
Die eine lädt zu einem Programmier-Marathon ein, die andere leitet ihre Studierenden dabei an, zwei Ausstellungen in Eigenregie auf die Beine zu stellen. Beide lehren an der Uni Bremen und setzen darauf, dass Studierende ihre Fähigkeiten praktisch ausprobieren können und dabei Neues lernen. Die Informatikerin Anna Förster und die Künstlerin Sarah Lüdemann bekommen an diesem Mittwoch den Berninghausen-Preis für gute Lehre.
Anna Förster stellte irgendwann fest, dass ihr eher klassisches Setting für die Wissensvermittlung nicht richtig ankam bei ihrer Zielgruppe: Sie hielt Vorlesungen – unterbrochen von kleinen Wissenstests und Übungen – für angehende Elektrotechniker. So wollte sie ihre Studierenden in die Kunst des Programmierens einführen. Doch das Publikum ihrer Lehrveranstaltungen dünnte rasch aus: „Es war quasi Frontalunterricht, und zwei Stunden Berieselung waren gerade bei diesem Thema ein Problem“, schildert die 40-jährige Informatikerin. „Nach ein paar Wochen kamen immer weniger Studierende in meine Vorlesung, weil sie nicht den Sinn darin sahen – und ich ehrlich gesagt auch nicht.“
Also dachte sich Anna Förster etwas anderes aus und erarbeitete gemeinsam mit ihren Mitarbeitern im Fachbereich ein neues Format. Die Vorlesung wurde abgeschafft. Stattdessen drehte Förster zusammen mit studentischen Hilfskräften viele kleine Youtube-Videos. In jedem Video erklärte sie ihren Studierenden einen Arbeitsschritt beim Programmieren. Damit zerlegte sie das, was sie sonst als geballte Ladung Wissen frontal vortrug, in Dutzende fünf- bis sechsminütige Erklär-Sessions. 160 Kurzvideos entstanden im Laufe eines Jahres. Anstatt sich an der Uni zwei Stunden berieseln zu lassen, sollen sich ihre Studierenden nun zu Hause sechs bis acht Videos ansehen und nach jedem das Erklärte sofort selbst ausprobieren.
„Wenn man eine Programmiersprache lernen will, ist das Format Vorlesung meiner Ansicht nach nicht gut geeignet“, sagt Förster. „Denn man lernt eine Programmiersprache ähnlich wie eine natürliche Sprache – und beim Sprachen lernen ist es ja auch schwierig, wenn man zwei Stunden lang nur zuhört ohne selbst zu sprechen.“ Lernen Försters Studierende jetzt nur noch zu Hause allein vor dem Rechner? Keineswegs: Alle zwei Wochen lädt die Informatik-Professorin zu einem sogenannten „Hackathon“ ein, zu einer vierstündigen gemeinsamen Programmierübung. 50 bis 60 Studierenden kommen dabei in einem großen Raum zusammen und teilen sich in Dreier-Teams auf. Jedes Team soll ein kleines Spiel erarbeiten. Ein kleines Elektro-Bauset soll so programmiert werden, mit dem man die Reaktionsgeschwindigkeit eines Spielers messen kann. Förster und ein bis zwei weitere Dozenten begleiten dabei die Teams und geben Tipps.
Lernen durch Ausprobieren, und die Lehrenden als Tippgeber statt als Vortragende: Dieses System kam gut an, sagt Förster: „Der Schwund blieb aus, viele sagen, dass das Lernen so mehr Spaß macht – es geht weniger ums Prüfen als darum, gemeinsam die Aufgabe zu schaffen, das ist motivierend.“ Auch der Professorin selbst macht das neue Format mehr Spaß: „Man steht nicht vor einem halbleeren Saal und erzählt, sondern geht von Tisch zu Tisch und kann sich mit Studierenden unterhalten“, sagt Förster.
Spaß gemacht hat es offenbar auch Sarah Lüdemann: Sie zettelte im Fach Kunst- und Medienwissenschaften zwei Ausstellungen an, die ihre Studierenden komplett selbst organisierten. „Ich dachte, ich mache das, was ich gut kann, und das sind Ausstellungen“, sagt die 38-Jährige. Sie lehrt nicht nur an der Uni, sondern ist selbst freischaffende Künstlerin und hat ein Atelier im Künstlerhaus am Deich.
Das Thema der Ausstellung, die die Studierenden auf die Beine stellen sollten, gab Lüdemann vor: „Das Andere“. Dazu entwickelten die Studierenden zwei grundverschiedene Ideen: Eine Gruppe organisierte eine Ausstellung in einem klassischen weißen Raum, im Antiquariat Seitenblick. Die zweite Gruppe plante eine Ausstellung in einem sogenannten Off-Space: Über einen Tipp der Zwischenzeitzentrale kamen sie darauf, Kunst in einem ehemaligen Schwesternwohnheim auf dem Klinikgelände am Hulsberg auszustellen. Die einen zeigten Werke bereits etablierter Künstler, die anderen riefen junge Künstler und Studierende dazu auf, sich mit ihren Werken zu bewerben. Um beide Ausstellungsorte miteinander zu verbinden, organisierten die Studierenden einen künstlerischen Spaziergang mit Besuchern von einem Ort zum anderen.
Sarah Lüdemann gab den Rahmen vor und stellte Kontakte zu Bremer Kultureinrichtungen her. Alles andere kam von den Studierenden selbst: Eröffnung, Führungen, Vermittlung. „Die Studierenden fanden es gut, dass sie praxisnah selbst tätig werden und sich ausprobieren konnten“, sagt Lüdemann. Für sie war das Format eine gute Erfahrung. Sie will im kommenden Semester wieder ein Ausstellungsprojekt mit Studierenden angehen.
Seit 1991 verleihen die Uni Bremen und die Unifreunde jedes Jahr einen Preis für innovative Lehre. Der Preis ist von der Familie Berninghausen gestiftet und mit 6000 Euro dotiert. Die Preise werden an diesem Mittwoch um 18 Uhr im Haus Schütting verliehen.
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