
Als vor zwei Jahren der Plan scheiterte, in der Bremer Innenstadt ein großes Einkaufszentrum zu errichten, erklärte die Wirtschaftsbehörde, dass die City für solche Projekte vergiftet sei. Nun gibt es offenbar ein Gegengift. Kein City-Center mehr, das am Ansgarikirchhof auf den Flächen des Lloydhofs und des Parkhauses am Brill aus dem Boden gestampft werden sollte, sondern eine Kombination aus bestehenden und neuen Gebäuden, die sich zu einem Ganzen fügen und von Passagen durchzogen sind.
Das ist der Plan von Kurt Zech, der jetzt bekannt wurde. Der Bremer Unternehmer sieht das, wie er sagt, als letzte Chance, die Bremer City grundsätzlich zu entwickeln und aufzuwerten. Dass das nottut, wird seit 20 Jahren von den Kaufleuten und Politikern wie ein Mantra heruntergebetet. Etwas Wesentliches getan hat sich in dieser Zeit trotzdem nicht. Die geplatzten City-Center-Träume sind ein Beispiel dafür.
Sonae Sierra, ein britisch-portugiesischer Einkaufsmarktspezialist, hatte mit einer Fläche von 42.000 Quadratmetern geplant. Knapp zwei Drittel davon sollten auf Geschäfte entfallen, der Rest auf Büros, Wohnungen und Gastronomie. Das Parkhaus in den Untergeschossen stand mit 888 Stellplätzen zu Buche. Doch dann fanden sich in dem Planungsgebiet unerwartet wichtige Versorgungsleitungen in der Erde, die mit Millionenaufwand hätten verlegt werden müssen.
Pech, sagten die Behörden. Und Sonae Sierra hatte einen willkommenen Anlass, sich von dem Projekt zurückzuziehen. Zweifel kamen dem Investor nämlich auch so, wie er später einräumte. Der „Gürtel von großflächigen Shopping-Centern“ um Bremen herum habe es schwierig gemacht, Mieter für die Innenstadt zu gewinnen, hieß es in einer Erklärung.
Die Konkurrenz der Center
Dodenhof, Weserpark, Waterfront und Ochtum-Park saugen dermaßen viel Kaufkraft ab, dass für die City nicht mehr genügend übrig bleibt. Das aber ist genau der Grund, weshalb dort nach Ansicht der Kaufleute und der Stadtoberen das Angebot vergrößert oder mindestens verbessert werden muss. Lediglich 16 Prozent der gesamten Verkaufsfläche in Bremen verteilen sich auf die Innenstadt. In Hannover zum Beispiel sind es annähernd 30 Prozent.
Die Absage von Sonae Sierra war damals das Ende jahrelanger Bemühungen um ein City-Center. Zurück blieb ein Scherbenhaufen. Nicht nur, dass Millionen in Gutachten, Wettbewerbe und Planungen geflossen waren, die keinen Ertrag mehr bringen konnten. Die Stadt hatte sich überdies selbst ins Risiko begeben und mit viel Geld den Lloydhof gekauft, damit er abgerissen werden konnte, um Platz für das Einkaufscenter zu schaffen. Rund 25 Millionen Euro für eine Immobilie, deren Verkehrswert zu der Zeit deutlich unter diesem Preis lag. Jetzt soll der Geschäfts- und Bürokomplex wieder verkauft werden.
Drei Bewerber für Lloydhof
Die Wirtschaftsbehörde ist optimistisch, dass sie für den Lloydhof einen guten Abschluss hinbekommt. Interessenten habe es in zweistelliger Zahl gegeben, teilte sie mit. Verbindliche Bewerbungen gab es nach Informationen des WESER-KURIER allerdings nur drei. Einer, der gerne kaufen würde, ist der Bremer Bauunternehmer und Projektentwickler Marco Bremermann. Die zwei anderen sind noch unbekannt. Die Gebote sollen in einem Bereich von mehr als 20 Millionen Euro liegen. Die Stadt würde damit ihr Geld, das sie damals für investiert hat, zu einem großen Teil oder gar komplett wieder zurückbekommen.
