
Unter der Überschrift „So viel Markt wie möglich, so wenig Staat wie nötig“ hat der Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsrats, Jörg Müller, an dieser Stelle in der vergangenen Woche eine radikale Privatisierung der öffentlichen Unternehmen im Land Bremen gefordert. Vom Flughafen bis zu den kommunalen Krankenhäusern soll alles, was nicht zum eigentlichen hoheitlichen Kerngeschäft gehört, privatisiert werden.
Allerdings argumentiert Müller vielfach an der Wirklichkeit vorbei. Wenn er die angebliche Ineffizienz „staatlicher Betriebe“ damit belegen will, dass künftig „Bio-Müll nach Osnabrück kutschiert wird, um dort entsorgt zu werden“, dann übersieht er, dass dies die Entscheidung der privaten Firma Remondis ist, die nach europaweiter Ausschreibung mit der Entsorgung beauftragt wurde.
Wenn er dem Senat vorwirft, dass „Gelbe Säcke in Bremen weit und breit nicht auffindbar sind“, dann weiß er offenbar nicht, dass für den Gelben Sack die private Firma RMG Rohstoffmanagement, ausgewählt von der ebenfalls privaten Firma Bellandvision, zuständig ist.
Und wenn er behauptet, dass jeder Bürger derzeit täglich erleben könne, dass die beschlossene Rekommunalisierung der Bremer Müllabfuhr „weder zu einer Preissenkung noch zu einer Verbesserung der Serviceleistungen“ geführt habe, dann muss ihm entgangen sein, dass der neue Betrieb erst zum 1. Juli seine praktische Arbeit aufnimmt, auch künftig übrigens unter unternehmerischer Führung der privaten Firma Nehlsen.
Problematischer als solche Fehler im Detail ist allerdings, dass Müller jedes Verständnis für die Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zu fehlen scheint. Auch in einer Marktwirtschaft gibt es viele Güter, die nicht zu Waren gemacht werden dürfen, Güter, die nicht wie Zahnbürsten, Handys oder Cheeseburger gehandelt werden können oder sollten. Dazu gehören bezahlbarer Wohnraum für alle und eine gute Gesundheitsversorgung.
Richtig ist: Nicht alle Menschen sind gleichermaßen darauf angewiesen, dass es eine starke kommunale Wohnungsgesellschaft wie die Gewoba gibt. Richtig ist aber auch, dass es unserer Gesellschaft gut tut, wenn nicht nur der Markt regiert, denn der ist auf dem sozialen Auge blind. Öffentliche Unternehmen bilden ein notwendiges Gegengewicht zum privaten Gewinnstreben. Dafür werden sie auch in Zukunft gebraucht.
Zur Wahrheit gehört leider auch: Bremen hat in der Vergangenheit schon viel zu viel privatisiert. Damit sich das nicht wiederholt, hat die Bürgerschaft eine Privatisierungsbremse in die Landesverfassung geschrieben, die hohe Hürden für die Privatisierung öffentlicher Unternehmen errichtet. Eine gute Entscheidung: Die meisten Menschen können sich einen schwachen Staat nicht leisten.
Zur Person
Unser Gastautor Andreas Bovenschulte ist Bürgermeister der Gemeinde Weyhe und Vorsitzender des Kommunalverbunds Niedersachsen/Bremen.
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