die Armenhäuser der Welt. Krallen sich einen kleinen Fabrikbesitzer, bieten ihm einen Kredit und erwarten die Unterschrift unter den Lieferungsvertrag ... unten rechts bitteschön.
Alles andere ist egal ... und hier wird getönt:
Nein, wir haben keinen Einfluß auf die dortigen Verhältnisse.
Alles eine große Täuschung in bunten Farben.
Der Konsument liebt es und kann nicht schnell genug den Korb vollbekommen ... und den Hals schon garnicht.
Was bei uns in der Republik "billig" ist, ist in den Ländern, wo die Produkte produziert werden nicht wirklich "billig" sondern teuer bis kaum zu bekommen.
Wenn ein Mitarbeiter dort umgerechnet 50 Dollar Monatslohn bekommt, dann kann dort die ganze Familie von Leben. Versuchen Sie das einmal in "hochgelobten" westlichen Teil der Welt.
Zu "billig" gehört aber auch zu hinterfragen, warum denn die Kleidungsstücke so "billig" sein können. Dies hat auch seinen Ursprung in der Bezahlung der Beschäftigten bei dem oben im Artikel erwähnten Geschäft oder auch in den anderen vielen "Billig" Kleidungsgeschäften.
Das zu hinterfragen, hat die Redakteurin Charlotte Ebert vom Weser Kurier leider verpasst.
Da hat Frau Ebert ja brilliant recherchiert. Benetton mit Kik und Primark preislich in eine Reihe zu stellen, zeugt schon von großem Sachverstand. Für den Preis eines kompletten Primark-Outfits bekomme ich bei Benetton gerade mal einen Schal. Die unangenehme Wahrheit liegt darin, dass die drei genannten Unternehmen allesamt in den gleichen Fabriken in Bangladesch produzieren lassen und das es eben keinen Unterschied macht, ob ich für Bekleidung viel oder wenig Geld ausgebe. Die Näherin erhält den gleichen Lohn, ganz egal ob sie ein 2-Euro-T-Shirt für Kik näht, oder ein 30-Euro-T-Shirt für Benetton. Das Brandschutz- und Sicherheitsabkommen der "Kampagne für saubere Kleidung" haben übrigens erst zwei Unternehmen unterzeichnet. 1. Phillips-Van Heusen (Tommy Hilfiger, Calvin Klein) 2. Tchibo Auch muss man den Sinn dieses Akommens hinterfragen, handelt es sich bei Bangladesch um eines der korruptesten Länder der Welt. Auf der sicheren Seite ist man als Verbraucher eigentlich nur, wenn man Bekleidung kauft, die fair trade gehandelt wird. Aber das kann sich leider nicht jeder leisten.
Der Artikel verschweigt unangenehme Wahrheiten: 1. Selbst die meisten teuren Kleidungsstücke werden ebenfalls in Billiglohnländern unter oft fragwürdigen Umständen hergestellt. 2. Die Regierungen in den Billiglohnländern wie Bangladesch sind extrem korrupt und überhaupt nicht daran interessiert, wie es dem "normalen" Volk geht. 3. Den meisten Menschen in Deutschland bleibt auch nichts anderes übrig als günstige Kleidungsstücke zu kaufen, weil ihr Einkommen auch nicht gerade üppig ist. 4. Horrende Strompreiserhöhungen, extrem überzogene Kita-Gebühren für die arbeitende Bevölkerung wie in Bremen usw. tun ein übriges, um die Gehälter/Löhne real schrumpfen zu lassen. Selbst die Fahrpreise für Busse und Bahnen werden jährlich meistens so stark erhöht, dass die Erhöhung über der Inflationsrate liegt. Auch Nahrungsmittel wie Brot haben manchmal recht happige Preissteigerungsraten von 10 %, wobei ich hier nur die Billigmarke vom Discounter meine und nicht irgendwelche "Luxusbrotsorten". Man kann es drehen und wenden, wie man möchte: Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland wird auch weiterhin gezwungen sein, günstige Bekleidung zu kaufen, egal wo sie herkommt.