
Die Caritas zeigt Gesicht, im buchstäblichen und im eigentlichen Sinn: Für vier Wochen hängen im Rahmen einer Kampagne mit eben diesem Titel an 240 Standorten in Bremen Plakate des Wohlfahrtsverbands, darunter ein 24 Quadratmeter großes Exemplar im Hauptbahnhof. Ein Teil der Motive zeigt zwei Mitarbeiterinnen des Wohlfahrtsverbands der katholischen Kirche aus Bremen und eine aus Twistringen.
Dass hinter dem Verband eine Kirche steht, ist auch Anlass der Werbung in eigener Sache, die sich ebenfalls in den sozialen Netzwerken niederschlägt. Der Sozialverband will mit Vorurteilen aufräumen, insbesondere bei potenziellen Mitarbeitern. Neben dem Caritasverband Bremen ist der Caritasverband der Diözese Osnabrück an der Aktion beteiligt.
"Religion ist bei uns keine Frage der Einstellung" oder "Ich gehe zur Arbeit und nicht in die Kirche" ist auf den Plakaten zu lesen. Die wachsende Sorge um Fachkräfte sei ein Anlass der Werbeaktion, sagt Martin Böckmann, Direktor der Caritas Bremen, aber nicht der alleinige Grund. Die Caritas sei bunter als viele annähmen. "Wir stellen immer wieder fest, dass potenzielle Bewerber denken, sie müssten katholisch sein, um bei uns zu arbeiten. Wir wollen zeigen, wie offen wir tatsächlich sind."
Die Caritas-Mitarbeiterin aus Twistringen heißt Ulrike Büter und arbeitet als Sozialberaterin bei der Caritas Twistringen. Bei den abgebildeten Bremerinnen handelt es sich um Nevin Yildirim und Sandra Koschel. Nevin Yildirim ist Pflegehilfskraft im Haus St. Elisabeth. Sandra Koschel arbeitet als Familienpädagogin in der ambulanten Erziehungshilfe.
Die beiden hatten sich gemeldet, als die Caritas intern nach Repräsentanten für die Kampagne suchte. "Es war uns wichtig, Mitarbeiter zu finden, die authentisch sind", also nicht Mitglied der katholischen Kirche, sagt Simone Lause, Kommunikationsleiterin der Caritas.
Sie habe sich gerne für die Aktion zur Verfügung gestellt, berichtet Sandra Koschel. Sie erlebe die Caritas als einen "vielfältigen und innovativen Arbeitgeber, das möchte ich gerne zeigen". Sie ist mit einer Frau verheiratet, nicht katholisch, bezeichnet sich jedoch als gläubig. "Die christlichen Werte, mit denen ich aufgewachsen bin, trage ich in mir, das gebe ich auch gerne weiter."
Sie sei zunächst unsicher gewesen, ob sie in einer katholischen Einrichtung als Muslimin und Kopftuchträgerin akzeptiert werden würde, erzählt Nevin Yildirim. Diese Zweifel hätten sich schnell zerstreut, folglich habe sie keine Bedenken gehabt, ihr Gesicht auf Plakaten zu präsentieren. "Ich möchte anderen Hoffnung machen", dass sie bei der Caritas mit Offenheit und Toleranz rechnen könnten. "Ich will zeigen: Es geht, man kann miteinander arbeiten, ob man Katholikin ist oder Protestantin oder Muslimin oder etwas anderes."
In ihrem Umfeld sei das nicht selbstverständlich. Auf ihrer Homepage beantwortet die Caritas auch die offenbar häufig gestellte Frage "Ist die Caritas Bremen auch für nichtkatholische Menschen da?". Die Antwort: "Der Großteil der Menschen, denen wir helfen, ist nicht katholisch.
Das liegt auch daran, dass lediglich 11 Prozent der Bremer katholisch sind. Nationalität, Konfession und gesellschaftlicher Status spielen bei uns keine Rolle – übrigens auch in vielen Bereichen unserer Mitarbeiterschaft nicht." In vielen Bereichen, nicht in allen, räumt Böckmann ein. "Vorstand zu werden, ist schwierig, wenn man nicht katholisch ist."
Die Kirchen sind nach dem Staat mit rund 1,3 Millionen Beschäftigten die zweitgrößten Arbeitgeber Deutschlands. Für die Caritas arbeiten nach eigenen Angaben bundesweit gut 617.000 Menschen in mehr als 24.000 Einrichtungen und Diensten. In Bremen ist die Caritas Arbeitgeber für rund 700 Frauen und Männer. Das Grundgesetz gestattet den Kirchen Selbstverwaltung und damit auch ein eigenes Arbeitsrecht.
Für Schlagzeilen hatten in der Vergangenheit Fälle gesorgt, wie der eines Düsseldorfer Chefarztes, der von einer katholischen Klinik die Kündigung erhielt, weil er zum zweiten Mal geheiratet hatte. Im April hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass kirchliche Arbeitgeber nicht bei jeder Stelle die Religionszugehörigkeit als Voraussetzung für eine Einstellung fordern dürfen.
Vor drei Jahren hatten die Teilnehmer der Bischofskonferenz bereits das kirchliche Arbeitsrecht liberalisiert. Danach sind Scheidung, eine neue standesamtliche Ehe sowie eine eingetragene Lebenspartnerschaft in katholischen Krankenhäusern, Kindergärten oder Schulen nur in Ausnahmefällen ein Kündigungsgrund. "Das reformierte Arbeitsrecht unterscheidet zwischen den Berufsgruppen. So gelten für Seelsorger andere Maßstäbe als für Mitarbeiter in der Verwaltung, in Kitas oder Altenheimen. Kriterien sind eine mögliche Gefährdung der kirchlichen Glaubwürdigkeit oder ein ,erhebliches' öffentliches Ärgernis durch die Lebensführung kirchlicher Mitarbeiter", erhellt der "Kölner Stadtanzeiger".
"Bei uns ist das schon seit vielen Jahren gelebter Alltag", sagt Böckmann. "Würden wir nur Katholiken beschäftigen, könnten wir 70 Prozent unserer Einrichtungen schließen." Gerade in der Diaspora wie in Bremen, wo nur ein kleiner Teil der Bevölkerung katholisch sei, sei eine Öffnung gegenüber Konfessionslosen und Menschen anderen Glaubens unumgänglich, aber grundsätzlich auch erwünscht.
Es komme bei Bewerbern auf die innere Haltung an, nicht auf einen Eintrag in den Stammdaten. Die Leitbilder der Caritas und gewisse Werte seien vom gesamten Team mitzutragen, nicht aber die Konfession. "Die Identität der Einrichtung ist davon nicht beeinflusst. Entscheidend ist für uns, wie die Arbeit vor Ort ist, wie die Mitarbeiter angenommen werden und dass das möglich ist, was uns als kirchliche Einrichtung auszeichnet." Dazu gehöre beispielsweise die Begleitung von Senioren in einen katholischen Gottesdienst.
Dass Nevin Yildirim Kopftuch trägt, sei nie ein Problem gewesen, nicht bei Kollegen, nicht bei den betreuten Senioren. "Die Akzeptanz ist hoch." Simone Lause: "Wir gucken nicht darauf, was alles nicht geht und uns trennt, sondern darauf, was uns verbindet." Die Kampagne, die sich auch über das Bistum Osnabrück erstreckt – damit neben Osnabrück über den Landkreis Diepholz, das Emsland, Ostfriesland und die Grafschaft Bentheim –, wird vom Caritasverband für die Diözese Osnabrück finanziert.
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