Auf dem Immobilienmarkt ist wegen der niedrigen Zinsen und dem Mangel an anderen attraktiven Anlageformen viel Geld im Umlauf. Der Spekulation öffnet das Tür und Tor. Und wenn, wie jetzt mit dem Zech-Plan, etwas sehr Großes aufgerufen wird, hat das automatisch Folgen für die Lagen drumherum, sie werden wertvoller. Zu beobachten war das damals schon, als das City-Center geplant wurde. Wie bei Monopoly schossen die Preise in die Höhe – das war beim Lloydhof so, aber auch beim benachbarten C&A-Gebäude.
Vor sechs Jahren hatte es binnen Monaten zweimal den Besitzer gewechselt. Zuerst war es von zwei Kaufleuten aus Münster gekauft worden, für den Preis von 27 Millionen Euro. Verkäufer war ein luxemburgischer Immobilienfonds. Dann, im gleichen Jahr, griff die Immobilien-Kapitalanlagegesellschaft der Deutschen Apotheker- und Ärztebank zu – da soll der Kaufpreis bereits bei 35 Millionen Euro gelegen haben. Ein saftiger Gewinn für die Männer aus Münster.
Bremer Carree verkauft
Solche Häuser – Monopoly! – kommen jetzt wieder ins Spiel, wenn die Innenstadt umgekrempelt wird. Am Hanseatenhof, direkt gegenüber vom C&A-Gebäude, steht das Bremer Carree. Es hat lange Jahre der Allianz gehört, die den nicht sehr ansehnlichen Bau aus den 1980er-Jahren eher lieblos behandelt hat und viel Leerstand in Kauf nahm. Nun ist der Komplex verkauft worden, an einen Projektentwickler aus Hamburg. Was er mit dem Carree vorhat und ob es in einen Zusammenhang mit den Zech-Plänen gebracht wird, muss man sehen. Mit gleicher Spannung stellt sich diese Frage beim Lloydhof. Er soll spätestens zum Jahreswechsel an den neuen Eigentümer übergehen.
Die alten Pläne für das City-Center umfassten die Flächen vom Lloydhof und vom Parkhaus am Brill. Beide Gebäude wären abgerissen worden. Für das Projekt beworben hatte sich neben Sonae Sierra nur noch die Entwicklungsgesellschaft „die developer“, die zur Zech-Gruppe gehört. Insofern schließt sich jetzt der Kreis. Kurt Zech packt die Bremer City an, nur eben an anderer Stelle. Nicht am Ansgarikirchhof, sondern noch zentraler. Wieder soll ein Parkhaus verschwinden, dieses Mal das Parkhaus Mitte. Der Nukleus für eine neue Entwicklung, die zwar noch nicht richtig angefangen hat, dafür aber viel Dynamik verspricht.
Ein weiterer Impuls für die Innenstadt kommt von Christian Jacobs, Spross der Bremer Kaffee-Dynastie. Die Familie hat ihr Stammhaus in der Obernstraße, schräg gegenüber vom Karstadtgebäude. Es ist das Johann-Jacobs-Haus und soll voraussichtlich Anfang kommenden Jahres zusammen mit einem Nachbargebäude abgerissen werden, um einem Neubau Platz zu machen, der sich in der Fußgängerzone schon wegen seiner Größe deutlich herausheben wird.
Doch das ist nicht alles. Jacobs hat die historische Stadtwaage gekauft, die hinter dem künftigen Neubau liegt und zur Langenstraße hinausgeht. Zwischen den beiden Häusern wird der sogenannte Jacobs-Hof entstehen, ein lauschiges Plätzchen. Und weiter: Der Kaufmann hat in der Langenstraße auch einen Blick auf das Kontorhaus geworfen. Er verspricht sich von einer Neuentwicklung des Gebäudes die lang erhoffte Querverbindung über Obern- und Langenstraße und eine verkehrsberuhigte Martinistraße bis hin zur Schlachte.
Am Handlauf zur Weser
In dem Konzept von Jacobs gibt es eine Überschrift dafür: Am Handlauf zur Weser. Wörtlich heißt es: „Die Weser muss quasi bis in die Obernstraße schwappen.“ Das wäre das, was sich der Senat als Ziel setzt, wofür aber bisher die großen Schritte fehlten: Die Stadt soll an den Fluss heranrücken.
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