
Die Liste der Ämter in Bremen, in denen der Bürgerservice zumindest vorübergehend auf der Strecke bleibt, wird lang und länger. In den vergangenen Jahren haperte es im Bürgerservicecenter, bei der Kfz-Zulassungsstelle, im Ausländeramt und im Standesamt. Manche Bremer harrten der Bearbeitung von Wohngeldanträgen und von Geburtsurkunden, andere bekamen fehlerhafte Kindergartengebühren-Bescheide oder warteten auf Elterngeld, auf Baugenehmigungen oder Gerichtstermine.
Vor einer Woche sorgte das Ressort für Bildung und Kinder erneut für Schlagzeilen, weil sich in der Elternbeitragsstelle 2200 unbearbeitete Anträge angehäuft hatten. Eltern warten auf die Erstattung für die Betreuungskosten ihrer Kinder. Wie beim Wohngeld zählen gerade diese Bremer nicht unbedingt zu der Gruppe, bei der man darauf vertrauen kann, dass sie ein Minus im Budget problemlos überbrücken kann. In diesen Fällen geht es also nicht um überzogene Ansprüche von Bürgern gegenüber einem Nanny-Staat, die hier und da sicher auch zu beklagen sind, sondern um Daseinsfürsorge.
Laien können nur vermuten, was in Bremen schief läuft. Keine Frage, die Personaldecke ist eher dünn als dick. Man könnte fast meinen, die bremische Behördenstruktur wäre Teil einer Show mit begrenzten Mitteln: Ein schier endloser Strom von Beamten und Angestellten marschiert über die Bühne. Tatsächlich kehren die Staatsdiener anschließend hinter den Kulissen wieder an den Ausgangspunkt zurück und treten wieder auf, als wären sie noch nicht dran gewesen.
Ist das wirklich alles? Oder legt der Personalabbau nicht auch andere Schwächen bloß? Vor allem das Bildungsressort erweckt mehr und mehr den Anschein einer Parallelbehörde, in der es zu mysteriösen Ereignissen kommt: Anträge türmen sich über Nacht zu Bergen auf, Engpässe entstehen wie durch Zauberhand. Das Ressort führt ein Eigenleben; einige Abteilungen sind offenbar unregierbar. So musste Claudia Bogedan nicht zum ersten Mal eingestehen, erst spät informiert worden zu sein. Offenbar hat sie Mitarbeiter, denen es (an den einstigen CSU-Promi Franz Josef Strauß angelehnt) egal ist, wer unter ihnen Senatorin geworden ist. Dass die Kompetenzen dieses Ressorts auf den Bereich Kinder ausgeweitet wurden, ist – bislang – als großer Fehler zu sehen. Schritt für Schritt wurden Aufgaben übertragen, das neue Ressort hatte bislang mehr als drei Jahre Zeit, um sich nach und nach zu finden. Es ist immer noch auf der Suche.
Der Bürger schwankt derweil zwischen diversen Gemütszuständen wie Ärger, Ohnmacht, Mitleid und Galgenhumor. Wer in jüngster Zeit sowohl auf eine Geburtsurkunde, die Zulassung seines Autos sowie die Verlängerung seines Reisepasses warten musste, entwickelt obendrein eventuell Fernweh. Auf eine Baugenehmigung hofft er nach solchen Erfahrungen vielleicht lieber in einer Speckgürtel-Kommune.
Schon im Januar waren Probleme in der Elternbeitragsstelle zutage getreten. Etwa 1300 unbearbeitete Anträge waren aufgelaufen. Die Senatorin griff ein: „Mitarbeiterinnen der Elternbeitragsstelle arbeiteten nun länger (...) Arbeitsabläufe und Telefonzeiten würden optimiert. Außerdem soll es neue Sachbearbeiterinnen geben“, berichtete diese Zeitung. Was auch immer getan wurde, es hat nicht gereicht. Deshalb hat das Mitgefühl mit den Prügelknaben des Stadtstaats – Beamte und ihre politischen Vorgesetzten – gewisse Grenzen. Es scheint ihnen schwerzufallen, aus Fehlern zu lernen. In der Elternbeitragsstelle eskalierte die Lage erneut, als neben „Altfällen aus den vergangenen Jahren“ (!) 1800 neue Anträge hinzukamen, was vor einem neuen Kindergartenjahr keine allzu große Überraschung sein sollte.
Claudia Bogedan kann auch anders, sie muss auch anders, der Wahltermin rückt näher. Sie entzog dem zuständigen Abteilungsleiter umgehend die Verantwortung. Mitarbeiter wurden um Überstunden gebeten, auch über Dritte: Studierende „Kinder, Nichten und Neffen“ sollen als Semesterjob den Antragsberg abtragen helfen. Not macht erfinderisch; und so macht vor allem das Ressort für Kinder und Bildung durch unkonventionelle Ansätze von sich reden. Studenten unterrichten, pensionierte Lehrer werden reaktiviert, Familienmitglieder angeheuert.
Wenn man sich dieser Idee konsequent hingibt, sind noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft: Bürgerschaftsabgeordnete und Beiräte könnten rekrutiert werden oder Schulklassen. Nein, halt, leider können ja nicht mal alle Schüler Bremens . . . aber das ist ein anderes Thema.
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