
Die stadtplanerische Leistung des hiesigen senatorischen Fachbereichs Bau und Stadtentwicklung lässt zu wünschen übrig. Zwar gibt es eine Reihe privater Investoren, die im Zentrum Um- und Neubauten planen oder schon vorantreiben. Dass deren Aktivitäten aber Teil einer bestehenden stadtplanerischen Vision sind, kann ich nicht erkennen. Mir scheint, Bremen verpasst den Anschluss an eine gute Zukunft. Zur Vision einer lebendigen Wesermetropole gehört der Abschied von der „autogerechten Stadt“. Ob der geplante Abriss des Karstadt-Parkhauses Hand in Hand mit einer Innenstadtplanung erfolgt, die zugleich die bislang extrem vernachlässigten Wegführungen für Fußgänger und Radler im Bereich zwischen Wallgraben und Weser korrigiert, scheint mir zweifelhaft.
Angenehmer geht es in der Innenstadt Kopenhagens zu, wo seit mehreren Jahrzehnten der weltweit hochgeschätzte Stadtplaner Jan Gehl die gleichsam verunfallte traditionelle Bedeutung der Stadt als Raum der Begegnung wieder belebt. Anders als in Bremen sind in der dänischen Hauptstadt inzwischen große Teile der Stadt autoverkehrsberuhigt, lockt die größte Fußgängerzone Europas zum Flanieren, ist die gesamte Infrastruktur gezielt und konsequent für Fußgänger und Radfahrer hergerichtet worden.
Erste kohlenstoffneutrale Hauptstadt der Welt
2009 beschloss die Stadtverwaltung, im Jahr 2025 als erste kohlenstoffneutrale Hauptstadt der Welt zu glänzen. Kaum zufällig hat sie bereits die Hälfte der Pendler auf den Sattel oder die Füße bekommen und tut viel für die Qualität von Fuß- und Radwegen. Spektakuläre Fahrradbrücken sind so normal wie die grüne Welle auf den dreispurigen Radler-Highways, die die Innenstadt mit den Vororten verbinden. Versteht sich, dass in Kopenhagen einmündende Seitenstraßen auf leicht erhöhten Rampen überquert werden können, wobei die Autofahrer immer Vorfahrt gewähren müssen.
Ist es nicht höchste Zeit, das „Kopenhagener Modell“ zu adaptieren? Die in Kopenhagen betriebene Entmischung der Verkehrsströme sollte für Bremens Planer vorbildlich sein. Schlimm genug, dass hierzulande die Nutzungspflicht von Radwegen aufgegeben worden ist und die Radler zunehmend auf die Autofahrbahnen gedrängt werden. Dabei sind die Kosten für den Ausbau und angemessenen Erhalt des Radwegenetzes deutlich geringer als für so manche andere Verkehrsmaßnahme. Im Übrigen sind Fahrradstraßen wie zum Beispiel die für Radwege ausreichend breite Humboldtstraße nicht gerade „fortschrittlich“. Ganz zu schweigen von den in Bremen allgegenwärtigen und gemeingefährlichen Eisenpfählen und -Rundbögen am Rande von Fuß- und Radwegen, die im Reich der Meerjungfrau längst abgeschafft sind.
Zur Person
Unser Gastautor
schreibt kulturhistorische und politische Bücher sowie Bremensien. 2017 erschien bei Reclam seine umfassende Studie: „Fahrradfahren – Von der Draisine bis zum E-Bike“.
Kommentare von Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
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Und für viele Bürger besteht verkehrlicher Fortschritt ja immer noch ausschließlich darin, neue Autos mit neuem technischen Schnickschnack zu besitzen.
Das meint ihr doch nicht Ernst!!!!
Die Verantwortlichen reagieren doch planerisch nach den Geldbeuteln von 3-4 reichen Bauunternehmen.......
