
Die rot-grün-rote Koalition stößt bei der Aufstellung ihres ersten Haushalts an enge Grenzen. Bei den Vorbereitungen für den Doppeletat 2020/21 zeichnet sich ab: Die verfügbaren Mittel reichen nicht annähernd, um die Ausgabenwünsche der einzelnen Senatsressorts zu finanzieren. Das belegen Zahlen, die dem WESER-KURIER vorliegen. Der Senat wird in Haushaltsklausuren am 11. und 18. Februar versuchen, das Wünschenswerte mit dem Machbaren auszutarieren.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und Linke im vorigen Sommer zahlreiche kostspielige Vorhaben vereinbart. Das Gesamtvolumen – verteilt über die gesamte Legislaturperiode – liegt allein dafür bei über 2 Milliarden Euro. Stichworte sind Schulbau, Ausbau der Kita-Betreuung und des öffentlichen Personennahverkehrs, Aufstockung von Polizei und Ordnungsdienst, Stärkung des Wissenschaftsstandortes und vieles mehr.
Inzwischen zeigt sich, dass Spielräume für die Realisierung des Wunschzettels kaum vorhanden sind. Selbst für den Einstieg in manche Projekte wird es kaum reichen. Aus einer Vorlage für eine Haushaltskonferenz der Staatsräte, die am Montag dieser Woche stattfand, geht das deutlich hervor. Die Aufstellung beziffert die freien Mittel für Land und Stadt Bremen – also das Geld, das über die Fortschreibung der bisherigen Ressortbudgets hinaus für neue Ausgaben zur Verfügung steht. 2020 beträgt dieser Spielraum demnach im Land gut 50 Millionen Euro, in 2021 gut 54 Millionen.
Die einzelnen Senatsressorts haben aber Ausgabewünsche an Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) gemeldet, die ein Vielfaches dieses Betrags ausmachen. 222 Millionen Euro für 2020 und 262 Millionen Euro für das kommende Jahr. Nur ein gutes Fünftel der beabsichtigten Ausgaben ist also gedeckt. Im Haushalt der Stadtgemeinde Bremen ist das Verhältnis noch ungünstiger. Dort lassen sich nur 8 Prozent der Anmeldungen finanzieren. Auf beiden Ebenen reicht es nicht einmal für die Projekte, die von den einzelnen Ressorts mit der Prioritätsstufe eins versehen sind.
Dass die Senatsressorts beim Finanzsenator zunächst einen höheren Mittelbedarf anmelden, als bei kritischer Betrachtung erforderlich ist, gehört natürlich zum üblichen Etat-Geschacher. In Chefgesprächen mit dem obersten Kassenwart lassen sich die Fachsenatoren üblicherweise ein Stück weit herunterhandeln – in der Hoffnung, am Ende diejenigen Vorhaben durchzubringen, die ihnen wirklich wichtig sind. Dieser Ablauf ist gewissermaßen Folklore. Doch langjährigen Beobachtern fällt auf, dass das Missverhältnis zwischen Anmeldungen und realer Verteilungsmasse diesmal „besonders happig“ ist, wie ein Finanzpolitiker der Koalition vermerkt.
Ein hochrangiger Verwaltungsprofi führt die überbordenden Ausgabenwünsche auch darauf zurück, dass die Politik noch im vorigen Jahr ganz andere finanzielle Perspektiven für Bremen entworfen hatte. Dank der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen und weiterer Verbesserungen sollten dem Stadtstaat jährlich fast 500 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stehen. Mit solchen Versprechen hatte der frühere Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) 2019 ganz wesentlich seinen Wahlkampf bestritten. Doch von den rosigen Aussichten ist nicht viel geblieben. So steigen allein die Personalkosten des Landes im laufenden Jahr gegenüber 2019 um rund 165 Millionen Euro. Außerdem muss Bremen jetzt beginnen, seine Altschulden zurückzuzahlen.
Was also tun? In der Finanzbehörde hofft man zum einen darauf, die ausgabefreudigen Ressorts in neuerlichen Chefgesprächen noch zu weiteren Abstrichen bewegen zu können. Daneben ist Kreativität beim Erschließen von Geldquellen gefragt. So zeichnet sich jetzt schon ab, dass der Senat in einige Sparstrümpfe greifen wird, um den Haushaltsrahmen zumindest ein Stückchen zu erweitern. Der Blick ist dabei unter anderem auf die Anstalt für Altersvorsorge gerichtet. Sie war vor Jahren gegründet worden, um aus Zinserträgen angesparter Einlagen einen Teil der Pensionsleistungen an frühere Landesbedienstete leisten zu können. Angesichts von Niedrig- und Nullzinsen erwies sich dieser Ansatz allerdings als völliger Flop. Deshalb wird erwogen, in den nächsten Jahren einen Teil der bei der Anstalt gebunkerten rund 500 Millionen Euro wieder zu entnehmen.
Doch auch solche Kunstgriffe werden den Senat und die ihn tragenden Parteien nicht der Notwendigkeit entheben, bei der Aufstellung des Haushaltes 2020/21 in den nächsten Wochen und Monaten deutliche Abstriche am rot-grün-roten Wunschzettel vorzunehmen. Nicht auszuschließen, dass da noch innerkoalitionäre Verteilungskonflikte aufflammen. Ein Ausweg, der in früheren Jahren offen stand, ist durch die 2020 in Kraft getretene Schuldenbremse verbaut: „Neue Kredite sind tabu“, macht die Sprecherin der Finanzbehörde Dagmar Bleiker deutlich. Der Zeitplan sieht vor, dass der Haushalt nach parlamentarischer Beratung vor der Sommerpause von der Bürgerschaft beschlossen wird.
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