
Seit dem Wochenende hat Alfred Ries nun einen festen Platz direkt am Weserstadion. Eine bislang lediglich als „Grüne Promenade“ bezeichnete Rasenfläche trägt jetzt den Namen des ehemaligen, langjährigen Präsidenten von Werder Bremen. Und so wie „dieser Platz noch ein wenig entdeckt werden will“, wie es der stellvertretende Sprecher Daniel de Olano (SPD) des Beirats Östliche Vorstadt bei der feierlichen Einweihung formulierte, muss auch Ries zuvor wiederentdeckt werden.
Denn der Sportfunktionär und seine bewegte Biografie waren seit seinem Tod im August 1967 ein wenig in Vergessenheit geraten. In der Untersuchung von Harald Klingebiel über „Jüdische Sportler bei Werder Bremen“ von 2006 war Alfred Ries eine von sieben untersuchten Werder-Persönlichkeiten. Zu seinem 50. Todestag nahm sich das Fanprojekt des Sportvereins der Geschichte des jüdischen Vereinsvorsitzenden an, der zwischen 1923 und 1967 in drei Amtsperioden insgesamt fast 20 Jahre an der Spitze von Werder Bremen stand. Eine Gruppe engagierter Fans reiste sogar nach Berlin ins Archiv des Auswärtigen Amtes und interviewte Ries‘ 96-jährige Witwe Hilde in Wiesbaden, um den Lebensweg von Alfred Ries nachzuzeichnen. Herausgekommen ist eine 30-seitige Broschüre, die einen umfassenden Überblick über sein Wirken gibt. Folgerichtig war die offizielle Einweihung des Alfred-Ries-Platzes ein Programmpunkt beim „Tach der Fans“.
Zahlreiche Prominenz aus Sport und Politik hatte sich an der Westseite des Weserstadion versammelt. Neben den offiziellen Rednern Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) und dem aktuellen Werder-Präsidenten Hubertus Hess-Grunewald, waren auch Werder-Aufsichtsratschef Marco Bode und der ehemalige Vereinsmanager und Ex-Bildungssenator Willi Lemke (SPD) dabei. Und nicht zuletzt war Thomas Hafke vor Ort, der in seiner Funktion als hauptamtlicher Sozialarbeiter beim Fanprojekt Bremen die Aufarbeitung der Geschichte wesentlich vorangetrieben hatte. Sein Aufruf in der Fanszene brachte neun Werder-Anhänger zusammen, die das Leben von Alfred Ries rekonstruierten: Susanne Rygol, Nick Heilenkötter, Fabian Ettrich, Steffen Schumann, Thorsten Brunkhorst, Stefan Heitbreder, Stellan Teply sowie Dirk und Vera Harms. Hafke organisierte die Zusammenarbeit. Hess-Grünewald dankte ihm ausdrücklich für diese Arbeit, als er an seinen jüdischen Amtsvorgänger erinnerte, der an zahlreichen zentralen Weichenstellungen und Erfolgen der Vereinsgeschichte beteiligt war.
Mit 25 Jahren wurde Ries 1923 erstmals Präsident des schon damals größten Sportvereins der Stadt und blieb es bis 1933. „In dieser ersten Amtszeit entstand 1926 mit der ABTS-Kampfbahn der Vorläufer des Weserstadions“, sagte Hess-Grunewald. Zweites wichtiges Datum der Vereinsgeschichte: 1930 siedelte der Verein vom Buntentorsteinweg in Huckelriede nach Peterswerder um, wo er heute noch seinen Sitz hat, ebenfalls eingeleitet von Alfred Ries. „Und da wollen wir auch weiterhin residieren“, betont Hess-Grunewald, der Ries‘ Engagement für Vielfalt und Toleranz hervorhob. Nach Hitlers Machtübernahme wurde es für Ries wegen seines jüdischen Glaubens gefährlich in Deutschland. 1933 verließ er Bremen in Richtung Jugoslawien. Auch dort wurde er gesucht, musste sich vor der SS verstecken. Ries‘ Eltern Eduard und Rosa, die in Bremen geblieben waren, wurden 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert. Dort starben beide. Nach dem Ende der Herrschaft der Nationalsozialisten kehrte Ries nach Deutschland zurück und wurde bereits ab 1946 bis zunächst 1951 wieder zum Präsidenten des Fußballvereins Werder Bremen gewählt. Ab 1963 bis zu seinem Tod 1967 schloss sich eine dritte Präsidentschaft an, in die 1965 auch der erste Gewinn einer Deutschen Meisterschaft in der damals neu geschaffenen 1. Bundesliga fiel.
Damit war Ries als Sportfunktionär auch nach dem Krieg an wichtigen Entscheidungen beteiligt, zumal er bereits ab 1950 das Amt des Presse- und Werbereferenten im Vorstand des Deutschen Fußball-Bund (DFB) übernahm –heute würde man Pressesprecher sagen. Er ist bei der Gründung des Deutschen Sportbundes dabei, dem Vorläufer des Deutschen Olympischen Sportbundes und ab 1952 dort Vorstandsmitglied. Nebenbei engagiert sich der Rückkehrer in der jüdischen Gemeinde, als Aufsichtsratsvorsitzender der Bremer Sport-Toto-Gesellschaft und im Rundfunkrat Bremen. Und er zählt zu den ersten Mitgliedern des neu gegründeten Rotary Clubs Bremen, dem er bereits vor 1933 angehörte. Beruflich war er zu dieser Zeit als Oberregierungsrat tätig und leitete den Aufbau des Bremer Außenhandelskontors für den Senat. Auch damit knüpft er an seine Erfahrungen vor der Nazi-Herrschaft an, als er Handelsbevollmächtigter und Werbeleiter von Kaffee HAG war. Schließlich wechselt er vom Bremer Rathaus in den diplomatischen Dienst und übernimmt die Wirtschaftsabteilung an der Deutschen Botschaft in Belgrad. Dort macht er über die Station Kalkutta schließlich Karriere als Botschafter und vertritt die Bundesrepublik Deutschland ab 1959 bis zu seinem Ruhestand 1963 in Liberias Hauptstadt Monrovia. Bilder aus dieser Zeit zeigen Ries mit den Bundespräsidenten Theodor Heuss, Heinrich Lübke und dem noch jungen Willy Brandt, seinerzeit noch Regierender Bürgermeister von Berlin.
Seine sportpolitischen Ämter hat er in diesen Jahren aufgegeben. Erst als Pensionär wird er mit seiner dritten Werder-Präsidentschaft wieder in dieser Richtung aktiv. Und das beschert ihm mit dem erstmaligen Gewinn der Deutschen Meisterschaft in der Saison 1964/1965 den wohl größten sportlichen Erfolg in seiner Funktionärslaufbahn. Sein Versuch, im Herbst des gleichen Jahres für die FDP in den Bundestag einzuziehen, scheitert, auch wenn er auf dem ersten Listenplatz der Bremer Freidemokraten kandidiert. Nach einer Operation verstirbt Ries schließlich mit 70 Jahren am 25. August 1967 in Bremen. Er wird auf dem jüdischen Friedhof in Bremen-Hastedt beerdigt. Dort liegt seine unscheinbare Grabstätte bis heute.
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