Der kleine Bürger spielt da doch keine Rolle......grins
(Anmerkung der Redaktion: Hallo "NeuNeu71". Für den Gastkommentar gilt grundsätzlich, dass er nicht die Meinung der WESER-KURIER-Redaktion wiederspiegeln muss. Deshalb kommen hier auch Autoren außerhalb des Hauses zu Wort.)
das hätte vor 15 Jahren gepasst.
Nun ist es zu spät, Herr König.
Kopenhagen ist die Hauptstadt eines Staates. Da sind ganz andere Möglichkeiten im Spiel - auch und gerade finanziell.
Bremen sollte darauf achten was Bremen kann und ermitteln, was Bremen ändern muss, um besser zu werden und mehr zu können.
Vor allem: Die Verbesserung der Verkehrssituation kann man nicht herbeiquatschen. Da sind viele Investitionen zu tätigen, für die Bremen nicht einen müden Cent übrig hat.
Kopenhagen kenne ich nun nicht, staune seit einigen Jahren aber immer wieder über die City von Leipzig.
Dort treffen sich auch weit nach Geschäftsschluss Menschen jeglichen Alters. Es wird flaniert, verliebte Pärchen sitzen auf Bänken in kleinen Grünanlagen, Gruppen von Rentnern lassen sich bestens gelaunt vor Restaurants und Gasthöfen vom Ober die nächste Flasche Wein bringen ...
Die Denke "Autobesitz = Freiheit und Status" und die Denke von der "autogerechten Stadt" haben sich doch schon längst als gedankliche, städtebauliche und soziale Sackgassen erwiesen.
Es ist höchste Zeit, dass auch das Gewohnheitswesen "Mensch und Nachbar" einmal seinen/ihren Denkapparat anschaltet, auch mal rechnet und insbesondere auch mal über sich selber hinausdenkt - und sei es einfach nur mal an das künftige Leben der eigenen Enkel.
Wer dann doch noch ein wenig weiter die Augen hebt, sieht den/die geheingeschränkte/n Nachbar/in zwischen parkenden Autos herumbalancieren, sieht, dass insbesondere Geringverdienende und Personen mit geringer Rente die ganze Auto-Infrastruktur mit ausbaden - sie wohnen an den lautesten und belastetsten Ecken der Stadt, obwohl sie viel weniger Auto fahren als die Wohlhabenden und er sieht, dass auch er/sie endlich ein paar Gewohnheiten der Realität anpassen sollte, um ernst genommen zu werden.
Kopenhagen kann man doch nicht mit Bremen vergleichen.
In Kopenhagen gibt es eine Metro,sie verkehrt fahrerlos und automatisch.
In Bremen rumpelt die Straßenbahn durch die Innenstadt.
Kopenhagen ist eine hochattraktive Metropole und Bremen eine ziemlich
abgewirtschaftete und eher langweilige Provinzstadt, mit katastophaler Bau- und Verkehrspolitik.
Dieses Beispiel Kopenhagen könnte nur dazu dienen, dass wenig kompetent Personen aus Politik und Verwaltung eine Luxus-Erkundungsrise nach Kopenhagen auf Staatskosten antreten.
Bremen hat in den Verwaltungsreihen zu viele „Moderatoren und dann Nichts“ und zu wenig „Macher“.
So die Realität.
12.500 arbeitsplätze sind es allein im werk. was es in den anderen betrieben sind, weiss ich nicht.
bremen hat keine fahrrad historie, sondern eine industriegeschichte (borgward, werften, häfen).
und wenn auch das letzte parkhaus abgerissen wird in der innenstadt, werden die einzelhändler endlich pleitegehen, weil der kunde im weserpark, bei dodenhof, in der waterfront oder im internet bestellt. juhu...
die reise gab es schon:
www.senatspressestelle.bremen.de/detail.php?gsid=bremen146.c.275616.de&asl=bremen02.c.732.de
12.500 arbeitsplätze sind es allein im werk. was es in den anderen betrieben sind, weiss ich nicht.
Sie wollen uns allen Ernstes erzählen, dass Bremen weiterhin am Modell der autogerechten Stadt festhalten soll, weil es hier ein Automobilwerk gibt?
