
Microsoft Office – ohne diese Software und ihre Programme wie Word, Excel, Powerpoint oder Outlook ist der Büroalltag in den meisten Bremer Betrieben kaum noch vorstellbar. Auch die Weiterentwicklung Office 365 wird inzwischen in vielen Unternehmen eingesetzt. Doch den wenigsten Beschäftigten ist wahrscheinlich klar, dass diese Software mehr ist als eine modernisierte Version des fast schon „guten alten“ Office-Pakets. Die Landesdatenschutzbeauftragte Imke Sommer sieht vielmehr einen qualitativen Sprung, der die Rechte betroffener Arbeitnehmer berührt. Sie ist deshalb bereits auf eine Reihe von Firmen zugegangen, um zu klären, ob sich die dortige betriebliche Praxis bei der Nutzung von Office 365 datenschutzrechtlich noch im grünen Bereich bewegt.
Tatsächlich verfügt die Software über Module, die anders als die Vorgängerversionen grundsätzlich zur Überwachung der Nutzer geeignet sind. Das Rückgrat der neuen Funktionen bildet der Microsoft-„Graph“, der im Hintergrund der meisten Anwendungen Daten sammelt, analysiert und aufbereitet. Mithilfe des Office-365-Programms „Workplace Analytics“ können Vorgesetzte auf dieser Basis Auswertungen des Arbeitsverhaltens ihrer Mitarbeiter erstellen und zum Beispiel sehen, wer wann welche Aktionen in den Office-Programmen ausführte, wer wann welche E-Mails las, woher die jeweilige Nachricht kam und vieles mehr.
Auch Vergleiche der Produktivität einzelner Beschäftigter, die gemeinsam an einem Projekt arbeiten, werden ermöglicht. Ein zweites Modul mit der Bezeichnung „Delve“ wird von Fachleuten ebenfalls als problematisch eingestuft. Vom Hersteller Microsoft als eine Art persönlicher Assistent beworben, nimmt es beispielsweise Einschätzungen vor, welche Dokumente ein Beschäftigter vorrangig bearbeiten sollte, oder zeigt an, woran Kollegen gerade arbeiten. Die Intention ist klar: Es geht um Produktivitätssteigerung.
Die Landesdatenschutzbeauftragte hat kürzlich 33 größere Unternehmen in Bremen und Bremerhaven angeschrieben und sich danach erkundigt, ob Office 365 dort eingesetzt wird. Zehn davon bejahten das. Vier von diesen zehn bestätigten zudem, die Auswertungsfunktionen zu nutzen, die das Arbeitsverhalten von Arbeitnehmern durchleuchten. Einzelne Unternehmen erhalten in diesen Tagen nun erneut Post. Dabei geht es um Fragen zur konkreten betrieblichen Praxis. „Wir entscheiden dann, ob diese noch zulässig ist“, kündigt Sommer an. Ein Kriterium könne dabei etwa sein, ob die Geschäftsleitungen Betriebsvereinbarungen zum Einsatz von Office 365 mit dem Betriebsrat abgeschlossen haben. Je nach Ergebnis der Anhörung könne es im Einzelfall auch zu einer behördlichen Untersagung des weiteren Einsatzes der Software kommen.
Für den Technologieberater der Bremer Arbeitnehmerkammer Moritz Hanke ist die detaillierte Leistungsüberwachung, die von Office 365 ermöglicht wird, „der Horror schlechthin“. In bisher ungeahnter Präzision könnten sich Arbeitgeber ein Bild davon machen, wie „effektiv“ jeder Beschäftigte seine Tätigkeit verrichtet. Der einzelne Arbeitnehmer könne sich dagegen nicht wehren. „Da steht man auf verlorenem Posten“, sagt Hanke. Eine umso wichtigere Rolle komme den Betriebs- beziehungsweise Personalräten zu. Ihr Mitbestimmungsrecht erfasse ausdrücklich auch den Einsatz technischer Einrichtungen, „die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“, wie es im Betriebsverfassungsgesetz heißt.
Hanke empfiehlt nachdrücklich den Abschluss von Betriebsvereinbarungen zu Office 365, die eine gezielte Verhaltenskontrolle durch die umstrittenen Module ausschließen. Hanke sieht aber noch einen weiteren bedrohlichen Aspekt der Software. Indem ihre Programme auf externen Servern – also in der sogenannten Cloud – laufen, wird dadurch grundsätzlich der Zugriff durch Beschäftigte auch außerhalb der Arbeitsstätte und außerhalb der regulären Arbeitszeiten ermöglicht. „Man kennt das inzwischen“, sagt Hanke, „lange nach Feierabend noch mal eben eine Ergänzung an der Präsentation vornehmen, noch mal eben eine Mail öffnen und beantworten.“ Das Ende der Ortsgebundenheit der Arbeit führe letztlich zu ihrer Entgrenzung und zur Vereinnahmung der Arbeitnehmer auch in ihrer Freizeit.
In den Chefetagen wird darin eher selten ein Problem gesehen, und so ist es kaum verwunderlich, dass Office 365 bei der Handelskammer kein großes Thema ist. Zumindest liegen ihrem Rechts- und IT-Fachmann Matthias Fromm nach eigenen Worten „kaum Anfragen von Mitgliedsunternehmen“ zu dieser Problematik vor. Im Sommer sei die Kammer von selbst auf die Betriebe zugegangen und habe gemeinsam mit der Landesdatenschutzbeauftragten eine Informationsveranstaltung zu Office 365 angeboten. Grundsätzliches Interesse an Beratung in Sachen Datenschutz gebe es bei den in der Handelskammer organisierten Firmen allerdings sehr wohl, betont Fromm. „Wir erhalten zahlreiche Anfragen von Unternehmen, die noch kein betriebliches Datenschutzmanagement implementiert haben“, ist von dem Kammerreferenten zu erfahren.
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