
Eine Zeit lang wurde der Blumenkübel jeden Morgen auf die Knochenhauerstraße in der Bremer Stadtmitte geschoben, abends wieder zurück. Es war eine verzweifelte Idee der dort ansässigen Einzelhändler. Denn die Durchfahrt mit dem Auto war verboten worden, trotzdem hatten sich einige Fahrer nicht um das auf die Fahrbahn gepinselte Piktogramm geschert.
Inzwischen steht der Blumenkübel meistens angekettet am Rand, weil sich niemand mehr verantwortlich fühlt. Verbote, die mühelos zu umgehen sind, ohne dass einen Sanktionen treffen, funktionieren selten. In dem Blumenkübel materialisiert sich auch der Beweis, dass Verkehrspolitik nicht darin bestehen kann, Fahrbahnen bemalen zu lassen.
Auch an einer anderen zentralen Stelle in Bremen wird gerade der Versuch unternommen, mit einer neuen Fahrbahnmarkierung eine grundlegende Verbesserung zu erreichen: am Stern in Schwachhausen, der in dieser Woche wieder für den Verkehr freigegeben werden soll. Es ist schon klar erkennbar, was sich ändert: Autos haben nur noch eine statt zwei Spuren, sie ist überdies schmaler, und der Abstand zur Fahrradspur wächst. Dadurch wird der Winkel stumpfer, mit dem Autos abbiegen, sodass die Fahrer die Fahrradspur besser überblicken.
Gefahr am Stern bleibt
Das ist die Theorie, die sich in den neuen weißen Linien und roten Flächen auf dem Asphalt wiederfindet. Zu erwarten ist, dass sich die Praxis leider nicht an die Theorie halten wird. Der Stern bleibt eine der gefährlichsten Kreuzungen in Bremen, die neue Bemalung dürfte allenfalls eine graduelle Verbesserung bewirken, wenn überhaupt.
Denn die Gefahr am Stern bleibt grundsätzlich die gleiche wie vor den Bauarbeiten. Auf sechs Straßen kreuzen sich die Wege von Autos, Fahrrädern und Fußgängern, und mitten durch rauscht immer wieder die Straßenbahn. Für jeden dieser Verkehrsteilnehmer können dabei extrem komplexe Situationen entstehen, selbst dann, wenn sich alle an die Regeln halten.
Aber das ist ja nicht der Fall: Manche Autofahrer übersehen Fahrradfahrer aus Unachtsamkeit, und manche Fahrradfahrer rauschen in vollem Tempo auf den Stern, selbst wenn sie keine Vorfahrt haben. Das kann tödlich ausgehen. Aus einem neuralgischen Verkehrsknotenpunkt macht Bremen ein sozialdarwinistisches Experiment. 25.000 Autofahrer gegen 5500 Fahrradfahrer – pro Tag.
Autoverkehr wird zurückgedrängt
Dass an einer Bemalung festgehalten wird, statt hinreichend für Ordnung zu sorgen, lässt sich wohl nur mit der durch und durch dogmatischen Verkehrspolitik Bremens erklären. Es geht nicht um eine fahrlässige Verschnarchtheit, sondern es ist tatsächlich Vorsatz. Der Kern des Dogmas ist, Fahrradfahrern freie Fahrt zu geben und Autos zurückzudrängen, wo es nur geht. Dabei entstehen auch gute Dinge, keine Frage – aber eben nicht nur.
In diesem Fall dürfte die neue Bemalung sogar nicht nur nichts besser machen, sondern die Lage für alle verschlechtern. Denn wenn die Staus morgens auf der Nordseite und abends auf der Südseite des Sterns sich verlängern, steigt das Konfliktpotenzial.
Die Zahl der Verkehrsteilnehmer hat sich seit dem Jahr 1905, als der Stern angelegt wurde, vervielfacht, und die Fahrzeuge – Autos wie Fahrräder – sind viel schneller geworden. Seit Jahren diskutiert Bremen, was zu tun ist. Dass auch der Umbau für 640.000 Euro – zwei Drittel der Kosten trägt der Bund – nicht die Verbesserung gebracht hat, die sich alle Beteiligten wünschen, dürfte sich schnell zeigen. Wer ein Nadelöhr verengt, kann keinen besseren Verkehrsfluss erwarten.
Aber was tun? Ampeln könnten eine Lösung sein, weil sie die Komplexität reduzieren: Rot ist rot, und grün ist grün. Es stimmt zwar, dass bundesweit der Trend weg von Ampeln und hin zu Kreisverkehren geht, aber nicht Trends sollten die Verkehrspolitik leiten, sondern die Empirie. Vielleicht lässt sich Verkehr aus dem Stern herausholen, indem man an anderer Stelle für eine bessere Verkehrsführung sorgt? Aber auch der Concordia-Tunnel ist ja zu einem Nadelöhr verengt worden. Am Stern haben schon so viele mitgeredet. Es ist alles gesagt und auch von allen. Bald muss der Punkt kommen, an dem Bremen einen Schnitt macht und ganz von vorne nachdenkt.
Im Filmepos „Star Wars“ verschwand der Todesstern schließlich in einer riesigen Explosion. Eine Strategie für den Stern von Schwachhausen kann das nicht sein. Aber möge die Macht mit denen sein, die irgendwann einmal eine wirkliche Lösung für diesen gefährlichen Ort finden und durchsetzen.
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