
An die 100 Projekte umgesetzt, für Preise nominiert, bundesweite Anerkennung geerntet und immer wieder gelobt – seit 2009 vermitteln die Akteure der Bremer Zwischenzeitzentrale (ZZZ) leerstehende Gebäude und Flächen temporär an Nutzer und Nutzerinnen. Im Oktober 2020 erhielt die Agentur bei einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag, um ihre Arbeit in Bremen für vier Jahre fortzusetzen. Seit November läuft der Auftrag, in dessen Periode zwei Großprojekte betreut und begleitet werden. Doch nicht alles, was auf den ersten Blick so reibungslos und erfolgreich aussieht, ist es auch. Aktuell von der CDU und in der Vergangenheit auch von der FDP gab es kritische Nachfragen, was die Arbeit der ZZZ angeht. Die Macher selbst sehen sich bei Innenstadtprojekten aufs Abstellgleis gestellt. Zudem blicken sie in eine ungewisse Zukunft, was ihren Arbeitsstandort angeht.
Die Diplom-Ingenieure Daniel Schnier und Oliver Hasemann wirken mit ihrem Team in den Räumen und Büros der „Wurst Case“ in der ehemaligen Wurstfabrik Könecke in Hemelingen. Doch wie sollte es anders sein: in einer Nutzung auf Zeit. Wie lange das noch der Fall sein wird, ist unklar. Immer wieder gibt es Gerüchte, dass das Gebäude verkauft werden soll – dann müsste eine neue Heimat her. Das benachbarte Coca-Cola-Gelände hat der Immobilienkonzern Wohninvest gekauft und hat damit begonnen, die alten Lagerhallen abzureißen. An einem Bebauungsplan für das Gelände wird hinter den Kulissen gearbeitet. Die Stadt Bremen und der Stadtteil Hemelingen sähen gerne eine Gesamtentwicklung auf dem gesamten Areal von Könecke und Coca-Cola. Das Könecke-Gelände wurde von der HT-Vermögensverwaltung Weser GmbH gekauft, ein gemeinsames Tochterunternehmen der Hildesheimer Hanseatic Group und der Asset Projekt und Bau GmbH aus Rheda-Wiedenbrück. Letztere ist Teil des Firmengeflechts des Fleischkonzerns Tönnies-Holding, die wiederum einst Eigentümer von Könecke war.
Neben dem Veranstaltungszentrum „Wurst Case“ hat die ZZZ mit dem Organisieren der Zwischennutzungen auf der Galopprennbahn ein weiteres Großprojekt auf der Agenda. Weil es dabei zu zwei Absagen für Interessenten kam, hinterfragte die Bremer CDU-Fraktion das Wirken der Agentur. „Es ist nicht transparent, wie es zu diesen Entscheidungen kam“, sagt Marco Lübke (CDU). Zudem sei nicht klar, auf welcher Rechtsgrundlage dies passiert sei und inwiefern man dagegen Einspruch erheben könne. „Die ZZZ macht gute und wichtige Arbeit. So eine Agentur einzusetzen ist sinnvoll“, sagt Lübke. Das Verfahren sieht er aber kritisch, weil es nicht transparent sei. Es gebe einen klaren Unterschied, ob es um private oder öffentliche Flächen wie bei der Rennbahn gehe, so Lübke. Er wolle den Akteuren der ZZZ keinesfalls einen Vorwurf machen. „Aber bei dem doch sehr sensiblen Thema Galopprennbahn sollte der Prozess nachvollziehbarer sein“, so Lübke.
„Die Hauptaufgabe der ZZZ liegt darin, Interessenten an Zwischennutzungsflächen zu vermitteln und Projekte voranzubringen“, heißt es in einer Senatsantwort. Die ZZZ übernehme primär die Rolle einer Vermittlungs- und Beratungsstelle, teitl das Wirtschaftsressort mit. Demnach entscheide stets der Eigentümer über die jeweilige Zwischennutzung. Bei der Fläche der Galopprennbahn ist die ZZZ allerdings selbst Hauptmieter. In Absprache mit einer Lenkungsrunde, in der nicht näher benannte Vertreter aus Abteilungen des Wirtschafts- und Bauressorts sind, habe es dann Absagen für zwei Projekte gegeben. CDU-Politiker Lübke kritisiert auch dabei mangelnde Transparenz, weil die Behördenvertreter namentlich nicht genannt werden.
„Es wird alles abgesprochen und dokumentiert“, sagt Daniel Schnier von der ZZZ. Die Absage an die Tierarztpraxis „Klein Mexiko“, dass ihre Projektidee nicht auf dem Gelände der Galopprennbahn berücksichtigt wird, sei in Abstimmung mit der Lenkungsrunde geschehen. Zudem sei es das Ablehnen eine mündlich geäußerte Projektidee gewesen und nicht auf einen regulären Antrag, der nicht vorgelegen habe.
Schnier und sein Team ärgert, dass die Expertise der Zwischennutzungsagentur nicht bei der Belebung der Innenstadt gefragt ist. Im Rahmen des Aktionsprogramms Innenstadt vergab die Wirtschaftsförderung Bremen in einem Wettbewerb drei Flächen, auf denen Pop-up-Stores ihre Ideen zehn Monate kostenfrei ausprobieren können. Einen zweiten Wettbewerb entschied das Kaufhaus Ekofair als „Concept-Store“ für sich und darf eine Ladenfläche in der Obernstraße für 13 Monate mietfrei nutzen. Eigentlich klassische Zwischennutzungen, deren Mieten über das Aktionsprogramm finanziert werden. Die ZZZ habe damit nichts zu gehabt. „Ich verstehe nicht, warum unsere Erfahrungsschätze in der Innenstadt nicht gewünscht ist“, sagt Schnier. Er räumt aber auch ein, dass die ZZZ viel zu tun habe mit zahlreichen Projekten in der Peripherie der Stadt – dazu gehören und gehörten beispielsweise Hemelingen (Wurst Case), Kattenturm (Kattentum spinnt), Woltmershausen (Lankenauer Höft) oder Blumenthal mit dem BWK-Gelände.
Finanzierung und Projekte
Insgesamt 560.000 Euro stellt Bremen für die Zwischenzeitzentrale (ZZZ) zur Verfügung. Für die nächsten vier Jahre erhält die Agentur jeweils 140.000 Euro jährlich, was zum einen die Personal- und Bürokosten (110.000 Euro) und die Projektmittelkosten (30.000 Euro) abdeckt. Das Geld wird je zu einem Drittel vom Wirtschafts-, Finanz- und Bauressort getragen. Aktuelle Projekte der ZZZ sind zum Beispiel ein ehemaliger Supermarkt an der Gröpelinger Heerstraße, der zum Atelier für angehende Künstlerinnen und Künstler wurde. Für Victor Thomas, der eine Tofumanufaktur in Hemelingen betreibt, hat die Agentur einen kleinen Laden an der Stadtbibliothek am Wall gefunden.
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