
Tafeln werden gegen ein Smartboard eingetauscht, das Notizheft mit einen Tablet ersetzt. So einfach, wie die Bundesinvestitionen in die Digitalisierung von Schulen in der Theorie klingen, sind sie in der Praxis nicht. Dass ein zukunftsfähiger Unterricht von mehr abhängt als den Endgeräten, beschäftigt Lehrkräfte und Pädagogen.
Wie sie Digitalisierung angemessen in den Unterricht einbinden, wie Kinder und Jugendliche Falschnachrichten von echten Nachrichten unterscheiden können und wie Medien auf Schülerinnen und Schüler wirken, all diese Fragen gehörten am Montag zum Bremer Medienfachtag. Ausgerichtet hatte die Veranstaltung der Zeitungsverlegerverband Bremen, das Landesinstitut für Schule (Lis) sowie unterschiedlichen Medienpartner, zu denen auch der WESER-KURIER gehört.
Rainer Ballnus, Leiter des Zentrums für Medien am Lis, hat durch den just angelaufenen Digitalpakt eine klare Vorstellung, wie dieses Projekt in den Schulen umgesetzt werden sollte: Die Qualifizierung der Lehrkräfte, um digitale Medien angemessen in den Unterricht zu bringen, sei wesentlich wichtiger als der Kauf der Ausrüstung. Dass Wischen statt Schreiben nicht automatisch modernes Lernen bedeutet, ist für ihn klar. So müsse es jeder Schule gelingen, alle Lehrkräfte auf dem Weg zur Digitalisierung mitzunehmen. Sich gegen neue Medien im Unterricht zu sperren, sei allerdings keine Option. „Das ist keine Raketentechnologie, das ist das 21. Jahrhundert“, so Ballnus.
Matthias Meinking, Lehrer am Schulzentrum Rübekamp, ist genau diese Anknüpfung der Unterrichtsplanung an die Ausstattung wichtig. Meinking gehört zu den rund 150 Teilnehmern des Medienfachtages, er will die Panels nutzen, um sich mit anderen Lehrkräften und Medienmachern auszutauschen. Denn seine Schule sei zwar gut ausgestattet, wofür die Geräte allerdings im Unterricht genutzt werden könnten, sei oft noch unklar. „Die Sinnfrage von digitalen Medien ist mir wichtig“, sagt Meinking. Aus seiner Sicht hat sich hingegen die Anforderung an Lehrkräfte, den Umgang mit Zeitungen und anderen Medien im Unterricht zu vermitteln, durch die neuen oder sozialen Medien nicht verändert.
Das sieht Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) anders. Jahrelang seien klassischen Medien und starke Parteien Vermittler von Politik gewesen, betont sie in ihrer Begrüßung vor Beginn der Diskussionsrunden. Ein „Fundament der repräsentativen Demokratie“, dass durch die neuen Medien und soziale Netzwerke erodiere. In diesem vielfältigen System suchten Parteien wie auch klassische Medien nach ihrer Rolle. Das verzweigte Netz der Medienlandschaft sei durch unzählige Nachrichtenkanäle im Internet und in sozialen Medien undurchsichtiger geworden. Deswegen fordert die Senatorin, dass Fragen nach vertrauenswürdigen Nachrichten und der Handhabung neuer Medien in Schulen diskutiert werden. „Medienbildung ist Demokratiebildung“, sagt Bogedan.
Diese Einordnung ist auch Silke Umland wichtig. Sie unterrichtet am Hermann-Böse-Gymnasium, dort herrscht weitgehend Handyverbot. In ihrer Freizeit aber hätten ihre Schülerinnen und Schüler unbegrenzten Zugang zu Informationen im Netz. Was davon richtig oder falsch, sinnvoll oder überflüssig ist, will Umland im Unterricht einordnen. „Für mich ist die Frage wichtig, wie ich meinen Schülern helfen kann.“ Gerade Smartphones sorgten bei Kindern und Jugendliche immer wieder für Ablenkung, das beeinflusse das Lernen und den Unterricht.
Das Ablenkungspotenzial von Smartphones bereitet Klaus Zierer Sorgen, er ist Erziehungswissenschaftler und Professor an der Universität Augsburg. Ständige Erreichbarkeit, eine nicht endende Benachrichtigungsflut sowie stetes Wischen und Liken in sozialen Medien führten nicht selten, das zeige die Forschung, zu Schlafstörungen oder Depressionen. Auch die Lernleistung oder die Lesekompetenz sinke nachweislich mit Fortschreiten des digitalen Zeitalters. Phänomene, die Lehrkräfte forderten: Die technische Revolution sei in der breiten Gesellschaft, nicht aber in den Schulen angekommen. Eine Ja- oder Nein-Frage, ob Smartphones oder Tablets überhaupt etwas in Schulen verloren haben, hält Zierer für überholt. „Digitale Medien sind Teil unserer Lebenswelt.“ Deswegen hat der Forscher zwar Verständnis für Kritiker, fordert aber auch mehr Mut zum Fortschritt ein. „Wir müssen Technik nicht verteufeln, sondern lernen, damit umzugehen“, sagt der Erziehungswissenschaftler.
Dieses Thema beschäftigt auch den Grundschullehrer Andre Schickler. Er ist der Digitalkoordinator an der Freien Evangelischen Bekenntnisschule Bremen, muss sich deshalb viel mit den Möglichkeiten und Grenzen neuer Endgeräte im Unterricht beschäftigen. Für ihn ist dabei wichtig, die Kolleginnen und Kollegen nicht zu überfordern und mit ihnen gemeinsam Inhalte zu entwickeln, für die die neue Technik auch sinnvoll genutzt werden kann. Dazu gehöre auch der von Zierer erwähnte Umgang mit neuen Medien. Auch wenn Falschnachrichten meist erst in den 6. bis 8. Klassen in die Lebenswelt der Schülerschaft rückten, habe er immer öfter in Grundschulklassen damit zu tun: mehr Smartphones, mehr Whatsapp, mehr Kettenbriefe – das schaffe auch mehr Aufklärungsbedarf. „Die Ernsthaftigkeit von Quellen ist wichtiger geworden“, so Schickler. „Kinder und Jugendliche müssen einschätzen können, was ihnen mitgeteilt wird.“
Karen Lorenz unterrichtet seit drei Jahren am Kippenberg-Gymnasium, Falschnachrichten waren bei ihr bisher kein Thema. Sie will vielmehr wissen, wie sie digitale Medien nutzbringend in den Unterricht einbinden kann. „Es fehlt in den Schulen an Konzepten und an Strukturen“, sagt sie. Die Zeit und die Fortbildungen für die Lehrkräfte fehlten, um solche Konzepte zu entwickeln. Vieles müsse nebenher passieren. Dass der Digitalpakt die Wende für Bremer Schulen ist, glaubt sie nicht. „Das ist eine Chance, aber nicht die Heilung des Bremer Bildungssystems“, sagt die junge Lehrerin.
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was auf den tisch kommt.
und wer greift vorher ins regal ?
de muddi ...