
Es läuft wie am Fließband. Der Bus fährt ein, die Fahrgäste treten vor, die Türen öffnen sich. Die Menschen werfen den Rucksack über die Schulter, ziehen die Maske über Mund und Nase und steigen einzeln in die Fahrzeuge. Mal mit mehr, mal mit weniger Abstand. Kurze Zeit später das gleiche Spiel von vorne. Es ist 5.05 Uhr und die Linie 63 zum Güterverkehrszentrum (GVZ) fährt wie am Schnürchen. Zwischendurch eine Schnellverbindung. Im Fünfminutentakt. Zeitweise ist die Frequenz am Montagmorgen noch höher und die Busse stehen Schlange. Der Nahverkehr in Zeiten der Pandemie scheint auf dieser Strecke zu funktionieren. Doch das Infektionsrisiko, die Angst vor der Ansteckung fährt mit.
In orangefarbenen Schutzjacken stehen zahlreiche Männer am Busstopp. Abseits ziehen ein paar Raucher an ihren Zigaretten. Der Dampf von heißem Kaffee in Pappbechern steigt auf. Es ist feucht und kühl an diesem Morgen. Die roten Rücklichter der Fahrzeuge und die Scheinwerfer spiegeln sich auf den nassen Pflastersteinen. Ein Doppeldecker passt kaum unter das Dach der Haltestelle – höchstens ein halber Meter bis zur Decke. Die grünen Fahrzeuge des Bremer Reisebusunternehmens Frenzel-Reisen übernehmen für die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) Touren in das Logistik-Zentrum GVZ. Insgesamt 34 zusätzliche Fahrten sind es seit Anfang Dezember. Sie sollen zu einer Entzerrung zu den Stoßzeiten führen.
Um 6 Uhr ist Schichtbeginn bei vielen der 150 Unternehmen im GVZ. Die Männer in den Warnschutzjacken mit den weiß-silbernen Reflektorstreifen drücken ihre Zigarettenstummel im Aschenbecher aus, ruckeln ihre Maske zurecht. Den nächsten Bus wollen sie nehmen. Zwischen 20 bis 30 Minuten dauert die Fahrt zur Arbeitsstelle. Die Situation in den Bussen hat sich laut ihren Aussagen sehr entspannt. Zu Beginn der Pandemie seien die Busse proppenvoll gewesen. Zu den Schichtwechseln hätten sich die Arbeitnehmer dicht gedrängt in die Fahrzeuge gepresst. Das sei seit Wochen nicht mehr der Fall, sind sich die Männer einig.
Weil es im vergangenen Jahr zu den Stoßzeiten im Berufsverkehr zu überfüllten Bussen und dichtem Gedränge an den Haltestellen gekommen war, stieg der Druck durch Politik, Fahrgäste und Unternehmen. Die BSAG reagierte in mehreren Schritten. Anfangs wurde der Pandemie-Fahrplan angepasst und trotz gesunkener Fahrgastzahlen wieder auf 100 Prozent hochgefahren. Doch das reichte nicht, um einen coronakonformen Abstand einzuhalten. Das kommunale Verkehrsunternehmen verstärkte die Strecke mit einer Schnellverbindung, der Linie 63S. Im November kamen zehn Fahrten hinzu, im Dezember setzte die BSAG nach langen Diskussionen die drei angemieteten, privaten Reisebusse ein. Diese sollten eigentlich bis Weihnachten im Einsatz sein.
Laut Andreas Holling, Sprecher der BSAG, ist der Zeitraum nun bis Ende März verlängert worden. „Im Fahrplan 2019/2020 hatten wir auf der Linie 63 lustigerweise 63 Fahrten ab Hauptbahnhof“, sagt Holling. Derzeit gebe es etwa zwei Drittel mehr Fahrten. An den Stationen Güterverkehrszentrum Zentralbereich und Verkehrsgewerbe Ost oder an der Senator-Harmssen-Straße ist an diesem Montag kurz vor Arbeitsbeginn nicht viel los. Ein paar dunkle Gestalten laufen zu den großen Lagerhallen. Mehr Betrieb ist an der Haltestelle Georg-Henschel-Straße (Senator-Apelt-Straße), von der es einen Treppenabgang zu den Hallen von BLG Logistics gibt.
Wer aus den Bussen aussteigt, trägt Maske. Nur selten kommt es zu kürzeren Abständen zwischen den Menschen. Selbst ein junger Mann, der zwei Minuten zu spät ist, die Treppen runter springt und zum Eingang sprintet, hält Nase und Mund bedeckt.
Andere sehen die Situation kritisch. „In Bremen gibt es immer noch auf einigen Linien des ÖPNV überfüllte Fahrzeuge“, sagt Jelena Seveliova. Ihrer Meinung nach müssten der Zustieg kontrolliert und mehr Fahrzeuge eingesetzt werden. „Das ist schon passiert, aber nicht in ausreichendem Maße“, so Seveliova. So gebe es in den Bussen ins GVZ keine Kontrollen. Agnes Seehafer vom Logistikunternehmen Uhlhorn, das in der Georg-Henschel-Straße ansässig ist, kritisiert, dass einer der „gut gefüllten“ Doppeldecker am Montag nicht mehr fuhr. „Aufgrund des Ausfalls war der nächste Bus bis unter das Dach voll und das bei explodierenden Corona-Fällen in Deutschland“, sagt Seehafer. Stattdessen habe sie eine Leerfahrt registriert. Laut BSAG-Sprecher Holling habe es kleinere Umstrukturierungen gegeben, wodurch drei der insgesamt 44 zusätzlichen Fahrten auf der GVZ-Strecke wegfielen. Dafür soll kurzfristig Ersatz gefunden werden.
Insgesamt positiv sieht Ralph Sandstedt, Geschäftsführer der GVZ-Entwicklungsgesellschaft, die getroffenen Maßnahmen. „Seitdem die Verstärkerbusse fahren, erhalten wir so gut wie keine Beschwerden mehr“, sagt er. Ein Entzerren der Arbeitszeiten, um Fahrgäste auf die Busse zu verteilen, hält er für kaum möglich, da viele Firmen ihre Schichten an nationale Partner anpassen müssten. Zufrieden zeigt sich BLG-Pressesprecherin Vivien Kretschmann: „Wir schätzen die zusätzlichen Busse der BSAG sehr.“
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