Städte, in denen Zigaretten produziert werden, sollten entsprechend massiv das Rauchen fördern?
bremen hat keine fahrrad historie, sondern eine industriegeschichte (borgward, werften, häfen).
Aha. Also die Bremer Verkehrspolitik an Werften und Häfen anpassen? Mehr Kanäle und Hafenbecken buddeln und gezielt in Bootverleihsysteme investieren?
und wenn auch das letzte parkhaus abgerissen wird in der innenstadt, werden die einzelhändler endlich pleitegehen, weil der kunde im weserpark, bei dodenhof, in der waterfront oder im internet bestellt. juhu...
Als ob der Niedergang des Einzelhandels durch Internetversand etwas mit der Erreichbarkeit mit dem Auto zu tun hätte...
Und wer partout mit dem Auto zum Shoppen fahren muss, der soll dann halt zu Dodenhof und Konsorten dieseln. Aber warum soll man für diese paar (verkehrstechnisch) ewig-gestrigen weiterhin die Innenstädte verunstalten?
Oder auch: König, regier dein Reich, denn es ist nicht von dieser Welt.
Oder frei nach Dieter Nuhr: einfach mal darüber schreiben und gastkommentieren, womit man sich auskennt.
de.wikipedia.org/wiki/Johann-G%C3%BCnther_K%C3%B6nig
die ganzen Modele kann man einfach vergessen bringen sowieso nichts.
Ein kostengünstiger Schritt wären Anwohnerparkzonen. Das Parken für Pendler in den innerstädtischen Wohngebieten ist frei. Das gibt's fast in keiner anderen Deutschen Großstadt, ausser in Bremen.
Studenten der Hoschule parken kostenlos in der Neustadt, obwohl wir Bremer deren Semseterticket mitfinanzieren.
Parken ist in Bremen zu billig und der ÖPNV zu teuer.
Es ist an der Zeit für die Politik das zu ändern!
Das bringt mehr Platz für Autos und Fahrräder und weniger verdichtet Fläche
auf den Straßen für die S.-Bahn.
In Kopenhagen fahren nur Busse (es gibt keine Straßenbahn)
und zwar 24 Std. pro Tag.
U-Bahn ist richtig, aber nur eine Linie.
Ach Ja ........die Dänen
Trotzdem halte ich den Vergleich Bremen-Kopenhagen für etwas unglücklich. Bremen ist von der Fläche her bei annähernd gleicher Einwohnerzahl 4x größer als Kopenhagen.
Und wie @RaHaHe schon ganz richtig schrieb, ist Kopenhagen eine Hauptstadt und damit das Aushängeschild des Staates Dänemark.
Ja, der Gedanke einer autofreien Innenstadt kann sehr interessant sein und würde Bremen ggf sogar aufwerten, aber irgendwie habe ich das Gefühl das ein paar Leute das mit einem komplett autofreien Stadtgebiet gleich setzen möchten.
Ich denke das ist unrealistsich. Ich kann mir vorstellen das es sogar in Bremen ein paar Autobesitzer gibt, die ihr Auto mögen und so ganz unabhängig ist Bremen nun nicht von der Kaufkraft aus dem Umland, da würde ich mehr auf die Erfahrung und die Meinung der Geschäftsleute geben, als auf die der Autogegner.
Aber gut, sollte sich die Idee des autofreien Bremen durchsetzen, dann würde das Umland ja auch nicht mehr von Fahrzeugen aus Bremen belästigt werden.
Ich denke eine vernünftige Lösung liegt wie immer in der Mitte, autofreie Innenstadt mit guten Parkmöglichkeiten im Umland und kostenfreien öffentlichen Verkehrmitteln wäre eine gute Lösung für alle.
Und kleiner Tipp an die Autogegner. Waren sie schon im Weserpark oder bei Dodenhof? Gar nicht so schlecht dort, große Vielfalt, nettes Ambiente, sauber...allerdings manchmal etwas voll (warum nur?) aber ist sicher mal eine schöne Fahrradtour wert.