
Schnell noch den akademischen Hut richten und den breiten Kragen mit dem Universitätsemblem korrekt über den Schultern drapieren. Evelyn Schober legt letzte Hand an den Talar von Shu Lung Chang. Schließlich soll alles perfekt sitzen, wenn der Student aus Taiwan in wenigen Minuten sein Master-Diplom entgegennehmen wird.
Schober und ihr Mann Michael aus Lesum haben den 31-Jährigen während seines Studiums an der Jacobs University zwei Jahre lang als Gasteltern begleitet. An diesem Freitag sind sie auf den Campus gekommen, um mit Shu Lung Chang seinen Abschluss zu feiern. Der EDV-Ingenieur ist einer von 403 Studenten aus 72 Nationen der „Class of 2019“, die an diesem Tag an der Privatuniversität in Grohn ihre akademischen Weihen empfangen.
„Wir sind stolz auf ihn“, sagt das Ehepaar aus Lesum. Stolz sind sie an diesem Tag alle: die Professoren und Dekane der Universität auf die Leistungen ihrer Studenten, die aus vielen Ländern angereisten Eltern, die viel Geld in das Studium ihrer erwachsenen Kinder investiert haben, und die Studierenden darauf, dass sie es nach drei Jahren harter akademischer Arbeit geschafft haben. 259 Bachelor, 83 Master und 26 Doktoranden erhalten ihre Abschlusszeugnisse, außerdem 35 sogenannte Pre-Degree-Absolventen.
Die Privatuni zelebriert das als große Show. In ihren langen, blauen Talaren marschieren die Absolventen in langer Reihe von der Reimar-Lüst-Hall einmal über den Campus zum Sports and Convention Center, wo sich Verwandte und Kommilitonen versammelt haben. Auf einer riesigen Leinwand kann das Publikum den sich nähernden Zug live verfolgen. Stehende Ovationen empfangen die Studierenden, als sie zu klassischen Klängen in der Halle eintreffen. Unzählige Handys und Kameras halten den Moment fest. „This is the day that we've been waiting for“, jubelt singend der Chor der Jacobs University.
Uni-Präsident Michael Hülsmann spricht in seiner Rede über die Freiheit. Sie werde oft erst dann wertgeschätzt, wenn sie drohe, verloren zu gehen. „Wir sind alle gefragt, der Erosion der Freiheit entgegenzuwirken.“ Sie sei die Voraussetzung für Großzügigkeit, ein wichtiges Gut in einer aufgeklärten Gesellschaft.
„Wenn wir eine Haltung der Großzügigkeit einnehmen, schaffen wir ein Gefühl der Einheit und Freiheit.“ Hülsmann zitiert den ehemaligen tschechischen Präsidenten und Menschenrechtler Václav Havel. „Die Freiheit ist wie das Meer. Die einzelnen Wellen können nicht viel bewirken, aber die Kraft der Brandung ist unwiderstehlich.“ In diesem Sinne fordert er die Absolventen auf: „Reiten Sie die Wellen, genießen Sie die Brandung.“
Von Hauptrednerin Insa Thiele-Eich bekommen die Absolventen Ratschläge fürs Leben mit auf den Weg. In einer sehr persönlich gehaltenen Rede verknüpft die promovierte Meteorologin ihre Erfahrungen auf dem Weg, erste deutsche Astronautin im Weltall zu werden, mit Tipps an die Absolventen. „Sich selbst immer wieder zu reflektieren, auch Fehler zuzugeben und daraus zu lernen, ist wertvoll im Leben.“
Den Alltag an der Jacobs University lassen die Bachelor-Absolventen Milos Delikladic aus Serbien und Muahammad Azka aus Indonesien in ihrem humorvollen Beitrag unter viel Gelächter Revue passieren. Master-Absolventin Maite Koop aus Bremen vergleicht die Studierenden mit den Bremer Stadtmusikanten. Wie die Tiere aus dem Märchen seien sie aus unterschiedlichen Nationen und Kulturen zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen. Zusammenzuhalten, Verantwortung füreinander zu übernehmen, andere zu respektieren – das hätten sie neben allem akademischen Wissen auch in Grohn gelernt.
Als es zur Verleihung der akademischen Grade kommt, wird die Stimmung im Saal ausgelassen. Gejohle der Kommilitonen und Beifall, als die Absolventen einer nach dem anderen aufgerufen werden und ihre Zeugnisse aus den Händen der Dekane der Fakultäten entgegennehmen. Als Petru Lupascu auf die Bühne tritt, zücken seine Eltern Vasile und Zinaida Lupascu und seine Schwester Patricia Handys und Kamera. Am Vortag sind sie aus Moldawien angereist. „Wir sind so stolz auf unseren Sohn, für uns ist das ein sehr emotionaler Tag“, sagt der Vater. Das Elektrotechnik-Studium in Grohn zu finanzieren, sei nicht immer ganz einfach gewesen. „Aber wir haben es möglich gemacht. Es war sein Traum, hier zu studieren. Wir wollten, dass er diesen Traum leben kann.“
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💁🏼♀️ Dafür ist die Thematik [eigentlich] viel zu ernst ...
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