
Wie ist es zu werten, dass in Bremen weit mehr als die Hälfte der Abschiebungen nicht vollzogen wird? Laut aktuellen Zahlen, über die der WESER-KURIER berichtet hatte, sind in diesem Jahr bis zum Stichtag 30. Juni insgesamt 46 ausreisepflichtige Asylbewerber abgeschoben worden. In 99 Fällen konnte – aus unterschiedlichen Gründen – nicht abgeschoben werden. Dazu gehen die Meinungen der Fraktionen der Parteien auseinander. Einig sind sich die Abgeordneten aber bei der Bewertung der grundsätzlichen Ausrichtung der Bremer Asylpolitik.
„Ich halte die Herangehensweise, auf die freiwillige Ausreise zu setzen, für richtig“, sagt Marco Lübke, innenpolitischer Sprecher der CDU. Seine Fraktion hatte den Senat um aktuelle Zahlen gebeten – die offizielle Antwort steht noch aus. „Wir haben nachgefragt, weil die Zahlen, die es sonst regelmäßig gab, ausgeblieben sind“, sagt der Abgeordnete. Was er kritisiert, sind die Fälle, in denen nicht abgeschoben werden konnte, weil die Betroffenen nicht anwesend waren (38 Mal) oder der Polizei Kapazitäten fehlten (14 Mal). Lübke: „Das kann nicht sein. Ich erwarte, dass sich das verbessert.“ In anderen Bundesländern würden, anders als in Bremen, Abschiebungen zum Beispiel nicht vorher angekündigt.
In dieselbe Richtung zielt auch die Kritik der FDP. "Der Rechtsstaat muss in dieser Frage konsequent vorgehen. "Auch wenn das für die Beteiligten nicht schön ist", sagt Fraktionschefin Lencke Steiner. Dass Polizeikräfte fehlten und sich deshalb Abschiebungen verzögerten, "darf nicht passieren". "Gut ist aber, dass durch das neue Referat bei den Kriminellen durchgegriffen wurde", sagt Steiner. Die "Zentralstelle Rückführungen" gibt es seit Mai 2018, dort arbeiten Spezialisten daran, ausländische Schwerverbrecher oder Gefährder abzuschieben. Das gelang laut dem Bericht 16 Mal im ersten Halbjahr 2019.
Die Linken dagegen setzen darauf, rechtliche Spielräume zu nutzen und möglichst vielen Menschen das Bleiberecht zu verschaffen. Derzeit leben im Bundesland gut 2900 Ausreisepflichtige, mehr als 2400 von ihnen besitzen laut Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innensenators, eine Duldung und können nicht abgeschoben werden. „Wir sind als Koalition mit der Maßgabe angetreten, eine humanitäre Migrationspolitik zu machen“, sagt Sofia Leonidakis, fluchtpolitische Sprecherin der Linken. „Sie misst sich auch in der Frage der Abschiebungen.“ In der Praxis stellten sich humanitäre Bleibe-Gründe häufig spät in Verfahren heraus, weil Gutachten über Traumata nach einer Flucht erst im Laufe oder nach einer ärztlichen Behandlung erstellt werden könnten.
Auch Björn Fecker, Fraktionschef der Grünen, betont, dass es jeweils auf den einzelnen Fall und seine individuellen Gründe ankäme. „Wir schieben zum Beispiel ja keine Schwerkranken ab. An der Anzahl von Abschiebungen kann man gar nichts messen“, sagt er. Grundsätzlich sei das eine Debatte, die nicht emotional geführt werden dürfe. Dramatik sei für ihn in den Zahlen des Berichts nicht zu erkennen.
Ähnlich sieht es Kevin Lenkeit, innenpolitischer Sprecher der SPD. Die Strategie der freiwilligen Ausreise sei richtig. „Abschiebungen sollten die Ultima Ratio sein“, sagt er. Außerdem gibt er zu bedenken, dass das Prinzip, auf freiwillige Ausreisen zu setzen, auch ein Faktor sei, der helfe, Kosten zu sparen. Seit 2016 sind etwa 780.000 Euro an Kosten für Abschiebungsflüge und Sicherheitspersonal aufgelaufen. „Das sind zwei Hochrisikospiele“, ordnet Lenkeit ein.
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