
Keine Wissenschaftsshow ohne flüssigen Stockstoff: Das auf minus 196 Grad abgekühlte und dadurch flüssig gewordene Gas sorgt immer für spektakuläre Effekte. Mit hineingetauchten, schockgefrosteten Tomaten lassen sich zum Beispiel Nägel ins Holz schlagen. Blumensträuße und Rosen kann man danach effektvoll zersplittern, als ob sie aus feinem Porzellan bestünden.
Was Professor Justus Notholt und Dr. Stephan Leupold auf der großen Bühne des Open-Campus-Tages der Universität Bremen lustvoll inszenieren, wird am Infostand der Fachbereichs Biologie und Chemie nochmal ganz praktisch angewendet: Aus Sahne und Kakao wird durch Zugabe des flüssigen Stickstoffs Schokoladeneis für die Besucher zusammengerührt.
Der Infostand ist tatsächlich ein Pagodenzelt. Rund 40 weitere davon reihten sich am Sonnabend entlang der Bibliotheksstraße am Universitätscampus auf. In jedem davon lockte ein Fachbereich, ein Institut, ein Forschungszentrum oder eine andere Einrichtung der Universität die Besucher mit zum Teil außergewöhnlichen Exponaten an. Und überall gab es reichlich Information zur jeweiligen Arbeit. Als „Tag der offenen Tür im XXL-Format“ bezeichnete Uni-Rektor Professor Bernd Scholz-Reiter in seiner offiziellen Eröffnung dementsprechend den Open Campus.
Zum dritten Mal nach 2013 und 2015 präsentierte sich die Universität dabei mit einem vielfältigen Programm, das Studieninteressierten, Studenten und Universitätsangehörigen, aber auch jedem Bremer Bürger die Gelegenheit bot, einmal hinter die Kulissen des Universitätsbetriebes zu schauen und Forschung aus erster Hand vermittelt zu bekommen. Die Präsentationen und Aktionen in den Infozelten waren dabei nur ein Teil. Hinzu kamen rund 60 Führungen und Workshops, in denen die Besucher in 45 bis 60 Minuten das Innenleben der Bibliothek oder die Arbeit der Mensa in Augenschein nehmen konnten.
Aber auch ein Sprachschnupperkurs Polnisch war im Angebot, ebenso wie der Besuch zahlreicher Labore und Experimente, die normalerweise für Außenstehende nicht zugänglich sind, wie etwa die Integrationshalle des DLR, in der Satelliten zusammengebaut werden. Knapp 40 Vorträge und ein eigener Kindercampus mit Workshops für Besucher von sechs bis 16 Jahren rundeten das inhaltliche Programm ab.
Mit 20.000 Studierenden ist die Uni eine mittlere Kleinstadt
Am Abend verwandelte sich der Campus mit einem Auftritt des Hamburger Rappers Samy Deluxe dann in eine Partyzone. Wie in den Vorjahren nutzten geschätzt um die 15.000 Besucher im Laufe des Tages das umfangreiche Angebot.
Für Rektor Scholz-Reiter gehört das Feiern und die Arbeit ganz selbstverständlich zusammen, bezeichnet er seine Universität doch als „mittlere Kleinstadt“ mit rund 20.000 Studierenden und etwa 3500 Angestellten, für die der Open Campus auch so eine Art Sommerfest ist. „Welten öffnen – Wissen teilen“ beschrieb er das Motto des Tages, der mit seinen zahlreichen Angeboten auch den täglichen Betrieb der Universität in seiner Breite und Tiefe widerspiegeln soll. Kein einfaches Unterfangen bei jährlich rund 5000 Lehrveranstaltungen in etwa 100 Studiengängen.
Das bemerkte auch Stephan Ottens recht schnell. Der 50-jährige Einzelhandelskaufmann aus Nordenham war das erste Mal an der Uni Bremen und zeigte sich schon von der schieren Größe des Geländes beeindruckt. „Ich habe noch gar nicht so viel gesehen, aber es hat ja schon gedauert, durch das ganze Areal bis zur Veranstaltung zu fahren“, sagte er. Grund seines Besuches war sein Sohn Yannik, der vor rund einem Jahr sein Informatikstudium in Bremen begonnen hat.
Für Vater und Sohn war der Open Campus daher eine gute Gelegenheit, einmal gemeinsam die Universität zu erkunden. „Man sieht ja im Alltag auch nur den eigenen Fachbereich“, meinte der 21-jährige Junior. Er ist vor allem auf die Raumfahrtabteilungen neugierig.
In eine ganz andere Richtung wollte im wörtlichen Sinne der elfjährige Julian abtauchen. Er war im Pagodenzelt des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) hängengeblieben. Hier konnte man unter anderem mit Datenbrille ein virtuelles Korallenriff erkunden.
Noch spannender fand der Junge allerdings die realen Tauchausrüstungen, denn das Institut ist eines von nur acht anerkannten Ausbildungszentren für Forschungstaucher in Deutschland. So eine Ausbildung brauchen nicht nur Korallenriff- Experten wie Dr. Sebastian Ferse, der als Tauch-Ausbilder Julian geduldig alle Fragen beantwortete, sondern zum Beispiel auch Unterwasserarchäologen.
„Wir wollen mit unserer Präsenz auf dem Open Campus zum einen die Öffentlichkeit für unsere Themen interessieren, aber natürlich auch Nachwuchs gewinnen“, fasste Ferse die Gründe für die Teilnahme des ZMT am Open Campus zusammen. Damit dürfte er die Intention aller Institute und Fachbereiche ausgesprochen haben.
Professor Claus Lämmerzahl, einer der wissenschaftlichen Direktoren am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen, zeigte als Chef des weithin sichtbaren Fallturms der Universität aus diesem Grund ebenfalls Präsenz beim Open Campus und war am Stand seines Instituts ansprechbar. „Wir müssen uns frühzeitig um Nachwuchs bemühen und Hemmschwellen abbauen, auch mit so einem Tag. Physik ist kein Hexenwerk“ meinte er.
Bei der Wissenschaftsshow mit dem hübschen Effektfeuerwerk konnte man zwar fast einen anderen Eindruck bekommen, aber anders als der Magier im Zirkus, erklärten die Wissenschaftler jeden ihrer Tricks. „Wir wollen ja, dass die Leute verstehen, was wir machen“, sagt Lämmerzahl.
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