
Nach rund zwölf Monaten Gesundheitsschutz-Auflagen wird weiterhin über die Hygiene und das Infektionsrisiko im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) diskutiert. Kritik entzündet sich daran, dass in Bussen und Bahnen der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) keine Desinfektionsmittelspender aufgestellt sind, dass bei den Durchsagen nicht auf Abstandsregeln hingewiesen wird und Ticket-Automaten nicht desinfiziert werden.
Länder und Verkehrsunternehmen untersuchen das Infektionsrisiko im ÖPNV derzeit mit einer epidemiologischen Studie. Im Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) führt die Berliner Charité Research Organisation die Studie durch.
Die BSAG und das Gesundheitsressort verweisen darauf, dass das Aufstellen von Desinfektionsmittelspendern laut der aktuellen Corona-Verordnung für Bremen nicht vorgeschrieben ist. „Das Aufstellen von Desinfektionsmittelspendern erfolgt eher aus emotionalen denn aus sachlichen Gründen“, sagt BSAG-Sprecher Jens-Christian Meyer. Es vermittele ein vermeintliches Sicherheitsgefühl. Zudem verteile sich das Desinfektionsmittel schnell auf den Flächen in den Fahrzeugen, das Bereitstellen sei zudem kostspielig.
„Eine mehrfache gründliche Reinigung von Bussen und Bahnen, wie wir es machen, ist effektiver“, sagt Meyer. Diese Vorkehrungen würden regelmäßig durch die BSAG, das Gesundheitsamt und den Corona-Krisenstab der Stadt überprüft. Auch ein Abgleich der Regeln mit anderen Bundesländern durch den Verband deutscher Verkehrsunternehmen komme zu dem Ergebnis, dass die Reinigung effektiver sei als Desinfektionsmittelspender.
Zu den Kritikern dieser Regelung zählt Thorsten Lieder, Geschäftsführer der Bremer Gastro-Gemeinschaft (BGG). „Ich stelle die These auf, dass viele der nicht nachverfolgbaren Übertragungswege in den Fahrzeugen der BSAG zu finden sind", sagt er. Bei den Mitteln und Wegen zur Eindämmung der Pandemie werde mit zweierlei Maß gemessen. "In den Straßenbahnen und Bussen wird gedrängelt und gekuschelt als wäre Corona kein Thema."
Durchsagen gebe es im ÖPNV zu Mund-Nasen-Bedeckungen, Ansagen und Bitten, möglichst Abstand zu halten und Desinfektion zu nutzen, aber nicht. „Täglich tippen Tausende Menschen auf den Ticket-Automaten herum ohne dass, wie in der Gastronomie vorgeschrieben, Desinfektionen bereitgestellt werden“, sagt Lieder, der sich mit BSAG-Vertretern und Mitarbeitern des Gesundheitsamtes in einem umfangreichen Mail-Verkehr streitet. „Wir stellen der BSAG gerne unsere Kontaktnachverfolgungs-App zur Verfügung. Je mehr Fahrgäste diese nutzen würden, desto einfacher wäre es, Infektionswege zu analysieren“, sagt Lieder.
Der Krankenhaushygieniker Martin Eikenberg vom Klinikverbund Gesundheit Nord hat in einem Gespräch mit unserer Zeitung ganz klar zu Händewaschen und -desinfektion geraten. Hintergrund war der Rückgang anderer Infektionskrankheiten angesichts der Corona-Hygienemaßnahmen. Es sei sinnvoll, in Ämtern, Bibliotheken, Kitas, Schulen, öffentlichen Verkehrsmitteln und am Arbeitsplatz dafür Möglichkeiten zu schaffen, so Eikenberg. „Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass eine gute Händehygiene zu weniger Grippe, Atemwegsinfekten oder Durchfallerkrankungen führt.“ Er rät dazu, stets ein kleines Fläschchen Desinfektionsmittel dabei zu haben. Er gibt aber auch zu bedenken, dass Desinfektionsmittel leicht zu entzünden sind, was Vandalen dazu verleiten könnte, im ÖPNV zu zündeln.
Die Hannoverschen Verkehrsbetriebe Üstra verzichten in Bussen und Bahnen ebenfalls auf Desinfektionsmittelspender. „Sie wären dem Vandalismus ausgesetzt. Sie würden zerstört, geklaut oder missbraucht werden“, sagt Üstra-Sprecher Udo Iwannek. Das Verkehrsunternehmen setze auf regelmäßige Reinigungen und bargeldoses Bezahlen an den Automaten, die nicht in den Fahrzeugen, sondern an den Haltestellen stehen. In den Corona-Verordnungen sei eine Pflicht zum Tragen von FFP2- oder medizinischen Masken vorgeschrieben, Desinfektionsmittelspender nicht.
Bei der BSAG ist die Umstellung auf bargeldloses Bezahlen abgeschlossen. Fahrgäste können nun in den Bussen ihr Ticket per Kreditkarte, Girokarte oder mit Google Pay und Apple Pay erwerben. Dazu wurden rund 210 Fahrzeuge umgerüstet. In Straßenbahnen, an den BSAG-Haltestellen-Automaten und in den Kundencentern ist die bargeldlose Zahlung schon länger möglich.
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