
Bei Ebay war der Angeklagte als „Denis17“ unterwegs. Dort inserierte er Autoteile. Meistens Multifunktionslenkräder, gerne aber auch mal Navigationsgeräte oder Scheinwerfer. Eben alles, was bei den Autoaufbrüchen seiner Komplizen so zusammenkam. Eines der Lenkräder verkaufte er für 690 Euro über den Internet-Marktlatz an „Denipeter23“. Was Denis17 nicht wusste – Denipeter war ein verdeckt ermittelnder Polizist. Seit Montag sitzt der 31-jährige Hehler vor dem Landgericht. Neben ihm auf der Anklagebank vier Männer, die in Bremen und Umland reihenweise Wagen aufgebrochen haben sollen.
Insgesamt 30 Autoaufbrüche listete die Staatsanwaltschaft auf, begangenen im Zeitraum zwischen September 2017 und Dezember 2018, in wechselnder Besetzung durch einen oder mehrere Mitglieder des angeklagten Quintetts. Die Anklage geht von gewerbsmäßigem Bandendiebstahl aus.
Die Vorgehensweise der Täter war stets identisch. Nachts wurde die Scheibe eines abgestellten Fahrzeugs eingeschlagen. Anschließend montierten die Täter das Lenkrad ab, manchmal auch den dazugehörigen Airbag sowie Multifunktionsgeräte mit Navi, Radio und CD-Player. Spezialisiert hatten sich die Täter außerdem auf den Ausbau der Frontscheinwerfer. Und gelegentlich ließen sie es auch damit nicht bewenden: So fand der Besitzer eines Fahrzeuges in Sottrum seinen Wagen morgens auf Steinen aufgebockt vor. Neben den genannten „Innereien“ fehlten Räder, Motorhaube und Außenspiegel.
Bevorzugter Fahrzeugtyp war BMW, in wenigen Ausnahmen traf es auch Mercedesfahrer. Der Großteil der Autoaufbrüche ereignete sich in Bremen, quer durch alle Stadtteile. Aber auch Oldenburg und Orte im Speckgürtel Bremens wie Achim, Oyten, Sottrum oder Syke waren Ziele der Täter.
Den Wert der Multifunktionslenkräder bezifferte die Staatsanwaltschaft zumeist auf 1000 bis 2000 Euro. Hinzu kam der Sachschaden durch die eingeschlagenen Scheiben und den rabiaten Ausbau der Autoteile. Hier reichte die Skala in der Regel von 250 bis 2000 Euro. Besonders hart traf es einen Autobesitzer in Oyten, dessen Fahrzeug umfangreich ausgeschlachtet und auf Steinen aufgebockt wurde. Der Wert der gestohlenen Teile lag bei 14 000, der entstandene Sachschaden bei 19 000 Euro. In zwei der 30 Fälle blieb es beim Versuch – just, als die Täter zuschlagen wollten, fuhr zufällig eine Polizeistreife vorbei und die Bande suchte das Weite.
Die gestohlenen Teile gaben die vier Täter laut Staatsanwaltschaft bei ihrem Hehler ab, der dann als Denis17 aktiv wurde. Manchmal noch in der Tatnacht, manchmal auch als Sammellieferung nach mehreren erfolgreichen Beutezügen. Der 31-Jährige habe gewusst, dass es sich bei den Autoteilen um Diebesgut handelte, sagt die Anklagebehörde und wirft dem Mann insgesamt 25 Straftaten vor. Auf eine ähnlich hohe Zahl – 22 Straftaten – kommt nur noch einer der Mitangeklagten, ebenfalls 31 Jahre alt. Dem Rest der Bande, von 18 bis 23 Jahre alt, werden zwischen vier und 15 Straftaten vorgeworfen.
Am ersten Prozesstag wollte sich keiner der fünf Angeklagten zu den Vorwürfen äußern. Was vor allem damit zusammenhing, dass das Gericht ihren Anwälten erst am Dienstag beim Prozessauftakt Kopien einer Festplatte mit brisantem Inhalt überreichen konnte – von der Polizei abgehörte Telefongespräche, die die Angeklagten vom Gefängnis aus geführt haben. „Die will mein Mandant jetzt erst mal anhören, vorher sagt er nichts“, kündigte einer der Verteidiger dem Gericht an. Genauso sahen das seine vier Kollegen.
Was durchaus dauern könnte. Es handele sich um „sehr umfangreiches Material“ kündigte der Vorsitzende Richter den Verteidigern nicht eben zu deren Freude an. Die waren zu diesem Zeitpunkt aber ohnehin schon im Angriffsmodus, beschwerten sich über die „kleckerweisen Nachlieferungen“ der Staatsanwaltschaft. Schon seit zwei Monaten habe das Gericht auf die Übergabe der Festplatte gedrängt, aber erst jetzt zum Verhandlungsbeginn läge sie vor, ärgerte sich Anwalt Carsten Scheuchzer. Dies sei keine Basis für die Verteidigung, um sich vernünftig mit den Angeklagten auf den Prozess vorzubereiten.
Hinzu käme ein schlichtes organisatorisches Problem, ergänzte sein Kollege Jörg Hübel. Wann sollten die Angeklagten in Gegenwart ihrer Verteidiger die stundenlangen Telefonmitschnitte abhören? Denn laut Weisung des Gerichts darf den Angeklagten die Festplatte nicht einfach übergeben werden. Sie müssen sie unter Aufsicht in gesicherter Umgebung abhören, wie etwa in den Kanzleien ihrer Anwälte. Innerhalb der normalen Geschäftszeiten sei dies kaum möglich, zumal sein Mandant gerade ein Praktikum absolviere, so Hübel.
Ungeachtet dieses Problems wird der Prozess am 12. Juni fortgesetzt.
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