
Kommt der Bildungsnotstand allmählich in den Lehrerzimmern an? Diese Frage wirft ein Arbeitsblatt auf, das bereits vor den Herbstferien Unterrichtsgrundlage in einer dritten Klasse der Grundschule am Buntentorsteinweg war.
„Ich kann historische Ereignisse der deutschen Geschichte aufsagen“, ist der Text überschrieben, der den Schülerinnen und Schülern einige wichtige Etappen von der Zeit Karls des Großen bis zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahr 1990 vermitteln sollte.
Das Arbeitsblatt strotzt allerdings nur so vor falschen Jahreszahlen, inhaltlichen Fehlern und teils hanebüchenen Formulierungen. So heißt es darin beispielsweise: „1933 bekam Deutschland wieder einen König. Er wurde auch Führer genannt.“ 1938 habe Adolf Hitler dann den Zweiten Weltkrieg begonnen. Richtig ist: 1939.
Auch für die Zeit des Kaiserreichs und die Weimarer Republik enthält der Text mehrere Falschdarstellungen. Beispiel: Nach dem Ersten Weltkrieg sei das Deutsche Reich in „Republik Deutschland“ umbenannt worden. Auch das ist Unsinn, das Deutsche Reich führte nach Ausrufung der Republik weiterhin die offizielle Bezeichnung „Deutsches Reich“.
Weiter heißt es in dem Unterrichtsmaterial über den Umbruch 1918: „Nun bekamen die Bürger im Land ein Wahlrecht. Mit dem Wahlrecht konnten sie mitbestimmen.“ Falsch auch dies. Auf Reichsebene gab es das allgemeine Wahlrecht für Männer bereits seit 1871.
Von wenig Sachkenntnis zeugt auch das, was die Lehrkraft den Drittklässlern über die Zeit nach 1945 beibringen wollte. Wieder Originaltext: „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Deutsche Reich in zwei Teile aufgeteilt. Einen Teil bekam Russland, den anderen Teil die Alliierten (England, Frankreich, Amerika).“ Dass man unter den Alliierten alle vier Siegermächte – die drei Letztgenannten und Russland beziehungsweise die UdSSR – versteht, ist der Verfasserin des Arbeitsblatts offenbar nicht bekannt. Ebenso wenig, dass Deutschlands Wiedervereinigung nicht 1998, sondern 1990 stattfand.
Der WESER-KURIER konfrontierte die Bildungsbehörde mit dem Unterrichtsmaterial. Dort reagierte man einigermaßen konsterniert. „Es darf nicht sein, dass so ein Unsinn verbreitet wird. Dafür kann man sich nur entschuldigen“, sagte die Sprecherin von Senatorin Claudia Bogedan (SPD), Annette Kemp. Nach ihrer Darstellung wurde das Material zwei Tage, nachdem es ausgeteilt worden war, von der Schulleitung wieder eingezogen.
Eltern waren an die Schule herangetreten, nachdem sie das Arbeitsblatt in den Mappen ihrer Kinder gefunden hatten. Normalerweise werde solches Material von schulinternen Fachkonferenzen vor der Verwendung geprüft und freigegeben. Das sei im vorliegenden Fall offenbar nicht geschehen.
Die Schulleitung hat laut Kemp umgehend an das Kollegium geschrieben und darauf aufmerksam gemacht, „dass Inhalte, Materialien und Strukturen in den zuständigen Fachkonferenzen abgestimmt werden müssen“. Auch mit den Kindern der betroffenen Lerngruppe sei umgehend gesprochen worden, „um die eklatanten Fehler korrigieren zu können“.
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