
Wenn Sommer ist, die Sonne scheint und das Wochenende beginnt, wird es stickig in der Wohnung von Ronald Pegel. Dicke Luft in jeder Hinsicht, weil Pegel an solchen Tagen nicht nur die Fenster geschlossen hält, sondern sich auch maßlos ärgert. Es ist der Lärm, der ihn aufregt, er kommt von der Straße. Auto- und Motorradfahrer, die ihren Motoren den höchsten Drehmoment abverlangen und dabei Geräusche erzeugen wie auf der Rennstrecke in Monte Carlo. „Ein Flugzeugstart ist nichts dagegen“, sagt Pegel, der in der Schwaneweder Straße wohnt, kurz vor der Landesgrenze, „teilweise denke ich, die haben gar keinen Auspuff.“ Den Eindruck kann man haben, auch an anderen Stellen in der Stadt: Die Krachmacher sind unterwegs. Es gibt viel Verdruss deswegen, aber nur wenig Möglichkeiten, gegen den Lärm und seine Verursacher etwas zu tun.
Bei Pegel, ein Name, der zum Problem passt, sind es in der Schwaneweder Straße vor allem die Motorradfahrer, die wie verrückt Gas geben. „Ich habe bestimmt schon 20-mal bei der Polizei angerufen, damit kontrolliert wird. Wahrscheinlich haben die nicht genug Personal.“ Nach seiner Beobachtung sind es stets die gleichen zwei, drei Fahrer, die ihre Maschinen auf gerader Strecke bis zum Maximum aufheulen lassen. „Die Nummernschilder sind nach oben gebogen“, erzählt Pegel. Keine Chance für den 59-jährigen Straßenbauer, die Fahrzeughalter zu identifizieren.
Bessere Lärmschutzvorschriften bringen nichts
Lärm bis zum Anschlag, obwohl sonst doch penibel festgelegt ist, wie viel Dezibel erlaubt sind: Nachts weniger, tagsüber mehr und aufsteigend differenziert nach Wohn-, Misch und Gewerbegebieten. Ein besonderer Schutz gilt zum Beispiel für Krankenhäuser. Doch helfen die Grenzwerte auch? Das Bundesumweltministerium stellt fest, dass der Verkehrslärm in Deutschland trotz besserer Lärmschutzvorschriften in den letzten Jahren auf hohem Niveau geblieben ist. Hauptgrund sei das anhaltende Verkehrswachstum. Was hinzukommt, ist beim Umweltbundesamt nachzulesen. Nach Messungen der Behörde sind Pkw heute im Mittel noch genauso laut wie vor 25 Jahren. Nur bei den Lkw habe es Verbesserungen gegeben.
„Eine wesentliche Ursache hierfür ist, dass die Betriebsbedingungen bei der Typprüfung relativ fern von der Realität sind“, schreibt das Bundesamt in einer Abhandlung vom Juli dieses Jahres.
Ist es also beim Lärm wie bei den Abgasen? Wird geschummelt und getrickst, mit dem Ergebnis, dass die Menschen durch den Autoverkehr viel stärker belastet werden als bisher angenommen?
"Es ist schon erstaunlich, für welche Fahrzeuge man eine Genehmigung bekommt"
Die Polizei wundert sich: „Es ist schon erstaunlich, für welche Fahrzeuge man eine Genehmigung bekommt“, sagt Jens Rezewski, Leiter der Bremer Verkehrspolizei. Er zählt eine bestimmte Klasse von Motorrädern dazu, die Harleys zum Beispiel mit ihrem speziellen Sound, oder einzelne Sportwagentypen. „Die sind eigentlich lauter als die Polizei erlaubt.“ Nur wie das ahnden, wenn durch die Einträge in den Fahrzeugpapieren alles gedeckt ist?
Die Fahrer nennen es Sound – ein Fauchen, Wummern und Dröhnen, es röhrt, trompetet und brüllt. PS-Potenz, die man hören soll. Die Polizei spricht von „Posern“, die man zu Nachtzeiten zum Beispiel an der Diskomeile beobachten könne. „Bei Kontrollen in dem Bereich mussten wir feststellen, dass eine große Anzahl von Kraftfahrzeugen mit serienmäßigen, zugelassenen Abgasanlagen mit Drosselklappen eine erhebliche Lautstärke aufwiesen und trotzdem für den Straßenverkehr zugelassen wurden“, berichtet Rezewski. Solche Klappen dienten allein dazu, dass es laut wird, wenn die Fahrer es möchten. Porsche zum Beispiel verspricht für eines seiner Modelle einen kernigeren Klang, der das Fahrerlebnis emotionalisiere. Das kostet zwar extra, hat bisher aber Käufer gefunden. „Es gibt offenbar genügend Menschen, die diesen Preis zahlen, um das Umfeld zum Beben zu bringen. Sie bekommen bei diesem satten Klang eine Gänsehaut“, schreiben die Autojournalisten des Fachmagazins „Heise Autos“.
Neue Pkw sollen leiser werden
Seit dem 1. Juli vergangenen Jahres sind Klappenauspuffanlagen oder Sound-Generatoren zwar nicht verboten, sie dürfen aber nicht länger dazu führen, dass die Fahrzeuge per Knopfdruck wie von der Leine gelassen mit dem Brüllen anfangen. Die Grenzwerte müssen nun in jedem Zustand eingehalten werden, so sieht es die neue EU-Verordnung vor. Durch ein geschärftes Messverfahren bei der Abnahme der Fahrzeugtypen erhoffen sich die Behörden, dass die Kontrolle lückenlos ist. Erfasst werden dadurch freilich nur die neuen Autos und Motorräder. Alle anderen behalten ihr Potenzial, einen Riesenkrach zu machen.
Die Grenzwerte sind gesenkt worden. Bei neuen Pkw mit einer Leistung von bis zu 163 PS sind es nur noch 72 Dezibel statt vorher 74 Dezibel. In zwei weiteren Schritten soll es bis zum Jahr 2026 sogar auf 68 Dezibel runtergehen. Ein enormer Unterschied, denn sechs Dezibel weniger bedeutet, dass der Lärm halbiert wird. Anders sind die Regeln bei den schweren und leistungsstarken Sportwagen. Sie dürfen bis zu vier Dezibel lauter sein als ein durchschnittlicher Pkw. Ein Zugeständnis an die Luxussparte der Automobilindustrie.
In Paragraf 30 der Straßenverkehrs-Ordnung ist alles klar geregelt: „Bei der Benutzung von Fahrzeugen sind unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten“, heißt es dort. So dürften Fahrzeugmotoren nicht unnötig laufen gelassen und Fahrzeugtüren nicht übermäßig laut geschlossen werden. Unnützes Hin- und Herfahren sei innerhalb geschlossener Ortschaften verboten, wenn Andere dadurch belästigt werden. So weit die Theorie. In der Praxis halten viele Fahrer es so, sagt Jens Rezewski: „Sie spielen wilde Sau.“ Und die Polizei kann wenig dagegen machen.
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