
Vor dem Schaufenster steht ein junger Mann mit seinem Kind. Die beiden bestaunen die Auslagen, und der Vater erzählt, wie das war, als er klein war: „Ich hatte ein Eisenbahnzimmer, da war nichts weiter drin als meine Modelleisenbahn.“ Das Kind ist begeistert, so etwas will es auch, aber jetzt reingehen und schauen, was es so gibt, vielleicht auch etwas kaufen, das erste kleine Teil vom Großen, das am Ende dabei herauskommen könnte? Geht nicht, der Laden hat zu. Corona. Ein anderes Mal, ganz bestimmt. Und dann ziehen sie weiter, stapfen durch den Schnee, und im „Das Depot“, so heißt das Geschäft, bleibt das Licht aus.
Wolfgang D’ham macht dann ausnahmsweise aber doch mal die Tür auf und das Licht an. Er kommt von der Steuerberaterin, und die ist ganz zufrieden. Zwar fehlen die Umsätze aus dem Laden und bei den Fachmessen, die nicht mehr stattfinden dürfen, dafür brummt aber das Geschäft im Internet: „Mit unserem Online-Shop machen wir 30 Prozent mehr Umsatz“, sagt D’ham. Vor Corona sei es knapp die Hälfte dessen gewesen, was er insgesamt verkaufen konnte. Jetzt, im weltweiten Netz, treffe er auf Kunden aus dem Ausland, aus Argentinien, Australien und sonst woher. Bremer sind auch dabei, einer hat an diesem Tag online ausgesucht, telefonisch bestellt und holt nun die Ware ab, eine Papiertüte voll mit Weichen und Schienen. Tür auf, Tüte raus, bezahlt und fertig.
D’ham ist Eisenbahner durch und durch. „Das fing schon als Kind an, da bin ich in Bochum mit meiner Schwester regelmäßig zum Bahnbetriebswerk und habe von der Brücke runter die Dampfloks beobachtet“, erzählt der 64-Jährige. Zu Hause gab’s Ärger, die rußverschmierten Gesichter verrieten ein Abenteuer, das die Eltern nicht gut fanden. Dabei war die Mutter selbst ein Fan, allerdings auf die saubere Art, mit einer Modelleisenbahn im Schlafzimmer. Der Sohn hatte irgendwann selber eine, er fing auch mit dem Sammeln an, die Vitrinen voll mit Loks, Waggons und dem Schmuckwerk drumherum. „Damit habe ich aber wieder aufgehört“, sagt D’ham, „zu Hause gibt es die Anlage im Garten, mehr nicht. Dort lasse ich die Bahn im Kreis fahren.“
Dass er nicht mehr sammelt, stimmt nur bedingt. Wer „Das Depot“ betritt, muss sofort aufpassen, damit nichts umfällt und kaputt geht. Der Laden ist gesteckt voll. Eine Modelleisenbahn, die riesig wäre, würde man die Abertausend Teile zusammenfügen. Es gibt die Schienen, Signalanlagen und Weichen, die Grasmatten, Bäume, Landschaften und Häuser, winzige Figuren, Menschen, Kühe, Pferde und Hunde, ein Riesenrad als Miniatur, Bastel-Utensilien, die Lokomotiven natürlich, große, kleine, mittelgroße, mit allen gängigen Spurweiten. Das ist ein Reich, durch das man sich behutsam tasten muss, etwas für Entdecker. „Die Leute stöbern gerne und suchen was Originelles“, sagt D’ham. Die Leute, das sind meist Männer, Modelleisenbahn ist ein Männerding. „Dass meine Mutter dieses Hobby hatte, war schon ungewöhnlich.“
Seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat D’ham, der früher beim Bremer Amt für soziale Dienste gearbeitet hat, vor 22 Jahren. Zunächst in Kirchweyhe, in einem Kellergeschäft, und seit 16 Jahren in einem Laden in der Verdener Straße in Peterswerder, in dem früher Gemüse verkauft wurde. Das Schaufenster ist ein beliebter Stopp, die Szene mit Vater und Kind nicht ungewöhnlich. „Das merke ich seit Corona, dass die Väter öfter mit ihren Kids kommen“, berichtet D’ham. Und dann auch in den Laden gehen, wenn er geöffnet hat.
„Beim ersten Lockdown war’s schwierig, ohne die Soforthilfe vom Senat hätte es schlecht ausgesehen. So fühlte man sich aber aufgefangen“, sagt der Händler. Das boomende Onlinegeschäft schaffe mittlerweile zwar einen Ausgleich, die Messen und Flohmärkte fehlten aber doch, und sowieso die leibhaftigen Kunden: „Das ist hier ja auch ein Quatschzentrum, die Leute sind sehr kommunikativ.“ Fachsimpelei unter Fans. Manche würden sich mit D’ham am liebsten zu Hause an ihrer Modelleisenbahn beraten, da spielt er aber nicht mit, „irgendwo ist Schluss“.
Wenn er die Tür aufmacht, um zu lüften, setzt er einen Stopper davor, und das ist ein Stück Schiene. An den übervollen Regalen hängen Eisenbahnermützen und Schaffnertaschen. Auf dem Boden stapeln sich alte Schilder mit den Nummern der Lokomotiven und verschiedenen Haltesignalen. Ganz hinten in den verwinkelten Räumen, die sich auf knapp 60 Quadratmetern verteilen, ist eine Reparaturwerkstatt eingerichtet. „Das Depot“, kurzum, ist ein Depot und macht seinem Namen alle Ehre.
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Auf den Schildern wird deutlich darauf hingewiesen, dass ...